Massivholz, Sperrholz, Streichhölzer und stabilisierender Karton sind die Materialien, aus denen Gerold Platz seine Modellträume verwirklicht. Seine Bastelwerkstatt hat der 59-jährige Kirrweilerer im Keller des Wohnhauses. Die Vitrinen füllen fertiggestellte Miniaturanlagen, so der Petersdom in Rom, der Speyerer Dom oder das Hambacher Schloss.
Gernot Platz aus Kirrweiler baut Kirchen und Burgen aus Naturmaterialien, malt und schreibt
Derzeit nimmt eine Kirchenanlage fast die gesamte Länge des Werktisches ein. Noch nicht ganz fertig, aber bereits deutlich zu identifizieren: das Modell der St. Paul’s Cathedral in London. Der Kreuzbau im klassizistischen Barock mit seiner majestätischen Kuppel wurde im Original von Sir Christopher Wren erbaut und gilt als Wunderwerk der Ingenieurbaukunst. 35 Jahre dauerte es bis zur Fertigstellung der Bischofskirche 1710.
Ganz so lange möchte Platz an seinem Modell nicht arbeiten, aber immerhin ist er schon seit zehn Jahren daran, investierte seine Freizeit nach der Arbeit. „Es gibt so viele Details und filigrane Teile, das braucht seine Zeit“, erklärt Platz. Insbesondere die Feinarbeit erfordere eine ruhige Hand und viel Konzentration. Und auch der Kopf muss frei sein für kreative Mußestunden.
„Die Basis für alles ist der Grundriss. Den übertrage ich dann in den entsprechenden Maßstab, bei St. Paul’s ist das 1:300“, so Platz. Als Vorlagen dienen Fachbücher und Reiseführer, Bilddarstellungen geben weitere Inspirationen. „Man muss vorab genau planen, die geeigneten Materialien aussuchen. Dann beginnt die Aufbauarbeit von außen nach innen und von unten nach oben“, erklärt er sein Prinzip. Unzählige Stunden stecken schon im Zuschneiden der Hölzer. Das Besondere am Modell ist, dass sowohl die beiden Uhrentürme, die das majestätische Westportal krönen, als auch das Dach abnehmbar sind. So kann man in das Innere der Kirche schauen, die massiven Vierungspfeiler der Kuppel oder das Flüstergewölbe, den ringförmigen Umgang – im Englischen „Whispering Gallery“ genannt – bestaunen. Akribisch gefertigt sind im Außenbereich die Säulen mit Kapitellen, die Strebepfeiler und stützenden Pilaster.
Die Liebe zum Modellbau entdeckte Platz schon sehr früh: „Ich habe schon als Junge zusammen mit meinem Vater gebastelt, das Modell der Maikammerer Kirche steht heute aus Platzgründen auf dem Speicher.“
Sein erstes eigenes Großprojekt war der Petersdom. „Ein Rombesuch 1987 hat mich inspiriert, Bau und Ausstattung des Doms haben mich magisch angezogen.“ Kaum zu Hause, startete er das Vorhaben, besorgte sich zuerst Bücher und Bildbände.
Ein älteres Modell ist auch der Mariendom zu Speyer, allerdings in der Ausführung wesentlich schlichter gestaltet als die anderen Kirchen. „Wenn St. Paul’s fertig ist, möchte ich die Kathedrale von Florenz gestalten. Deren Domkuppel ist das bauliche Vorbild für den Petersdom“, sagt Platz. Ebenso plant er eine Neuauflage des Petersdoms, dieses Mal aber als Zentralbau nach den Plänen von Michelangelo.
Kreativ ist Gerold Platz auch mit Farben, das Malen ist eine weitere Leidenschaft. Zahlreiche Holztafeln mit Tierfiguren zieren den Essraum. Im Wohnzimmer hängt sein großformatiges Gemälde von „Sitting Bull“, Medizinmann und Häuptling der Sioux – weltberühmt vor allem durch sein Wirken bei der „Schlacht am Little Bighorn“ von 1876. Den Indianern gilt sein besonderes Interesse, auch wenn er – wie Karl May – nie in den Staaten war. Verwandte besorgten ihm Basisliteratur zum Freiheitskampf der Indianer gegen die weißen Invasoren. Zu den Klassikern zählen „A Sioux-Chronicle: Red Cloud Folk“ von George Hyde, „The Lance and the Sield“ von Robert Utley und „Sitting Bull, Champion of the Sioux“. Auf deren Basis erstellte er eine umfassende Abhandlung über „300 Jahre Dacota (1600-1890)“
„Ich habe alles ins Deutsche übersetzt, vieles davon als Zitate übernommen, anderes umgeschrieben oder zusammengefasst“, erklärt er. Seine passionierte historische Arbeit zum „Leben, Kampf und Untergang einer großen, indianischen Nation“ füllt 20 stattliche Buchbände. Als private Investition im Eigenverlag gedruckt und gebunden, sind sie allerdings (noch) nicht im Handel erhältlich. anzi