„Déjà-vu“ für die Neustadter Schauspielgruppe? Hoffentlich nicht. Im vergangenen Jahr wurde das Sommerstück, „Nathan der Weise“ Opfer des Lockdowns. Nicht noch ein Sommer ohne Open-Air-Theater, lautet die Devise. Auch wenn es derzeit ungewiss ist, ob die „Schule der Männer“ von Molière im Juli auf der Bühne der Villa Böhm tatsächlich aufgeführt werden kann. Für den schlimmsten Fall hat Regisseur Christian Reif einen „Plan B“ bereit.
Neustadter Schauspielgruppe plant Molìeres „Schule der Männer“ im Park der Villa Böhm
„Wir haben Molières Schauspiel gewählt, weil es von der Besetzung her klein ist und von der Sprache lebt, die auch viel Komik mit sich bringt“, erklärt Reif. „Mit acht Darstellern ist die Truppe überschaubar, wir benötigen keine großen Bühnenaufbauten und sind dadurch flexibler“, sagt er. Im Notfall könne man das Stück als szenische Lesung auf der Bühne präsentieren oder einen „Livestream“ aus den Onlineproben zusammenstellen. Derzeit probt das Ensemble per Videokonferenz. „Das klappt ganz gut, wir üben so lange online, wie es sinnvoll geht“, so Reif. Als Lehrer an der gymnasialen Oberstufe der Berufsbildenden Schule Neustadt ist er in Sachen Online-Interaktion überaus erfahren. „Irgendwann ist aber der Punkt erreicht, da dies nicht mehr ausreicht. Sobald alle Dialoge sitzen, müssen wir auf der Bühne proben, damit die Akteure szenisch miteinander agieren können.“ So hofft er, dass man in den ersten Maiwochen gemeinsam auf die Bühne kann. „Das wäre der Idealfall. Wenn es nicht klappt, reicht die Zeit nicht mehr, um die Inhalte auf der Bühne umzusetzen. Dann bleiben nur die Alternativen Bühnenlesung und – beziehungsweise oder – der Zusammenschnitt aus den Videoproben.“
Kurzweilig wird die „Schule der Männer“ in jedem Fall, Reif wählte die relativ moderne Übersetzung der Brandenburger Autorin Katharina Schlender. „Sie enthält sehr viel Sprachwitz, die bisweilen schrägen Endreime regen zum Schmunzeln an“, beschreibt Reif. Zusätzlichen Reiz erhält das Molière-Stück durch Songs des Berliner Komponisten Andreas Dziuk, passend zum Schauspiel geschrieben und 2012 in Potsdam uraufgeführt. „Die Gesangsproben mit Felix Eckel laufen derzeit auch online. Die Texte der Songs sind zeitgemäß und auf die Besetzung optimal zugeschnitten. Da die Lieder ebenso aufgenommen werden, könnten sie in dieser Form auch eine szenische Bühnenlesung bereichern“, erklärt Reif.
Die Premiere des Sommertheaters auf der Freiluftbühne der Villa Böhm ist für den 2. Juli geplant, elf weitere Vorstellungen sollen bis 7. August folgen. Daumen drücken, dass es heißen kann: Bühne frei!
Zum Inhalt: Die Schwestern Leonore und Isabelle werden von ihrem Vater vor dessen Tod einem Brüderpaar anvertraut. Der übellaunige und misstrauische Sganarelle, ein griesgrämiger Sonderling, ist der Vormund der jungen Isabelle. Ihre Schwester Leonore kommt in die Obhut von Ariste, der wesentlich älter als sein Bruder ist, aber als eloquenter Freigeist auftritt. Die unterschiedlichen Charaktere der Brüder – der eine kleingeistig, der andere großzügig – ziehen sich als roter Faden durch die Geschichte, sei es im alltäglichen Umgang mit den Mündeln, sei es bei den sogenannten „Erziehungsversuchen“. Beide wollen die jungen Damen heiraten, „werben“ um sie – jeder mit der ihm eigenen Methode. Dann kommt mit dem jungen Nachbarn Valère ein Konkurrent ins Spiel. Nun beginnt ein mit List und frechem Charme geführter Kampf gegen den Despoten Sganarelle.
Weitere Infos zum Programm gibt es unter www.neustadter-schauspielgruppe.de. anzi
Winterstück in Warteschleife
Das diesjährige Winterstück „Nacht, Mutter“ von Marsha Normann wird zum Frühlings- oder gar Sommertheater mutieren. „Wir hoffen sehr, dass wir das Stück bald aufführen können. Theoretisch könnten wir jederzeit Premiere feiern, die Inszenierung steht“, erklärt Regisseur Matthias Ibelshäuser. Aufführungsort soll, sobald Corona es zulässt, der „Kulturhof 1590“ in Maikammer sein, wo man derzeit auch zu dritt probt.
Ausgewählt hat Ibelshäuser „Nacht, Mutter“, weil ihn die heftige, herzergreifende Geschichte schon seit Jahren fasziniert. Ausgetragen wird ein knallharter Konflikt zwischen der Mutter (Sabine Zurmeyer) und ihrer depressiven Tochter, gespielt von seiner Ehefrau Nadine Ibelshäuser. „Beide sind erfahrene Protagonistinnen. Wir befinden uns in der komfortablen Situation, detaillierte Feinarbeit zu leisten und sogar Pausen zu choreographieren“, so der Regisseur.
„Als Video kann die Geschichte nicht funktionieren, sie würde an Aussage verlieren“, erklärt Ibelshäuser. Geduld ist gefragt, bis sich die Pandemie-Lage bessert. anzi