„Im Wein liegt Wahrheit“, lautet eine alte Weisheit, Gilt das auch für die Schorle? Klar, zumal es im Dubbeglas ganz schön prickelt. Für Esprit, skurrile Szenarien und bisweilen etwas Wermut sorgen im neuen Band „Schorle-Blues“ (Verlag Wellhöfer) 25 Autorinnen und Autoren der Region, unter anderem Lilo Beil, Susanne Baumgärtel, Klaus Maria Dechant, Markus Guthmann, Michael Landgraf, Claudia Schmid und Harald Schneider. Die Geschichten führen durchs Jahr bin hin zu Weihnachten. Passende Rezepte ergänzen die unterhaltsame Palette.
Autoren aus der Region sorgen für Nervenkitzel und Gaumenschmaus – Neue Anthologie bei Wellhöfer
Blutrünstig startet Marcus Imbsweiler mit „Outwanderers“. Die Hauptrolle im Kallstadt er Festtheater spielt – wie kann es anders sein – Donald Trump. Im wahren Leben heißt dieser Rüdiger Rebland, sieht dem US-Präsidenten aber so ähnlich, dass der Verdacht aufkommt, jemand hätte Fiktion und Wirklichkeit verwechselt und tatsächlich den „Echten“ gemeuchelt Ein harter Brocken mit vielen Missverständnissen für die Ermittlungskommission. Einzig die selbstgemachten Macarons mit Weincreme-Füllung versüßen das bittere Ende.
Schönheit und Reichtum alleine machen nicht glücklich, heben aber das Ego und das Wohlbefinden. Dabei darf ein wohlsituierter Gatte, Richard ist Mitglied im Landauer Stadtrat und zur Befriedigung der Lebenslust ein Gigolo, nicht fehlen. Doch hegt die Dame, wie Hilde Artmeier erzählt, noch weitere Projekte: In erster Linie gilt es, den 18. Geburtstag der Tochter Adele zu feiern, die nicht nur mit Auto und Urlaub, sondern auch mit einem Traummann bestückt werden soll. Die Planung im idyllischen St. Martin und im Essinger Golfclub gerät dann doch anderes, als von ihr geplant. Es zeigt sich nämlich, dass nicht nur sie selbst, sondern auch ihre verwöhnte Tochter allerlei Winkelzüge kennt, um den eigenen Willen durchzusetzen. Umso besser passt der Plan ins Bild, ihre früheren Kenntnisse als Sprengstoff-Expertin endlich wieder einzubringen. Die Kurzgeschichte endet mit Überraschungen auch dank Adeles unerwarteten Pläne – und einem leckeren Rotweinkuchen, der auf der Zunge zerschmelzen soll. Nachbacken!
Ist es ein Traum, das rüde Erwachen aus einem Alptraum oder gar Wirklichkeit, was Stella hochschrecken lässt? Autorin Beil skizziert die Figuren und das Geschehen in lebensechten Bildern, brutal und ungeschminkt. Die Demonstranten tragen Masken und Banner. „Was kümmert mich die Oma im Koma“ oder „Ich habe ein gutes Immunsystem“. Nur wenige wagen sichmit Aufschriftenwie „Bleibt vernünftig“ dazwischen, werden niedergetrampelt. Stella tröstet sich damit, dass sie nur träumt und plant das Rezept ihres „Pfälzischen“ Thunfischsalats: kräftig, mit dunkelrotem Cabernet Dorsa, passend zum Geschehen auf der Straße. Sie wird ihn von „pfälzisch“ auf „teuflisch“umbenennen.
In der „Kunst des perfekten Verbrechens“ übt sich Markus Guthmann aus Kirchheimbolanden. Dabei stellt er die Ehre der „Kibos“ wieder her, die laut einem „Tatort“ als häckselnde „Fleeschbrot-Verkäufer“ meuchelnd durch die Lande zogen. Vielmehr schildert er die „Kerchemer“ aus seiner Sicht als Kulturbotschafter, angefangen von der genialen Stumm-Orgel bis zum puttenreichen Kanzelaltar. Anlass ist die Beisetzung eines hochgeschätzten Gemeindemitgliedes, das nach und nach entlarvt wird, während man dessen Mörder immer näherkommt. Gaumengenuss bietet der Spargel mit Weinschaum. Lilo Beils „Pharisäertopf“ spielt um 1960 in der Südpfalz. Drei Freundinnen halten zusammen, auch wenn sie aus unterschiedlichen Verhältnissen kommen: Die lebenslustige Pfarrerstochter Katharina, die stets zu Streichen aufgelegt ist, sowie Helga und Inge, aus einem strengen humorlosen Elternhaus stammend. Mit Leidenschaft sammeln sie eines Tages Champignons, von allen Seiten wird geprüft, dass sich ja kein giftiger Knollenblätterpilz darunter befindend. Oder hat sich doch einer eingeschmuggelt? Wer das Rezept „Pharisäertopf“ (Pilze mit Rotwein und Käse überbacken) nachkocht, sollte auf jeden Fall aufpassen!
„Heißer Wein mit Abgang“ lässt Michael Landgraf auf dem Neustadter Weihnachtsmarkt spielen. Kommissarin Vera Frey, aus Gimmeldingen stammend, wird zum Einsatz gerufen. Viel Lokalkolorit – vom Weihnachtsmarkt bis zur Fehde zwischen den Winzern – spielt mit. Und natürlich deftiges Pfälzisch: „Grad hot‘s äh Anruf aus em Krankehaus gewwe. Ään Haufe Leit henn Dünnschiss“, informiert der Polizeimeister der Nachtschicht. Im Krankenhaus meint der Notarzt: „Das hatten wir noch nie. Da muss etwas Größeres passiert sein.“ Alles deutet auf eine Vergiftung hin. Der Ursache kommt man schnell auf die Schliche, es muss am Glühwein liegen. Nur: Wer hat ihn gepanscht? Das stellt sich am Ende natürlich heraus. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kocht den heißen Wein so: 1 Liter Dornfelder, 2 Zimtstangen, 2 Bio-Orangen in Scheiben, 2 EL Rohrzucker, 2 EL Bio-Honig. Alle Zutaten in einem großen Topf geben, erhitzen (nicht kochen), mindestens eine Stunde ziehen lassen.
Zwei Ratekrimis von Harald Schneider schließen den kurzweiligen Reigen ab. Zuerst ermittelt der aus vielen Büchern bekannte Pfälzer Kommissar Palzki bei einer Weinprobe in Duttweiler, in der anderen Geschichte geht es um eine „Weinrarität“. anzi
Info
Schorle Blues (Kerstin Lange, Ulrich Wellhöfer Hrsg.), 25 Krimis und Rezepte aus der Pfalz, Wellhöfer Verlag Mannheim, ISBN 978-3-95428- 287-4, www.wellhoefer-verlag.de