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"Wir bekommen die Tiere, die andere nicht mehr wollen"

Vereint in Speyer: Uwe Grimm vom Tierschutzverein Speyer berichtet über die engagierte Team-Arbeit im Tierheim, emotionale Situationen und aktuelle Herausforderungen

"Wir bekommen die Tiere, die andere nicht mehr wollen"

Uwe Grimm (links) und Christian Rupp mit einem neu aufgenommenen Hund. FOTO: UGRASANER

Seit 2006 ist Uwe Grimm beim Tierschutzverein. Den ersten Kontakt zum Tierheim hatte Grimm privat: Gemeinsam mit seiner Frau wollte er einen Hund adoptieren - eine amerikanische Bulldogge. "Sie kam direkt auf uns zu, legte sich auf unsere Füße und hat die Beine hoch gestreckt." Luna wurde ein paarmal von dem Ehepaar ausgeführt, sie haben mit ihr gearbeitet, sich kennengelernt und gemerkt: Sie möchte gar nicht mehr zurück. Einen Hundezüchter aufzusuchen, kam für Grimm nie in Frage.

Jede Minute mit dem Tier ist elementar

Bevor sich Grimm aktiv im Tierschutzverein engagieren konnte, sei er zuvor lange passives Mitglied gewesen, erzählt er. ,,Für den Schritt vom passiven Mitglied zum aktiven dafür muss man Zeit mitbringen", so Grimm. Im Alltag des Vereins seien im Team bis zu 12 Ehrenamtliche aktiv. Hauptamtlich in Voll- und Teilzeit seien sechs Mitarbeiter beschäftigt, berichtet Grimm. Vier von ihnen als Tierpfleger, zwei als Tierpflegehilfen. Betreut und gepflegt werden 30 bis 40 Tiere - Hunde, Katzen und Kleintiere-darunter Hasen, Meerschweinchen, Vögel, Schildkröten oder auch mal Exoten wie Schlangen. ,,Als Ehrenamtliche unterstützen wir beim Gassigehen, helfen beim Reinigen oder der Pflege der Anlage. Die Tierpflege übernehmen unsere hauptamtlichen Tierpfleger, da sie dafür ausgebildet sind." Er selbst sei in jeder freien Minute im Tierheim, erzählt der stellvertretende Vorsitzende. Vor allem die Wochenenden seien fest für den Tierschutz im Verein eingeplant. Hauptberuflich arbeitet Grimm als Leiter der Medizintechnik im Diakonissen-Stiftungskrankenhaus in Speyer. ,,Es ist zwar eine anderer Bereich, aber vom Grundsatz ähnelt mein Hauptjob meinem Ehrenamt", erzählt er und meint damit die Organisation, Wartung und Administratives - damit alles reibungslos funktioniert. Denn ,,jede Minute, die unsere Mitarbeiter am Tier verbringen können, ist für uns elementar." Auch das Hundehaus des 1956 gebauten Tierheims konnte im vergangenen Jahr mit finanzieller Hilfe saniert werden. Wo zuvor 16 Hunde pro Zwinger gehalten wurden, finden nun acht Hunde in ihren eigenen Zwingern Platz.

90 Prozent verhaltensauffällig

Neben der Pflege und Betreuung wird dreimal täglich mit den Hunden Gassigegangen - dies übernehmen sowohl dafür ausgewählte ehrenamtliche Helfer, die schon viele Jahre Erfahrung mitbringen oder die Tiertrainer. Mittags steht dann das tägliche Tiertraining an. „Das Haupttraining mit den Tieren übernimmt der Tierpfleger", berichtet Grimm. „Je älter der Hund, desto schwieriger gestaltet sich die Erziehung." Dies sei einer der Gründe, weswegen Hunde beim Tierheim häufig abgegeben werden, berichtet der stellvertretende Vorsitzende. Hundebesitzer übernehmen sich oftmals mit dieser Aufgabe. ,,Wir bekommen die Tiere, die andere nicht mehr wollen", betont er. Daher sei es besonders wichtig, sich zunächst zu fragen: passe das Tier, das man sich wünsche, überhaupt in die individuelle Lebenssituation und Lebensweise des Besitzers oder der Familie? Oder käme vielleicht eher ein anderes Tier in Frage? Denn häufig werde die Erziehung des Tieres unterschätzt. ,,Das Verhältnis zwischen Hundebesitzer und Hund kann eine Eigendynamik entwickeln, womit der Besitzer dann überfordert ist." Für das Hundetraining und die Erziehung seien Spezialisten notwendig, auch im Tierheim, erklärt Grimm. ,,Die Ausbildung zum Tierpfleger ist die Grundausbildung. Darauf folgt die Spezialisierung in Form von Weiterbildungen." Im Hundebereich werden aktuell sieben Hunde betreut, gepflegt, trainiert - und 90 Prozent der Hunde, die im Tierheim abgegeben werden, haben Verhaltensauffälligkeiten, so Christian Rupp, ehemaliger Leiter des Heims, der das Team mittlerweile ehrenamtlich unterstützt. Damit die Tiere wieder vermittelt werden können, sei viel Vorarbeit nötig. ,,Wir möchten natürlich vermeiden, dass noch mehr Tiere abgegeben werden. Daher sind wir auch beratend tätig." Und, die Warteliste für die Aufnahme der Tiere im Heim sei lang. Die Kapazitäten für den Bedarf wenig, berichten die beiden Tierschützer. ,,Im Schnitt sind Hunde ein Jahr bei uns. Welpen in der Regel drei bis vier Monate. Manche Hunde aber auch bis zu fünf Jahre", erklärt Rupp. Und auch Katzen müssten sozialisiert werden. Hierfür seinen, neben Betreuung und Pflege, auch Katzenstreichler im Einsatz. Die Vermittlung der Tiere gestalte sich derzeit schwierig, so Rupp. ,,Der Markt ist zurzeit übersättigt."

Emotionale Aufgaben

Die Arbeit im Tierheim und ist oftmals eine Tierschutz emotionale Aufgabe, berichten Rupp und Grimm. Die Bandbreite von Emotionen reiche von sehr traurigen Erlebnissen und Geschichten, bis hin zu großer Freude, wenn das Tier, das vier Jahre seine Basis im Tierheim hatte, ein neues Zuhause findet. ,,Bei uns gestaltet sich jede Woche unterschiedlich." Nicht nur die Tiere, auch die Mitarbeiter bauten eine Bindung auf - sie kennen die Tiere, erklärt Rupp. ,,Mit den Höhen und Tiefen muss man umgehen können. Eine Hund, der gerade wegen eines Hausbrandes im Tierheim abgegeben wurde, aber 14 Jahre nicht einen Tag von seinem Herrchen getrennt war, ist natürlich traurig und weiß nicht, was gerade passiert." Katzen, die so stark unterversorgt im Feld gefunden werden, und niemand weiß, ob sie es überhaupt schaffen werden. ,,Können wir sie wieder aufbauen? Das geht den Tieren nah, den Tierpflegern nah und den ehrenamtlichen Helfern nah."

Was sich das Team des Tierschutzvereins für die Zukunft wünschen würde? ,,Wir wünschen uns natürlich, dass wir in eine Lage kommen, die die finanzielle Situation des Tierheims in den nächsten Jahren sichert und wir planen können. Und langfristig benötigen wir einen Neubau, der uns die Kapazitäten bietet, die wir benötigen, um dem Bedarf nachkommen zu können", beschreiben die Tierschützer. Auch die Position der Tierheimleitung sei noch nicht besetzt und werde zurzeit vom Team kommissarisch übernommen. Weitere Tierpfleger seien nötig. Das nächste große Projekt sei die Sanierung des Hundehausdaches, berichtet der zweite Vorsitzende. ,,Die Preise für Materialien haben sich aber verdreifacht", erklärt er. ,,Insofern sind wir für jede Spende und tatkräftige Unterstützung in jeglicher Form sehr dankbar." una

Tierschutzverein Speyer in Zahlen und Fakten

• Gründung: 1956 (Träger des Tierheims)
• Mitglieder: 500
• Kosten: 25 Euro Mitgliedsbeitrag pro Jahr

• Organisation: Vier Vorstandsmitglieder, fünf Beiräte, vier hauptamtliche Tierpfleger, davon zwei in Teilzeit, zwei hauptamtliche Tierpflegehilfen, 12 ehrenamtliche Helfer

• Vorsitzende: Patrycja Schwarz, stellvertretender Vorsitzender: Uwe Grimm

• Aufgaben: Versorgt werden Hunde, Katzen und Kleintiere. Kontakte und Kooperationen mit der Stadt Speyer und dessen Umlandgemeinden in Sachen ,,Tierschutz". Finanziert wird das Tierheim durch Spenden, Mitgliedschaften, Patenschaften und Zuschüssen von Stadt und Land. Ansprechpartner für Tierschutzangelegenheiten, Öffentlichkeitsarbeit für das Tier, verfolgt Tierschutzverstöße und betreibt in Eigenregie das Tierheim Speyer

• Mitarbeit: Engagieren kann man sich bei der Versorgung der Tiere (Füttern, Reinigung der Gehege), Ausführen der Hunde (Mindestalter aus versicherungstechnischen Gründen 18 Jahre), Streichel- und Schmuseeinheiten, Mithilfe bei Pflege- und Handwerksarbeiten rund um das Tierheim, Unterstützung bei Veranstaltungen, Spendendosen und Spendenboxen betreuen

• Bedarf an weiteren ehrenamtlichen Helfern, vor allem im handwerklichen und administrativen Bereich sowie in der Öffentlichkeitsarbeit

• Kontakt: Tierschutzverein Speyer u. U. e. V.
Mäuseweg 9, 67346 Speyer
www.tierheim-speyer.de
Tel.: 06232 33339
buero@tierheim-speyer.de