Das Meisterstück des 1. FC Kaiserslautern 1991 – eine faustdicke Überraschung. Aus dem Fast-Absteiger hatte Trainer Karl-Heinz Feldkamp eine Meistermannschaft geformt. Mit 48:20 Punkten und 72:45 Toren wurde der FCK mit drei Punkten Vorsprung Meister vor Bayern München. Stefan Effenberg hatte versucht, mit Sticheleien Unruhe zu stiften. Die Lauterer blieben ruhig und holten die Schale. Dann erst konterte Kapitän Stefan Kuntz: „Lieber Betzenberg als Effenberg ...“
1990 fast abgestiegen, ein Jahr später deutscher Meister – wie geht das? Kalli Feldkamp erklärte das Meisterstück in einem Interview mit dieser Zeitung so: „Es wurde möglich, weil die Qualität der Spieler da war. Ich musste einfach sehen, wer ist belastbar? Da war auch das Torwartproblem: Michael Serr und Ehrmann. Ich habe Gerry Ehrmann wieder reingenommen. Links fehlte Frank Lelle verletzt. Wir haben ein Trainingsspiel gegen die Amateure gemacht – da hat sich Markus Kranz angeboten, der im Meisterjahr eine überragende Entwicklung genommen hat. Durch die Siegesserie, dazu den Pokalsieg, gingen wir 1990 mit Selbstvertrauen in die neue Saison. Die Mannschaft hatte auch intern an Qualität gewonnen, rechts mit Uwe Scherr und Markus Schupp, links mit Markus Kranz und Guido Hoffmann. Die größte Leistung von Reiner Geye war, dass er mich überredet hat, Miroslav Kadlec zu holen.“
Der FCK funktionierte auch dank seiner Abwehrriesen Reinhard Stumpf, Kay Friedmann und dem taktisch variablen Ex-Stürmer Tom Dooley. Starke Flügel sorgten für reichlich Futter für die Doppelspitze Kuntz/Labbadia. Dazu kam Demir Hotic, der mit Temperament Fußball spielte, wichtige Tore schoss. Als das Verletzungspech die Lauterer beutelte, Kadlec und Stumpf ausfielen, überraschte Torjäger Kuntz seinen Trainer mit der Idee, Libero zu spielen. Mit Kapitän Kuntz als Kadlec-Vertreter wurde der VfL Bochum 4:1 geschlagen.
Der FCK war auf Meisterkurs, am 33. Spieltag hätte der FCK deutscher Meister werden können. Borussia Mönchengladbach aber gab den Party-Crasher, gewann 3:2 auf dem Betze. „Wir waren am Boden“, sagte Kalli Feldkamp in Erinnerung an die geplatzte Party. Die Stadt, in Rot und Weiß herausgeputzt, musste abschminken.
Mit zwei Punkten Vorsprung vor Bayern München ging der FCK in den letzten Spieltag. Die letzte Ausfahrt – Köln. Bayern traf auf Absteiger Bayer Uerdingen. Unfassbares geschah: Bayern spielte nur 2:2, Lautern gewann nicht nur, die Lauterer triumphierten mit einem 6:2 beim 1. FC Köln.
Kalli Feldkamp hatte mit seiner Aufstellung überrascht, verzichtete an jenem 15. Juni 1991 auf zwei bewährte Stammspieler: Bruno Labbadia, lange ein kongenialer Sturmpartner von Stefan Kuntz, musste für Bernhard Winkler weichen, Demir Hotic wurde durch den 19 Jahre jungen Marco Haber ersetzt. Winkler traf zweimal, Haber traf zweimal. Glück? Bauchgefühl?
„Man sagt ja oft – Bauchgefühl. Aber es gab ja eine Woche vorher das Spiel gegen Gladbach. Und bei Bruno Labbadia lief es nicht mehr so gut, seit bekannt war, dass er zu Bayern München wechseln wird. Demir war ein guter, ein unberechenbarer Spieler, unheimlich explosiv. Aber seine Nervosität war im Training spürbar. In den letzten Trainingseinheiten habe ich ja aber auch gesehen, dass Bernhard Winkler und Marco Haber sehr gut drauf waren. Winkler war ein sehr guter Strafraumspieler, unberechenbar für die Kölner. Die Mannschaft, in der sie standen, hat jedes Trainingsspiel gewonnen. Es waren viele kleine Beobachtungen beim Training, die meine Entscheidung reifen ließen“, erklärt Kalli Feldkamp, der geniale Meistermacher. HORST KONZOK
MEISTERKADER 90/91
- Tor: Gerald Ehrmann (33 Einsätze), Michael Serr (2) - Abwehr: Kay Friedmann (13 Einsätze), Miroslav Kadlec (28 Einsätze/2 Tore), Roger Lutz (5/1), Axel Roos (9), Joachim Stadler (13/1), Reinhard Stumpf (21/1) - Mittelfeld: Thomas Dooley (23/4), Rainer Ernst (18/2), Bjarne Goldbaek (22/4), Marco Haber (28/5), Guido Hoffmann (29/7), Kai Krämer (1), Markus Kranz (23/2), Frank Lelle (13/3), Thomas Richter (13), Uwe Scherr (31/2), Markus Schupp (24/3) Angriff: Demir Hotic (29/9), Stefan Kuntz (27/11), Bruno Labbadia (22/9), Bernhard Winkler (10/4), Robert Zimmermann (1).