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Neustadter Herbst

Neustadt: Türme und Malereien

Jeden Freitag Führung durch die Stiftskirche. Jeden Samstag Turmführung.

Als weithin sichtbares Wahrzeichen von Neustadt zählt die gotische Stiftskirche St. Ägidius mit ihrer markanten Doppelturmfassade zu einem der bedeutendsten Bauwerke der Pfalz. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts besteht die Stiftskirche durch das Einfügen einer Trennmauer aus einem katholischen Teil und einem protestantischen Teil.

Das Wahrzeichen der Stadt Neustadt: Die Stiftskirche. FOTO: MARKUS PACHER
Das Wahrzeichen der Stadt Neustadt: Die Stiftskirche. FOTO: MARKUS PACHER

Die Neustadter Stiftskirche befindet sich im Zentrum der Weinmetropole und bildet im Ensemble mit dem Marktplatz mit seinem Brunnen, den umgebenden mittelalterlichen Fachwerkbauten sowie dem historischen Rathaus das Herz der Stadt und eine der touristischen Höhepunkte der Weinstraße. In den letzten zehn Jahren hat die berühmte Doppelkirche aufgrund spektakulärer Restaurationsarbeiten, gipfelnd in der Freilegung der gotischen Fresken, sowie der Anschaffung einer neuen Konzertorgel, der sogenannten Edskes-Orgel, deutlich an Popularität gewonnen. Maßgeblichen Anteil an der Akzeptanz der Stiftskirche innerhalb der Bevölkerung trägt das Bemühen von Pfarrer Michael Landgraf um die Rolle der Stiftskirche als eine offene, konfessionsübergreifende Begegnungsstätte. Weiterhin konnte sich die Stiftskirche als Mekka für Musikfestivals, Orgel- und Chorkonzerte weit über die Grenzen der Pfalz hinaus etablieren. All diese Faktoren und viele weitere, nicht zu vergessen die wertvolle ehrenamtliche Arbeit der Mitglieder des Presbyteriums der Stiftskirchengemeinde und des Fördervereins Stiftskirche trugen und tragen maßgeblich dazu bei, dass die Stiftskirche zum Identifikationssymbol für Neustadt avanciert ist.

Die Geschichte der Stiftskirche reicht ins 13. Jahrhundert zurück und ist eng mit der Geschichte der Pfalz und Neustadt in seiner Rolle als wichtigstes religiöses Zentrum an der Weinstraße verbunden. Pfalzgraf Rudolf und seine Familie beschlossen, die Hl. Pfarrkirche St. Ägidius seiner Residenz Neustadt in eine Memoria, also in eine Gebets- und Gedenkstätte für das Haus Wittelsbach, umzuwandeln und wollte dort begraben werden. Seit dem 4. Oktober 1353 ruht der Pfalzgraf m Altarbereich, unweit des Chors. Sein Nachfolger Kurfürst Ruprecht ließ die ehemals romanische Kirche St. Ägidius mit einem prachtvollen Chor erweitern. Auch der Kurfürst und seine Gemahlin Beatrix von Berg ließen sich in der Stiftskirche begraben. Mit der Einführung der Reformation in der Kurpfalz durch Kurfürst Ottheinrich kam es zum Verbot des katholischen Gottesdienstes und zur Vormachtstellung des protestantischen Glaubens in Neustadt. Die Stiftskirche und ihre Katholiken leisteten unter dem Dekanat von Laurentius Kercher starken Widerstand, bis sie 1566 endgültig aufgelöst und in die neue protestantische Pfarrei überging.

Der im 14. Jahrhundert erweiterte Grundriss der Stiftskirche mit seinem ehemals imposanten Langhaus bestimmt bis zum heutigen Tag das Bild der leider geteilten gotischen Kirche. Vor allem aber sind es die beiden ungleichen Türme der Kirche mit dem 57 Meter hohen Südturm, die die Silhouette von Neustadt bestimmen. Der südliche Turm beherbergt im oberen Teil eine Türmerwohnung. Der stattliche Turm bietet auf 38 Metern Höhe eine umlaufende Aussichtsgalerie. Mit seinem rund 33 Tonnen Gesamtgewicht ist das Glockenensemble das größte je gegossenen Geläut aus Gussstahl. Die Kaiser-Rupprecht-Glocke ist mir ihrer 3,21 Metern Durchmesser die größte Gussstahlglocke der Welt und neben der Petersglocke im Kölner Dom die zweitgrößte Glocke Deutschlands.

2010 bis 2013 fanden in beiden Kirchenteilen der gotischen Stiftskirche umfangreiche Renovierungen statt, bei denen 2012 im protestantischen Kirchenschiff mittelalterliche Malereien entdeckt wurden, die seitdem in mehreren Restaurationsabschnitten freigelegt werden.

Besucher haben jeden Freitag von 16 bis 17 Uhr die Möglichkeit, die Stiftskirche bei einer Führung zu betrachten. Jeden Samstag von 10 bis 11 Uhr bietet sich die Gelegenheit zur Turmführung. Hier stehen sowohl der Süd- als auch der Nordturm auf dem Plan. Weitere Informationen gibt es unter www.stiftskirche-neustadt.de. MARKUS PACHER