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Neustadter Herbst

„Spektakulumin der Nacht“

Führungen durch die Altstadt mit Sachwissen, Schauspieltalent und viel Humor

„Spektakulumin der Nacht“

„Hört Ihr Leut und lasst euch sagen“: Kurzweil ist bei Führungen mit Nachtwächter Bernd Wolf garantiert. FOTO: ANDREA ZIMMERMANN

Stadtführungen findet man in jeder City. In Neustadt setzt man auf Originalität und Flair mit nostalgischen und deftigen Noten. Bereits seit Jahren bietet Bernd Wolf im historischen Gewand des Nachtwächters Führungen an. Unterhaltung und Kurzweil ist garantiert, wenn er zur unvergesslichen Reise in die Vergangenheit einlädt.

Führungen durch die Altstadt mit Sachwissen, Schauspieltalent und viel Humor

„Wollt ihr teilhaben am Spektakel in der Nacht?“, ruft Bernd Wolf der Schar um den Marktplatzbrunnen zu. Ehe die Reise in die Vergangenheit startet, sind einige Rollen zu verteilen. „Ihr seht aus, als könntet Ihr eine Hellebarde tragen.Manuel, unser Hellebardist!“ Laut wird applaudiert. Teilnehmerin Simone wird zur Geißlerin gekürt, erhält einen Stab mit Schnüren. Sie muss voranschreiten und immer wieder „mea culpa“ rufen.

Cordula aus dem Saarland trägt die Laterne, und Ingo ist der Mundschenk. „Wen es dürstet, der kniet nieder, aber versündigt euch nicht am Tranke“, mahnt Nachtwächter Wolf. „Ah, Regina, Ihr seid der Narr. Schlaget den Schellenbaum und ruft ,Halt die Klappe‘. Wenn Ihr es nicht an jeder Station einmal tut, so werdet ihr am Pranger landen!“ Troubadour Sandra mit dem Glockenspiel komplettiert die Runde der Akteure.

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Bernd Wolf bindet als Nachtwächter das Publikum in sein Spiel mit ein. FOTO: ANDREA ZIMMERMANN
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Schon das Verteilen der Requisiten vom Schellenstab bis zur Hellebarde ist überaus unterhaltsam. FOTO: ANDREA ZIMMERMANN

Neustadts Geschichte wird nicht als trockenes Thema präsentiert, vielmehr erleben die Gruppen eine muntere, witzige Zeitreise. Es geht nicht nur um Zahlen, sondern ebenso um die Leute, die hier gelebt haben.

Das Publikum wird einbezogen, ebenso begrüßt man Passanten mit La-Ola-Wellen, lautem Geklapper, Schellenklirren und Ausrufen. Eineinhalb Stunden ist die Truppe auf Trab, zieht vom Marktplatz zum Steinhäuser Hof, in den Innenhof des Schwarzen Löwen, zur Metzgergasse, in die Kunigundenstraße und an viele Orte mehr. Bernd Wolf hat kein starres Programm, sondern ein nahezu unerschöpfliches Repertoire. „Ich gestalte die Führungen jedes Mal anders, ganz spontan, sonst wäre es für mich langweilig.“

Zum ersten Mal war er vor 20 Jahren auf Tour, damals hatte der Krankengymnast am Uniklinikum Mannheim, der im Zivilberuf auch Diakon in der Pfarrei Heilige Theresia von Avila ist, Erziehungsurlaub. „Ich schlug der Tourist-Info eine Führung ,Neustadt bei Nacht‘ vor. Das kam dann so gut an, dass ich weitermachen durfte“, erinnert er sich. Bei der TKS absolvierte er eine Ausbildung mit Prüfung zum Stadtführer, spezialisierte sich auf die Nachtwächterei.

„Wenn ich den Nachtwächter spiele, bin ich ein anderer Mensch, ich schlüpfe ganz in meine Rolle. Dazu gehört natürlich das Kostüm, mit jedem Detail ist etwas Eigenes verbunden. Ich liebe diese Figur, sonst würde ich es nicht so lange schon machen.“

Wolfs Texte sind Eigenwerk, dabei versteht er es meisterhaft, zu improvisieren: „Frei zu sprechen zählt zu meinen Stärken, so kann ich die Interaktion zwischen dem Publikum und mir optimal gestalten. Die Leute wollen sich amüsieren, das bekommen sie bei mir.“ Sicherlich trägt auch die alte Sprache zum Amüsement der „Recken und Jungfern“ bei. Gerne lenkt Wolf den Blick auch auf Kleinigkeiten, wie beispielsweise die Kerben an altem Fachwerk, verknüpft mit der Redensart „etwas auf dem Kerbholz haben“. Die Folgen des Dreißigjährigen Krieges erläutert er beispielhaft an der Simultankirche, dem katholischen und protestantischen Teil der Stiftskirche. Durch das ganze Programm zieht sich die Interaktion: „Die Leute haben ein Bedürfnis, alles in Gemeinschaft zu erleben, darin eine Rolle zu spielen und zusammen zu lachen“, lautet Wolfs Erfolgsrezept.

Weitere Nachtwächterführungen: jeweils freitags um 18 Uhr am 1., 15. und 29. Oktober, 26. November und 10. Dezember, Treffpunkt am Marktplatzbrunnen (im Dezember am Paradiesbrunnen). Anmeldung bei der Touristinformation Neustadt. anzi