Elwetritsche heißen sie, und hierzulande kennt sie jedes Kind. Besonders Neustadt an der Weinstraße ist ein Hotspot. Tritschologen kümmern sich um Legenden und die wissenschaftliche Erforschung. Ermittelt wurde, dass das Motiv der Elwetritsche mit Exilanten aus der Pfalz vor drei Jahrhunderten über den großen Teich nach Pennsylvania kam. Abbildungen von ihnen finden sich dort heute noch an Scheunen. Mit Spaßvögeln haben diese Darstellungen in den USA wenig gemein. Ihre Funktion erinnert eher an Wasserspeier mittelalterlicher Kirchen, die als Schutz vor dem Bösen oben angebracht wurden, nach dem Motto: Wenn ein böser Dämon dieses Schreckenswesen sieht, flieht er und der Raumes, sprich die Scheune oder die Kirche, sind geschützt.
Künstler in der Pfalz haben sich den Elwetritsche angenommen, allen voran Barbara und Gernot Rumpf aus Lachen-Speyerdorf. Der 1978 geschaffene Neustadter Elwetritschebrunnen lockt seit Jahrzehnten Besucher an, eine Figurengruppe in der angrenzenden Laustergasse, die 2022 mithilfe von Spenden des Lions Clubs Neustadt Weinstraße und der Bürgerstiftung entstand, stellt die Entwicklungsgeschichte der Fabelwesen dar. Am Marktplatz wacht eine Elwetritsch über die Kommunalpolitik und hat das Amtszimmer des Oberbürgermeisters genau im Blick.
Die Rumpfs nähren mit ihren höchst unterschiedlichen Figuren in Neustadt das Wissen über die Herkunft, das Wesen, die Gattungen sowie die Jagd der Elwetritsche. Man erkennt die stolze Elwetritsche-Königin, viele skurrile Wesen und auch streitlustige Kampf-Tritsche mit ihren scharfen Zähnen, die an die ursprüngliche Abschreck-Funktion der Elwetritsche erinnern. Bei den Rumpf’schen Figuren hat man immer den Eindruck, dass die beobachtenden Menschen zu Beobachteten werden, denn die Stilaugen der Fabelwesen scheinen uns allezeit zu fixieren, selbst unter einer Schneeschicht. Nicht nur in Neustadt gibt es sie, sondern auch in Otterstadt, Friedelsheim, Hayna, Landstuhl und selbst nach Wernigerode haben sich die Fabelwesen durchgeschlagen. Darüber hinaus gibt es allerlei Gummi-, Ton-, Plüsch- oder Comic-Geschöpfe, die von der Ästhetik her aber nicht an die Kunstwerke der Rumpfs heranreichen.
Über die Darstellungen hinaus gibt es bereits lange auch literarische Annäherungen an das pfälzische Fabelwesen. So erwähnt Victor von Scheffel, der regelmäßig bei seinem Verleger Eduard Witter am Neustadter Marktplatz weilte, im Roman Ekkehard einen Elbentrötsch. 1922 erschien der Gedichtband „Die Elwetrittchejagd“ von Eugen Fried, worin auch eine Zeichnung von Max Slevogt zu finden ist. Verbreitet ist die Sage von den Elwetritschen aus den 1980er Jahren, die der Neustadter Buchhändler Wulf Werbelow verfasste. Eine neueste Annäherung ist das gerade bei der Neustadter Edition Neapolis erschienene Buch „Die fantastische Welt der Elwetritsche“, das mit poetischen Texten und spannenden Bildern des fotokünstlers Kai Mehn, die von den Rumpfs geschaffenen Fabelwesen besonders in Szene zu setzen weiß. mlg
LESEZEICHEN
Michael Landgraf, Die fabelhafte Welt der Elwetritsche, Edition Nea-Polis, Neustadt an der Weinstraße 2023. ISBN 978-3-9825306-2-8. Die Autoreneinnahmen des Buches gehen auf das Spendenkonto der Lions Hilfe Neustadt e.V. und werden gemeinnützigen Zwecken zugutekommen.