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Anteil der Hochschulabsolventen am Arbeitsmarkt wächst bis 2040, während Anteil Geringqualifizierter sinkt
Viele blicken bang in die Zukunft. Tatsächlich wirft die Corona-Pandemie die Wirtschaft zurück. Doch der Arbeitsmarkt bleibt weiterhin stabil: „Die Arbeit geht weiter – der Wohlstand macht Pause“, zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie von Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS).
Die Folgen der Corona-Pandemie werden die Wirtschaftsleistung in Deutschland um etwa drei Jahre zurückwerfen. Die Zahl der Erwerbslosen wird, trotz des momentanen Anstiegs, langfristig zurückgehen. Ein Grund hierfür ist das Ausscheiden der sogenannten „Babyboomer-Generation“ aus dem Erwerbsleben. Dies senkt die Zahl der Erwerbspersonen, erhöht aber zugleich deutlich die Zahl der von der Allgemeinheit zu versorgenden Personen. Der Gesundheitssektor wird im Jahr 2040 die meisten Erwerbstätigen stellen und von Fachkräfteengpässen geprägt sein. Und Betriebe werden auch auf einem Arbeitsmarkt im Jahr 2040 händeringend nach Personen mit Spezialisten- und Expertentätigkeiten im IT- und Informatik-Bereich suchen.
Dies sind Ergebnisse der sechsten Welle der Qualifikations- und Berufsprojektionen, die unter gemeinsamer Leitung des BIBB und des IAB sowie in Zusammenarbeit mit der GWS durchgeführt wurde. Die jetzt veröffentlichten Projektionen geben einen Überblick über die voraussichtliche Entwicklung des Arbeitsmarktes in Deutschland bis zum Jahr 2040. Das Hauptaugenmerk der Analysen liegt dabei auf den berufsspezifischen Entwicklungen, um etwaige Fachkräfteengpässe oder Überangebote zu identifizieren.
Die BIBB/IAB-Analyse zeigt, dass die durch die Corona-Pandemie ausgelöste geringere Investitionsbereitschaft, der schrumpfende Welthandel sowie der verminderte Konsum im Jahr 2020 zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung und damit des Wohlstandes führen. Deutschland wird daher erst mit einer circa dreijährigen Verzögerung die Wirtschaftsleistung erreichen, die ohne Corona bereits in diesem Jahr möglich gewesen wäre.
Dienstleitungen weiter im Aufwind
Der Wandel von der Produktions- zur Dienstleistungsgesellschaft setzt sich zudem fort. So sorgt die Alterung der Bevölkerung dafür, dass die Branche „Gesundheits- und Sozialwesen“ mit rund sieben Millionen Personen im Jahr 2040 die mit Abstand meisten Erwerbstätigen stellen wird. Allein in den Jahren zwischen 2030 und 2040 ist hier mit einem zusätzlichen Bedarf von rund 500.000 Arbeitsplätzen zu rechnen. Aufgrund dessen werden die Fachkräfteengpässe in der „Gesundheits- und Krankenpflege“ sowie in der „Altenpflege“ auch weiterhin anhalten, weil die Arbeitsnachfrage das Angebot dauerhaft übersteigt.
Fachkräfteengpass im verarbeitenden Gewerbe
Abnehmen wird hingegen bis zum Jahr 2040 die Zahl der Erwerbstätigen im „Verarbeitenden Gewerbe“ – und zwar in einer Größenordnung von rund 1,6 Millionen Personen. Hier wirkt sich die nachlassende Export-Dynamik sowie der Anpassungsdruck in Einzelbranchen, wie zum Beispiel der Automobilindustrie, nachhaltig aus. Obwohl dieser Bereich insgesamt schrumpft, wird es auch hier zu Fachkräfteengpässen kommen, da die Zahl der Erwerbspersonen aufgrund der demografischen Entwicklung überproportional zurückgeht und berufliche Anforderungen sich zudem verändern.
So wird es für die Betriebe weiterhin schwierig bleiben, qualifiziertes Personal zum Beispiel in der „Mechatronik und Automatisierungstechnik“, in der „Energietechnik“ sowie in der „Klempnerei, Sanitär, Heizung, Klimatechnik“ zu finden.
Der Trend zur Höherqualifizierung wird etwa bis zum Jahr 2035 anhalten. Danach wird sich die Qualifikationsstruktur der Erwerbspersonen stabilisieren. Ab 2035werden rund 41 Prozent der Erwerbspersonen einen Berufsabschluss haben (2020: 45 Prozent) und 28 Prozent eine Aufstiegsfortbildung, einen Bachelorabschluss oder ein FH-Diplom (2020: 29 Prozent). Der Anteil Geringqualifizierter sinkt bis 2040 auf 10 Prozent (2020: 12 Prozent), während der Anteil der Hochschulabsolvierenden (ohne Bachelorabschluss oder FH-Diplom) auf 21 Prozent steigt (2020: 15 Prozent). msw/Quelle: BIBB
Zur Sache: Investitionen gegen Fachkräftemangel
Ob sich die eigene Ausbildung rechnet oder der Zugriff auf Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt eine weniger kostspielige Möglichkeit der Fachkräftedeckung ist, untersuchte das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in einer repräsentativen Betriebsbefragung bei rund 4000 Betrieben. Die Analysen zu den Ausbildungskosten für das Ausbildungsjahr 2017/18, den Personalgewinnungskosten und das Übernahmeverhalten der Betriebe zeigen, dass für die Betriebe starke finanzielle Anreize bestehen, ihren Fachkräftebedarf durch die eigene Ausbildung zu decken. Darüber informieren die Autoren Harald Pfeifer, Paula Risius, Gudrun Schönfeld, Caroline Wehner und Felix Wenzelmann im „BIBB Report Ausbildung in Deutschland – eine Investition gegen den Fachkräftemangel“. Ergänzend zu den Erkenntnissen der Studie von Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) kommen sie darin zu folgenden Ergebnissen: Der Fachkräftemangel belaste seit einigen Jahren weite Teile der Wirtschaft. Die eigene Ausbildung und die Rekrutierung von Fachkräften über den externen Arbeitsmarkt seien die zwei wichtigsten Möglichkeiten für Betriebe, ihren Fachkräftebedarf zu decken. Bei betrieblichen Entscheidungen spielten die Kosten eine wichtige Rolle. msw
STICHWORT
Babyboomer
Anfang der 60er Jahre, bevor die Antibabypille ihre Verbreitung fand, wurden rekordverdächtig viele Babys in beiden Teilen Deutschlands geboren. 1964 waren es 1.357.304. Danach flachte die Geburtenrate wieder ab. Diese Babyboomer-Generation und die Geburtenentwicklung muss bei wirtschaftlichen Prognosen berücksichtigt werden, etwa bei Prognosen und Analysen zur Entwicklung des Arbeitsmarkts. Wenn die Babyboomer aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, wird dieser sich entsprechend verändern: Das Ausscheiden der Babyboomer-Generation aus dem Erwerbsleben senkt die Zahl der Erwerbspersonen und erhöht zugleich die Zahl der zu versorgenden Personen. msw