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LEO Saison

Von Glanz und Elend, Blüte und Niedergang

GESCHICHTE: DAS PFÄLZISCHE STEINHAUERMUSEUM IN ALSENZ

Von Glanz und Elend, Blüte und Niedergang

Vereinschefin Sonja Müller erläutert die Steinhauerwerkstatt im Erdgeschoss. Fotos (3): Thomas Behnke

Nicht jedem Ort sieht man an, welche Vergangenheit ihn mal geprägt hat. Dass Alsenz ein blühender Steinhauerort war, hat sich zwar niedergeschlagen im Habitus manches schmucken Gebäudes mit und dem hier Sandsteinfassaden und da fein herausgearbeiteten Dekor. Diese Industrie selbst aber ist aus dem Ortsbild verschwunden - mit einer Ausnahme: Am Marktplatz hält das Pfälzische Steinhauermuseum die Erinnerung an die große Vergangenheit lebendig.

Das Gebäude selbst ist schon ein auf einem bemerkenswert, Sandsteinsockel errichteter Fachwerkbau, der früheren Generationen als Wohn-, zeitweise auch als Gasthaus gedient hat. Das etwas geduckt wirkende Gebäude - als „Haus Griebel" bekannt und Anfang des 17. Jahrhunderts erbaut - war vom Abriss bedroht, als es die Gemeinde 1991 erwarb, repräsentativ wieder hergerichtet und für ein Steinhauermuseum zur Verfügung gestellt hat, das 1995 eröffnet werden konnte und seither vom Historischen Verein der Nordpfalz betreut wird. Große Verdienste um die Entstehung und Gestaltung des Museums hat der frühere Vorsitzende und heutige Ehrenvorsitzende des Vereins, der Historiker Eugen Zepp.

Die grün gestrichene Holzpforte öffnet Sonja Müller, die heutige Vorsitzende des Historischen Vereins, mit einem gewichtigen Schlüssel, wie Ältere sie noch aus ihrer Kindheit kennen mögen, „selbstgeschmiedet", merkt sie an. Drinnen ist die Kühle des Steins fühlbar, angenehm an diesem heißen Tag. Der Sandstein übernimmt nun die Führung - der Stein und das, was viele kunstfertige Hände hier im Ort etliche Generationen früher daraus gemacht haben.

Was Sandstein ist, welche Varianten und Formationen es gibt, was in Antike und Mittelalter damit gemacht wurde, mithin die lange Vorgeschichte der Steinhauerei in Alsenz ist natürlich Teil der Ausstellung. In ihrem Mittelpunkt steht aber die große Blüte der Sandsteinindustrie, die vor allem durch den Bau der Eisenbahn durch das Alsenztal ab 1871 und der dadurch erweiterten Transportmöglichkeiten eine enorme Blüte erlebt hat. Auch der Bauboom der Gründerzeit, beflügelt vom Kriegserfolg gegen Frankreich 1870/71, trug dazu bei. Zehn Betriebe haben hier Steine gebrochen und verarbeitet, darunter die drei „Großen": Brixius, Bohley und Spuhler. 1500 Menschen standen zeitweise in Lohn und Brotin einem Ort, der heute mit knapp über 1600 nur unwesentlich mehr Einwohner zählt. Dass hiesige Steine für den Bau des Reichstages und in Dombauten verwendet wurden, zeugt vom guten Ruf der Arbeit in Alsenz.

Man kann sich vorstellen, welche rege Betriebsamkeit hier geherrscht haben muss rund um den Bahnhof, aber auch draußen, in den 20 Steinbrüchen rund um den Ort, wo die Blöcke gebrochen wurden - ein Diorama im Obergeschoss zeigt deren Verteilung im Umland. Eine Wanderung des Vereins habe vor geraumer Zeit einige davon zum Ziel gehabt - sie seien mittlerweile dabei, in der Landschaft zu verschwinden, berichtet Sonja Müller von der Arbeit der Natur, sich die Brüche wieder zurückzuerobern.

Vieles im Museum - das innen, unter niedrigen Decken, doch größer wirkt, als es von außen den Anschein hat ist dem Alltag der Steinhauer gewidmet. Eine Werkstatt im Erdgeschoss und eine Vitrine im ersten Stock versammeln ihre Werkzeuge und Hilfsmittel - Pille, Steinhobel, Meißel, Zangen, Fäustel und andere Hämmer, Schlag- und Scharriereisen. Im Erdgeschoss sind auch größere Gerätschaften wie eine Feldschmiede oder ein Rollenaufzug zu sehen.

Ein Büro oder Kontor eines Steinhauerbetriebs ist oben aufgebaut und dokumentiert auch diese Seite der Arbeit mit den Werkzeugen der Planer, der Schöpfer der Entwürfe. Und natürlich ist viel zu sehen, was Kunstfertigkeit aus dem Stein geschaffen hat - Säulen, Kapitelle, Gedenksteine, Baudekor. Ein besonderer Stolz des Museums ist die wohl weit und breit einzigartige Sammlung von Christbaumständern aus Sandstein, fein gearbeitete Stücke, alle einzigartig. „Das hat man im Winter gemacht, wenn die Arbeit am Bau eher geruht hat“, erläutert Sonja Müller den Hintergrund solcher „Fingerübungen" der Steinhauer in ruhigeren Zeiten.

Das Museum birgt natürlich auch Sozialgeschichte. Die Steinhauerei hatte Schattenseiten, und die sind ausgestellten Gruppenbildern der Arbeiterschaft der Zeit zu entnehmen - auch wenn die eher den Stolz der Menschen dokumentieren sollten als das Leiden an der schweren und ungesunden Tätigkeit. Tatsächlich ist es erschreckend, in früh gealterte Gesichter zu schauen, auch Kinder unter den Beschäftigten zu sehen, nicht wissend freilich, worin ihre Tätigkeit damals bestanden haben mag. „Im Durchschnitt", so Müller, wurden die Männer damals zwischen 40 und 50 Jahre alt."

Die Geißel des Berufsstandes: die Staublunge. Fast jeder sei daran gestorben, sagt die Vereinsvorsitzende, die dazu auch eine beredte Geschichte erzählen kann: Ein Steinhauer hatte die gute Idee, sich ein feuchtes Tuch vors Gesicht zu binden. Als er seine Kollegen anspornen wollte, es ihm nachzutun, habe er nur Spott und Hohn geerntet. Leider. Denn der kluge Mann wurde, anders als die große Mehrzahl seiner Kollegen, 85 Jahre alt. Dass es große Unzufriedenheit gegeben hat mit den Arbeitsbedingungen und der Bezahlung, davon zeugt ein Steinhauerstreik von April bis August 1906. Er bewirkte, auch mit den Folgen für benachbarte Gewerbezweige, zunehmende Verarmung und und Verelendung, läutete aber auch den Niedergang dieser Industrie ein. Andere Baumaterialien wie etwa Beton und Kunststein rückten in den Vordergrund, bald brachte zudem der Erste Weltkrieg die Bautätigkeit zum Erliegen.

Der Verein sei gerade daran, mit einem Innenarchitekten die Ausstellung zu modernisieren, berichtet Müller. Zum Fundus gehöre im übrigen erheblich mehr als gezeigt werden könne, an anderer Stelle im Ort werden weitere Stücke in einem Depot gelagert. Neu Angebotenes werde zuvor von Fachleuten des Vereins begutachtet, so Müller.  Thomas Behnke

INFO

Das Pfälzische Steinhauermuseum ist von Ostern bis Oktober an jedem 1. und 3. Sonntag des Monats von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Internet: www.steinhauermuseum.de

TIPPS

Das Steinhauermuseum in Alsenz ist Ausgangspunkt des Steinhauerrundwegs Alsenz, der über 2,5 Kilometer an markanten Wohnhäusern aus der Hochzeit der Alsenzer Steinhauerei, den Stammsitzen der Unternehmerfamilien, vorbeiführt. Teil dieses Weges ist der an der Alsenz und unter Bäumen schön gelegene Deutsche Sandsteinpark im Otto-Gamper-Park. Dort werden verschiedene Sandsteinarten aus Deutschland gezeigt und Wissenswertes darüber vermittelt.

Daneben lohnt ein Besuch im Alten Rathaus am Rathausplatz 2. Im Jahr 1578 errichtet, gilt es als einer der ältesten Fachwerkbauten der Pfalz. Das Gebäude beherbergt das Museum für Heimatgeschichte und die Nordpfalz-Galerie mit Bildern und Biografien bedeutender Persönlichkeiten der Nordpfalz. bke