Eine Zeitung hat viele Zielgruppen. Sie ist gewissermaßen eine Art Bauchladen, der möglichst jedem Leser etwas zu bieten hat. Bis in die 1990er-Jahre hinein waren Tageszeitungen allerdings nahezu ausschließlich zugeschnitten auf ein erwachsenes Publikum. Die RHEINPFALZ machte da nur bedingt eine Ausnahme, auch wenn sich in ihrer Wochenendbeilage schon ab den 1970er-Jahren ein großes Kinderrätsel zu Weihnachten etabliert hatte. Kinder und Jugendliche nahmen die Zeitung zwar wahr, manche fanden auch Zugang zur Zeitungslektüre – meist über die leichte Kost der Meldungen aus aller Welt oder über lokale Berichte von Vereinen, Festen, Schulveranstaltungen –, doch gemacht war sie von Erwachsenen für Erwachsene.Das Leseverhalten in den Familien änderte sich allmählich: Eltern und Großeltern legten immer mehr Wert darauf, dass auch ihre Kinder teilhaben am aktuellen Geschehen. Zudem fand die Zeitung auch immer mehr Beachtung im Schulunterricht als Quelle vor allem in sozialkundlichen Unterrichtsfächern.
Die RHEINPFALZ reagierte schon früh, führte 1994 eine wöchentliche Kinderseite mit dem neuen Maskottchen Nils Nager ein und erweiterte ihr Angebot für die neu entdeckte „junge Zielgruppe“ um eine eigene wöchentliche Jugendseite mit dem Titel „XX-Press“. Deren Konzept war auf dem deutschen Zeitungsmarkt ganz neu: Angeleitet von Profis, machten Schüler und Studenten hier ihre ersten journalistischen Schritte. Sie lieferten Ideen, trafen sich regelmäßig zu Redaktionssitzungen, wählten aus, welche Themen auf ihrer Seite stehen sollten, recherchierten und schrieben, begleiteten das Redigieren und Layouten.
Mit diesem Projekt veränderte sich die Zeitung: Denn im Miteinander lernten die jungen Hobby-Journalisten nicht nur, wie Zeitung funktioniert. Auch die RHEINPFALZ-Redakteure erweiterten ihren Horizont sprachlich wie inhaltlich. Nicht selten erreichte die Redaktionen Leserpost von älteren Menschen, die jede Woche schon neugierig darauf warteten, was die jungen Leute denn so zu schreiben hatten. Manche Themen allerdings waren älteren Lesern dann bisweilen auch etwas zu progressiv: Ein Artikel über Verhütung beispielsweise, garniert mit einem Foto von an einer Wäscheleine baumelnden kunterbunten Kondomen, sorgte mancherorts am Frühstückstisch für rote Ohren und brachte als Folge die Telefonleitungen der RHEINPFALZ zum Glühen.
Etliche der XX-Press-Mitarbeiter fanden bald so großen Gefallen am Zeitungsmachen, dass sie bald nicht mehr nur alleine für die Jugendseite schrieben, sondern auch über anderen Themen: Nach und nach wurden so Vereins- und Ratsberichterstattung moderner, neue Blickweisen eröffneten auch neue Themen für den Lokalteil. Nach über 20 Jahren war dieser Prozess soweit vorangeschritten, dass Die RHEINPFALZ sich zu einem Medium entwickelt hat, das täglich auf all seinen Kanälen Angebote machen kann, die die unterschiedlichsten Interessen von Lesern aller Altersgruppen bedient. Eine eigene Jugendseite war nicht mehr zeitgemäß, XX-Press wurde eingestellt.
Heute kümmert sich die RHEINPFALZ mit gezielten Angeboten insbesondere an Schulen vor allem um die Vermittlung von Medienkompetenz: Damit die jungen und jüngsten Leser das reflektierte Zeitungslesen lernen und Lust haben, dort täglich etwas Spannendes zu entdecken. VON TATJANA KLÖCKNER