Die harten Gründerjahre waren endgültig vorbei, als Altverleger Josef Schaub 1964 in Ruhestand ging und nach 19 Jahren die Verantwortung für das Unternehmen in die Hände seines damals erst 26-jährigen Sohnes Dieter legte. Die grundlegende Unternehmensstrategie änderte sich jedoch erst einmal nicht. Mit dem Erwerb des „Pfälzer Tageblatts“ in Landau führte Dieter Schaub das Projekt seines Vaters fort, mit der RHEINPFALZ eine Zeitung für die gesamte Pfalz aufzubauen. Das „Tageblatt“ wurde wenig später mit der Südpfalz-Ausgabe der RHEINPFALZ verschmolzen. Zeitgleich stellten in Kaiserslautern die „Pfälzische Volkszeitung“ und in der Vorderpfalz die „Frankenthaler Zeitung“ ihr Erscheinen ein. Die Verwurzelung in der Region, das sei für ihn die Stärke seiner Zeitung, sagt der ehemalige Verleger. Die Lokalredaktionen seien ihr Rückgrat. „Vor Ort darf nichts geschehen, das dann nicht auch in der Zeitung steht. Was Thema ist in der Stadt, im Dorf, muss auch Thema in der RHEINPFALZ sein“, erklärt der Senior-Verleger.
Kräfte bündeln und neue Herausforderungen meistern
Unter Schaubs Ägide in den 60er-Jahren erhielt die RHEINPFALZ ihre Struktur, die sie im Prinzip heute noch besitzt. Die übernommenen oder eingestellten kleineren Konkurrenzzeitungen leben in den Titeln der jeweiligen Lokalausgaben fort: zum Beispiel das „Pfälzer Tageblatt“ in der Ausgabe Landau, die „Pfälzische Volkszeitung“ in Kaiserslautern oder auch die „Frankenthaler Zeitung“.
Gleichzeitig verabschiedete sich der damalige Verleger von Zeitungsexperimenten, die sich als nicht erfolgversprechend und unrentabel erwiesen hatten. Schon 1967 hörte das „ASZ-Sportblatt“ auf, als eigenständiges Produkt zu existieren. Die Themen wurden in der RHEINPFALZ aufgefangen, die von nun an montags mit einem ausführlichen Sportteil erschien. Auch der „General-Anzeiger“ wurde 1969 eingestellt, die Lokalredaktionen in den saarpfälzischen Kreisen Homburg und St. Ingbert wurden geschlossen. 1973 kam das Ende für die „Pfälzischen Heimatblätter“. Ein großer Teil der Mitarbeiter der eingestellten Zeitungen wechselte zur RHEINPFALZ und half, Lokalredaktionen und Ressorts aufzubauen. „Man nannte mich den Zeitungsmörder“, erinnert sich Dieter Schaub. Aber die harten Maßnahmen seien nötig gewesen, um den Verlag wirtschaftlich stark und überlebensfähig zu erhalten, sagt er. Man habe die Kräfte bündeln müssen, um neue Herausforderungen bewältigen zu können.
Zu diesen Herausforderungen gehörte die „Bild“-Zeitung, die mittels ihrer Regionalausgaben im Gehege der seriösen Regionalzeitungen zu wildern versuchte. Die RHEINPFALZ-Antwort war eine hauseigene Boulevardzeitung, das „5-Uhr-Blatt“, zeitweise auf rosarotem Papier gedruckt. Doch mit der Zeit setzte sich die Einsicht durch, dass „Bild“ keine Konkurrenz darstellte. Folgerichtig wurde das „5-Uhr-Blatt“ 1970 eingestellt.
Indem er Konkurrenzblätter fernhielt und andere Print-Produkte zukaufte, habe der Verlag seinen Erfolg sichern können, sagt Dieter Schaub. In diese Ausbauphase fielen auch die ersten Kooperations- und Übernahmeverhandlungen mit dem „Mannheimer Morgen“. Beide Häuser – RHEINPFALZ und „Mannheimer Morgen“/ Mannheimer Großdruckerei GmbH – sollten jeweils die Hälfte des Kapitals von vier Millionen Mark aufbringen. Vor allem im technischen Bereich war eine enge Verzahnung vorgesehen, die beiden Redaktionen sollten zwar kooperieren, aber erst einmal voneinander getrennt weiterbestehen. Langfristig habe ihm eine zentrale Redaktion für die Ressorts Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport vorgeschwebt, ergänzt um 48 Lokalredaktionen von Mosbach bis Zweibrücken, erzählt der damalige Verleger. Der Unterzeichnungstermin im Februar 1971 stand schon fest, das Kartellamt hatte zugestimmt, da machte die Mannheimer Seite einen Rückzieher.
Zeitgleich schaute sich Dieter Schaub auch bundesweit nach geeigneten Medien um, an denen sich der RHEINPFALZ-Verlag beteiligen konnte. So stieg er 1971 mit 30 Prozent bei der Stuttgarter Verlags GmbH ein, zu der die „Stuttgarter Zeitung“ und von 1974 an auch die „Stuttgarter Nachrichten“ gehören. Heute befinden sich 48,2 Prozent der GmbH in RHEINPFALZ-Hand. In Kooperation mit den schwäbischen Partnern erschien ab Januar 1980 nun eine siebte Ausgabe der RHEINPFALZ. „Sonntag aktuell“ wurde in Stuttgart gedruckt und war das Gemeinschaftswerk südwestdeutscher Verlage, zu dem die RHEINPFALZ Regional- und Sportseiten beisteuerte.
Das Fernsehen wird zum Massenmedium
Das Fernsehen, das Ende der 60er-Jahre seinen Siegeszug in die deutschen Wohnzimmer angetreten hatte, veränderte Medienlandschaft und Medienkonsum ähnlich grundlegend, wie dies das Internet rund vier Jahrzehnte später tun sollte. Das bekam auch die RHEINPFALZ zu spüren. Anfangs wurde eine eigene TV-Beilage der Zeitung hinzugefügt und das Programm tagesaktuell abgedruckt. Ab 1973 gab es dann die „Illustrierte Wochenzeitung“ (IWZ), eine gemeinsame Fernsehbeilage der RHEINPFALZ und einiger baden-württembergischer Zeitungen . Die „IWZ“ sollte die Popularität des Fernsehens nutzen, um Leser bei der Zeitung zu halten.
Diese hatte sich in der Zwischenzeit auch inhaltlich verändert. Sie war nicht länger das einzige und schnellste Informationsmedium. Nachrichtensendungen im Fernsehen drohten, ihr den Rang abzulaufen. Daher setzten viele Zeitungen und mit ihnen die RHEINPFALZ nun verstärkt auf Hintergrundberichte und kommentierende Elemente. Sie bauten ihre entsprechenden Kapazitäten aus, genauso wie die in der lokalen und regionalen Berichterstattung.
Für die Redaktion brachen 1976 neue Zeiten an. „Papa“ Hück verabschiedete sich in den Ruhestand. Der neue Chefredakteur Fritz Schlossareck kam von der „Stuttgarter Zeitung“ und vertrat die Devise, „wegen guter Qualität hat noch keiner die Zeitung abbestellt“. Unter ihm wurde das redaktionelle Niveau weiter gesteigert. Der Ausbau des Ressorts Wirtschaft zu einem bundesweit anerkannten Team von Fachleuten war sein Verdienst. Inzwischen war eine neue Generation von Journalisten herangewachsen, sozialisiert in der jungen, von Wirtschaftswunder und Studentenrevolte geprägten Bundesrepublik. Nach und nach lösten sie ältere Kollegen ab, die „aus den Schlachten des Zweiten Weltkrieges und seiner Lager entkommen oder als Kinder von den Bombennächten geprägt worden waren“, formulierte es Josef-Heinrich Weiske, von 1965 bis 2000 Redakteur der RHEINPFALZ und im Mai 2020 gestorben.
Auch in der Technik stellen die 70-er-Jahre eine Zeitenwende dar. Dass die Verarbeitung elektronischer Daten für die Zeitungsproduktion immer wichtiger werden würde, hatte Verleger Dieter Schaub früh erkannt. Direkt nach dem Einstieg in Stuttgart gründete er zusammen mit einigen süddeutschen Verlagen das Rechenzentrum Südwest, das den beteiligten Medienunternehmen damals die Computertechnik zur Verfügung stellte. Dies war eine der Voraussetzungen dafür, dass die RHEINPFALZ sich 1977 als eine der ersten deutschen Zeitungen vom Bleisatz verabschieden konnte und im damals hochmodernen Lichtsatz gedruckt wurde. Parallel dazu starben im technischen Bereich ganze Berufszweige aus: Hand- und Maschinensetzer, Metteure und Korrektoren. Die RHEINPFALZ schaffte diesen Übergang, der bundesweit zu erbitterten Streiks im Druckgewerbe führte, ohne rationalisierungsbedingte Entlassungen. In bewährter Manier wurden den Betroffenen Stellen in anderen Abteilungen angeboten.
In Oggersheim entsteht ein modernes Druckzentrum
Den Schlusspunkt unter diesen Aufbruch in die moderne Zeitungsproduktion bildete der Bau einer neuen Druckerei in Ludwigshafen-Oggersheim. Am 10. Juni 1980 lief zum letzten Mal die Rotation im Pressehaus in der Ludwigshafener Amtsstraße und in der Pariser Straße in Kaiserslautern, ab dem nächsten Tag wurde nur noch in Oggersheim gedruckt. Ursprünglich plante man auch, Verlag und Redaktion der Druckerei nach Oggersheim folgen zu lassen. Dieser Umzug auf die „grüne Wiese“, den zu jener Zeit einige Verlagshäuser unternahmen und später bitter bereuen sollten, wurde jedoch nicht verwirklicht. Verlag und Redaktion blieben in der Innenstadt und damit nah am Geschehen und nah bei den Lesern. VON ANNETTE WEBER