„Prompte Redaktion“ - so heißt der Titel eines kurzen Aufsatzes, mit dem die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz im redaktionellen Alltag, sagen wir, angerissen werden. Wohin die Reise geht, wird schon im Titel des Papiers klar. „Prompt“ heißt nicht nur so viel wie unmittelbar, es ist auch der Fachbegriff für eine Anweisung an eine KI, was sie denn tun soll.
Im Mai erschien der Aufsatz, vorangegangen war ein Projekt von DPA und DFKI. Die Deutsche Presseagentur (DPA) hat zusammen mit den KI-Experten des DFKI - das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz hat seinen Hauptsitz in Kaiserslautern - ein Trainingsprogramm angeboten. Ziel von „Wegweiser KI“: Wissen darüber vermitteln, wo und wie KI-Tools im journalistischen Alltag Vorteile bieten können - und wie sich die neue Technologie gut und sicher in die Medienhäuser tragen lässt.
„Alles kann, nichts muss“, fasst es Aljoscha Burchardt vom DFKI-Sitz in Berlin grob zusammen. Ganz grob. Denn das Thema ist nicht nur abendfüllend, es ist auch Seiten von Papers, Studien und Abhandlungen füllend, von zahllosen Podcasts - Burchardt wirkt selbst an einem von der ARD aufgelegten Angebot mit - noch gar nicht zu sprechen. Zwei Dinge seien bei dem Programm, das aus Online-Workshops bestand, wichtig gewesen, sagt Burchardt: Den Journalisten sollten zum einen die Möglichkeiten von KI vorgestellt und sie in ihnen entsprechend geschult werden. Es sei aber auch grundsätzlich darum gegangen, das vermittelte (Basis-)Wissen in die Medienhäuser der Republik zu tragen.
Burchardt hat unter anderem in Saarbrücken studiert - dort wo das DFKI Ende der 1980er-Jahre eine seiner Keimzellen hatte. Nach den Workshops war er Mitautor des besagten Papers „Prompte Redaktion“. „Uns ging es um eine qualitative Umfrage mit verschiedenen Teilnehmern, nicht um eine quantitative.“ Heißt: Es sollte nicht abgefragt werden, in wie vielen Redaktion schon KI-Tools zum Einsatz kommen, sondern gezeigt werden, wie unterschiedlich die Redaktionsstuben der Republik mit dem Thema umgehen. „Wer treibt es voran? Hat man einen Masterplan oder erste Versuchsinseln? Wir wollen anderen helfen, ihre eigenen Aktivitäten einzuordnen und sie natürlich auch inspirieren und ermutigen“, so Burchardt weiter.
KI könne heute schon vieles leisten, was vor einigen Jahren noch zum kleinen Einmaleins eines jeden Redakteurs gehörte, umreißt es Burchardt: Aus eingehenden Pressemitteilungen Artikel verfassen, Zwischenüberschriften in die Artikel schreiben, zusammenfassende Vorspänne schreiben, und so genannte Teaser - kleine Anrisstexte - für das Online-Angebot verfassen. Ja, sogar ganze Interviews, mit dem Handy mitgeschnitten, können im Handumdrehen von einer KI in einen Text umgewandelt werden. Die Technologie sei zweifellos da und einsatzbereit. Es gehe nun darum, was am sinnvollsten in einer Redaktion zum Einsatz kommt, sagt Burchardt. „Die Frage muss lauten: Was erleichtert Dir das?“
Spannend sei dabei auch, welche Auswirkungen KI-Einsatz auf die Fähigkeiten, die Skills der Journalistinnen und Journalisten der Zukunft haben wird. Wenn Zwischenüberschriften und Zusammenfassungen von langen Pressemitteilungen von KI-Tools übernommen werden, treten genau diese Fähigkeiten beim Menschen in den Hintergrund, gehen womöglich gar verloren. „Interessant ist dabei die Frage: Wollen wir das?“ Dazu zieht Burchardt eine Analogie heran. Nach wie vor werde heute in den Grundschulen das Einmaleins gelehrt. Obwohl es bereits seit einem halben Jahrhundert handliche Taschenrechner gibt, die das übernehmen könnten.
Eines ist aus Sicht Burchardts sicher: „Das Thema Künstliche Intelligenz geht nicht vorüber.“ Von daher müssten sich alle Branchen, ja alle Bereiche des Lebens mit der Frage auseinander setzen, wo KI zum Einsatz kommen kann, wo sie nützt und wo sie es vielleicht nicht tut. „Es geht darum, gute Entscheidungen zu treffen.“ Auch in den Medienhäusern und Redaktionsstuben der Republik. ANDREAS SEBALD
ZUR PERSON
Aljoscha Burchardt, 50 Jahre alt, ist promovierter Computer-Linguist und beschäftigt sich seit 30 Jahren mit Sprachtechnologie. Seit rund 15 Jahren ist er in Diensten des DFKI, des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz, und forscht in Sachen KI. Er war von 2018 bis 2020 Mitglied der von der damaligen Bundesregierung initiierten Enquete-Kommission zu Künstlicher Intelligenz. Außerdem ist er einer der Hosts im ARD-Podcast „KI und jetzt“, der im Sommer gerade in die zweite Staffel ging.