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LEO Saison

Bad Kreuznach: Hotzenplotz, Kasper und ein Fliewatüüt

Marionetten, Hand- und Stabpuppen, viele Varianten sind im Puppenmuseum zu sehen.

Charakterköpfe von Udo Schneeweiß, 2002 geschaffen für das Stück „Biedermann und die Brandstifter“. Fotos: Thomas Behnke
Charakterköpfe von Udo Schneeweiß, 2002 geschaffen für das Stück „Biedermann und die Brandstifter“. Fotos: Thomas Behnke

Sie haben einen ganz eigenen Charme, sind geheimnisvoll, lustig, tragisch, und sie hauchen Holz, Stoff, Papier quirliges Leben ein, das vor den Bühnen auf große Augen und gebannte Blicke stößt: Marionetten, Hand- und Stabpuppen und ihre vielen Varianten. In Bad Kreuznach lässt sich eintauchen in die Welten, die sie bevölkern.

Viele sprechen salopp vom Puppenmuseum, das da - in der Hüffelsheimer Straße in einem spannenden Museumsareal - hinter einer modernen Glasfront seine Schatzkammer auftut. Aber hier geht es nicht um Barbie, Ken und Käthe Kruse. Das Haus nennt sich genauer „Museum für Puppentheaterkultur“ (PUK), denn hier geht es um Puppen als Bühnenstars - auf den Jahrmärkten, in Dorfschulen und Gasthäusern, später in eigenen Theatern und im Fernsehen. Und die Besucher können hier Figuren begegnen, die gerade Älteren die Augen leuchten lassen. Da sind Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt, die Helden eines TV-Vierteilers von 1972. Auch den starken Wanja trifft man hier, oder Figuren aus „Kater Mikesch“, der frühen schnurrigen Produktion der Augsburger Puppenkiste aus den 60ern. Doch das Museum fasst den Fokus weit, ja weltweit, blickt in Marionettentraditionen bis ins ferne Asien.


Sammlung Rother legt den Grundstein

Wie aber kommt das alles nach Bad Kreuznach? Dazu hat Stadtführerin Malika Goldt viel zu erzählen, vor allem von Karl-Heinz Rother (1928-2010). Mit zehn bekam der Westfale seine erste Puppe. Die Leidenschaft, die das auslöste, fand ihren Niederschlag in einer Sammlung, in die er über die Jahrzehnte einen Millionenbetrag gesteckt hat. Sie wurde, als Rother nach einer dauerhaften Bleibe für sie suchte, vom Land erworben und nach vielem Hin und Her in Bad Kreuznach in einem aufwendig dafür umgebauten, früheren Speicherhaus untergebracht. Dort haben Kasper und Co., Räuber Hotzenplotz und ihre Verwandten seit 2005 rund 600 Quadratmeter Platz, um in hellem, geräumigem Ambiente - mit Medienunterstützung oder Stationen zum Ausprobieren des Figurenführens - die Fantasie ihrer Besucher anzuregen. Da die Sammelleidenschaft nicht nur die Puppen betraf, sondern alles drumherum, finden sich hier auch Puppenkisten, mit denen die Spieler unterwegs waren, Plakate, Bühnenbilder - oder die ganze Werkstatt des Puppenschnitzers Till de Kock (1915-2010), der über 30.000 Puppenköpfe gefertigt hat und lange für die Hohnsteiner Puppenbühne tätig war.

Museum für die Familie, Theater und Veranstaltungsort

Malika Goldt hat als gebürtige Französin einen Landsmann mit auf die Führung genommen, Guignol, die französische Entsprechung der Kasper-Handpuppe mit Wurzeln im Niedergang der Seidenweberindustrie in Lyon Ende des 18. Jahrhunderts. Sie kann viele Facetten aus dem Blickwinkel ihrer Heimat beitragen, etwa dass manche Kenntnis des gespielten Repertoires sich der Zensur unter Napoleon III. verdankt. Aus Angst vor subversiven Inhalten forderte man von Puppenspielern Textbücher - was in Anbetracht mündlicher Überlieferung und oft geringer Schreib- und Lesekenntnis ein Kraftakt war, aber heute wertvolle Einblicke erlaubt. Malika Goldt weiß auch viel über Leben und Wirken so bedeutender Puppenspieler und -gestalter wie Till de Kock, Walter Büttner oder Walter Oehmichen (1901-1977), dem Vater der Augsburger Puppenkiste. Viel Raum nimmt die Ausstellung zu Albrecht Roser ein (1922-2011), der neben Figuren wie Clown Gustaf der TV-Gestalter von Robbi, Tobbi und dem Fliewatüüt sowie dem starken Wanja war und für das Goethe-Institut die ganze Welt mit seinen Puppen bereist hat.

Aber das Haus ist nicht nur Museum. Es hat einen Kinderbereich voller Spielangebote, Videostationen und einer kleinen Puppenbühne, zur Zeit setzt dort die Sonderausstellung zu „Pippi Langstrumpf, Petterson und Mama Muh“ Akzente bei schwedischer Kinderliteratur. Im Erdgeschoss gibt es den großen Theatersaal mit 200 Plätzen, der regelmäßig von Gastensembles bespielt wird oder Figurentheater-Festivals Raum gibt.

Das Haus ist ein ideales Ziel für Familien. Konzerte, Führungen, ein Weihnachtsbasar in Verbindung mit einem Theatersonntag (10.12.), das monatliche PUK-Café und anderes mehr machen es zudem zum Treffpunkt. Thomas Behnke

TIPPS

Das PUK in der Hüffelsheimer Str. 5 ist geöffnet: Di 10-13, Mi-Fr 10-16, Sa/So 11-17 Uhr, Info: www.bad-kreuznach/puk, Tel. 0671 888091-0021.

In direkter Nähe des PUK befinden sich das Museum Römerhalle mit Funden aus einer römischen Palastvilla des späten 2. Jahrhunderts n. Chr., vor allem zwei Mosaikböden. Direkt vis-a-vis liegt der Schlosspark und dahinter das Museum Schlosspark mit stadt- und kunstgeschichtlichen Exponaten. Öffnungszeiten decken sich mit denen des PUK. bke