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LEO Saison Herbst

Heinrichs Grabmal

Eifersuchtsdrama Anno 1256: Auf Spurensuche im Kloster Rosenthal

Heinrichs Grabmal

Kleine gotische Schönheit: die Ruine der Klosterkirche zu Rosenthal.

Die Grabplatte ist schlicht, das Wappen darauf schmucklos. Nichts auf dem alten Epitaph, das in der zierlichen Kirchenruine des Klosters Rosenthal neben den Grabsteinen späterer Äbtissinnen aufgestellt ist, deutet darauf hin, dass der Mann, den es ehedem bedeckte, in ein blutiges Ehe- und Eifersuchtsdrama verwickelt war. Tatsächlich aber soll „Heinricus comes hirsutus“, wie die umlaufende gotische Majuskelschrift den Toten benennt, also der Raugraf Heinrich, der Grund dafür gewesen sein, warum Ludwig der Strenge, seines Zeichens Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Bayern, seine erste Gemahlin Maria von Brabant 1256 enthaupten ließ.

Geschichtsbücher sowie Balladen und Sagensammlungen des 19. Jahrhunderts, die sich auf ältere Quellen berufen, wissen dazu Näheres zu berichten. Demnach war der Raugraf Heinrich, dessen Familie vor allem im Kreuznacher Raum Besitz hatte, unter den Gefolgsleuten Ludwigs ein recht munterer und auch ansehnlicher Geselle, den Maria von Brabant eventuell etwas mehr favorisierte, als gut war.Dennoch sei, so der allgemeine Tenor, das Verhältnis der beiden völlig unschuldig gewesen. Ludwig indes war davon offenbar nicht so überzeugt. Ein von Maria an Heinrich gerichteter Brief, der irrtümlich in seine Hände geriet, genügte jedenfalls, des Gatten Eifersucht zu entfesseln. Tobend, so wird berichtet, ritt der strenge Ludwig nach Lektüre dieses Letters von einem Feldzug in der Pfalz nach Donauwörth,wo er seiner Maria kurzerhand den Kopf abschlagen ließ. Ein paar Jahre später gründete der Bayernherzog und Pfälzer Kurfürst als Sühne für seine blutige und mutmaßlich ungerechtfertigte Tat das Kloster Fürstenfeld.

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Stummes Mahnmal eines Eifersuchtsdramas: die Grabplatte des Raugrafen Heinrich. Foto: kai

Soweit die Überlieferung. Dass sich Ludwig der Maria, die er 1254 geheiratet hatte, kaum zwei Jahre später auf ziemlich brutale Weise entledigte, ist Fakt. Dass der Raugraf Heinrich als Kurpfälzischer Truchsess zum engsten Umfeld des Landesfürsten gehörte, auch. Was darüber hinaus an der Geschichte den Tatsachen entspricht, was daran romantische Erfindung ist, lässt sich nach 764 Jahren schwerlich herausfinden. Jüngere Deutungen der Ereignisse ziehen in Betracht, dass das ganze Eifersuchtsdrama nur Vorwand und Marias Hinrichtung nicht emotional, sondern politisch motiviert war. Bei einem Mann wie Ludwig, der in der Periode des Interregnums, der „schrecklichen kaiserlosen Zeit“ zwischen 1250 und 1273,mit hartem Kalkül paktierte, erscheint dieser Gedanke zumindest nicht abwegig. Jedenfalls hatte Ludwig auch keine moralischen Skrupel, Bestechungsgeld für seine Stimme bei der Königswahl 1257 anzunehmen und seinen Neffen Konradin, den letzten Staufer, in Italien allein dem Untergang entgegenreiten zu lassen.

Und der Raugraf Heinrich? Von dem weiß man des Weiteren sicher nur, dass er bereits 1261, also noch recht jung, unter ungeklärten Umständen starb und dort begraben wurde, wo gegen Ende des 13. Jahrhunderts auch der deutsche König Adolf von Nassau zeitweise seine letzte Ruhestätte fand: nämlich im Zisterzienserinnenkloster Rosenthal, das Heinrichs Onkel Eberhard IV. von Eberstein 1241 gegründet hatte. Ganz schön mager, diese Daten! Da hält man sich doch lieber an das, was romantische Balladen oder auch Friedrich Wilhelm Hebels Pfälzisches Sagenbuch (1906) über Heinrichs weiteres Schicksal zu künden wissen: Demzufolge legte der Ritter nach Marias Ermordung die Waffen ab und irrte als Büßermönch durch die Welt, bis er nach Jahren in die Schlosskapelle zu Donauwörth kam. Dort sank er am Grab Marias nieder, betete eine Nacht hindurch – am nächsten Morgen fand man ihn tot. Nur krittelige Philister werden fragen,wie sein Leichnam dann von Donauwörth nach Rosenthal kam. Kai Scharffenberger

INFO

Klosterruine Rosenthal in der Nähe von Eisenberg ist frei zugänglich und obendrein ein Ziel des Adolf-von-Nassau-Wanderwegs (17 km), siehe Wandermenü auf www.pfalz.de