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50 Jahre kreisfreie Stadt Neustadt

„Mussten uns damit abfinden“

Ernst Poh und Benno Zech erinnern sich an die Eingemeindung Hambachs – Hat sich zum Guten entwickelt

„Mussten uns damit abfinden“

Bei einer Abstimmung im September 1968 hatten die Mitglieder des Gemeinderats Hambach eine Eingemeindung nach Neustadt abgelehnt. 15 Ratsmitglieder votierten gegen den Anschluss an die Stadt, drei enthielten sich. Im Juni 1969 stimmte der Gemeinderat der Eingemeindung dann zu, nur ein Ratsmitglied der CDU war dagegen.  

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Oben thront die „Wiege der Demokratie“: Blick in die Hambacher Schlossstraße. Foto: ffg

„Die Eingemeindung hat keinem geschmeckt“, erinnert sich Ernst Poh, der als Vertreter der SPD im Gemeinderat war und 1969 auch Mitglied des ersten Ortsbeirats wurde. „Der Brix hat den Georg Jungmann als Bürgermeister nach Neustadt geholt, das hat den Ausschlag gegeben“, dass der Gemeinderat seine Meinung änderte, sagt Benno Zech (CDU), der erster Ortsvorsteher von Hambach wurde. Der CDU-Mann Georg Jungmann war Hambacher Bürgermeister. Nach der Eingemeindung wurde er in Neustadt „Bürgermeister der Vororte“. Außerdem wurde den Hambachern im Eingemeindungsvertrag ein Freibad versprochen. Hambach hätte schon seit einiger Zeit gern ein Schwimmbad gehabt, weiß Poh noch genau. Die Stadt habe diesen Wunsch erfüllt. Und letztendlich habe man gegen die Verwaltungsreform „nichts machen können, wir mussten uns damit ab finden“, sagt Poh.
  

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Ernst Poh. Foto: ann 

Viele Zugezogene dagegen

Er erzählt, dass vor allem die „Zugezogenen“ gegen die Eingemeindung gewesen seien. Die „Zugezogenen“, das waren „Aniliner“. Die BASF hatte für Mitarbeiter in Hambach Häuser gebaut. „Das war ein ganzes Baugebiet“, so Poh. „Die Aniliner wollten lieber in einem Dorf leben als in einer Stadt“, sagt Poh. Nicht zuletzt auch deshalb, weil in Hambach Steuern und Gebühren günstiger waren als in Neustadt. Zeitweise hatte es Überlegungen gegeben, gemeinsam mit Diedesfeld und eventuell weiteren Gemeinden eine Verbandsgemeinde zu bilden – obwohl Hambach und Diedesfeld sich traditionell nicht gerade mochten.
  

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Benno Zech. 
Archivfoto: Mehn

Infrastruktur mit Schwächen

Bei einer Bürgerbefragung im September 1968 hatten sich 77,4 Prozent der Wähler gegen den Anschluss des Dorfes nach Neustadt ausgesprochen. Allerdings war die Wahlbeteiligung mit 68,3 Prozent im Vergleich zu anderen Orten recht niedrig.

Hambach habe zwar Schulden, aber auch eine gute Infrastruktur gehabt, berichtet Poh. Allerdings hatte diese Infrastruktur ihre Schwächen. „Wir hatten Nachholbedarf bei der Wasserversorgung“, so Poh. Auch da wurden Verbesserungen versprochen. Hambach wurde an das Wassernetz der Stadtwerke angeschlossen, und die Stadt hat zur Verbesserung der Wasserversorgung investiert. Außerdem wurde zugesagt, dass Straßen erneuert würden. Die Andergasse wurde nach der Eingemeindung an den Kanal angeschlossen.
  

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Eingemeindungsgeschenk für Hambach und auch heute noch in Betrieb: das Freibad. Archivfoto: lm

Jungmann wollte Zech

Obwohl Hambach im Eingemeindungsvertrag einiges herausgehandelt hatte, „hat der ,Schorsch’ Jungmann dem Brix beim Unterschreiben des Vertrags nur Wasser angeboten, keinen Wein“, erzählt Benno Zech. Bei ihm habe Brix „immer genügend Wein bekommen“.

Dass Benno Zech der erste Hambacher Ortsvorsteher wurde, auch dafür hatte Georg Jungmann gesorgt. Benno und Rita Zech erzählen, dass Jungmann sie im Urlaub besucht und gesagt habe: „Benno, du musst Ortsvorsteher machen“. Jungmann habe ihm zugesichert, dass er als Ortsvorsteher höchstens zwei Stunden Arbeit pro Woche habe, denn die Stadtverwaltung kümmere sich um alles, berichtet Benno Zech.

„Die Eingemeindung hat sich im Lauf der Zeit zum Guten für Hambach entwickelt“, sagt Poh. „Die Hambacher sind immer noch Hambacher“, so Zech. „Die Hambacher Kerwe ist geblieben, wie sie war, und die Hambacher Vereine sind eigenständig geblieben“, sagt Poh. Der 88-Jährige war nicht nur im Gemeinderat, im Ortsbeirat und im Stadtrat, sondern auch in Vereinen aktiv und rund 30 Jahre Vorsitzender der Hambacher Winzergenossenschaft. ann
  

Reiche Braut wollte sich der Stadt nicht an den Hals werfen

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Ortsvorsteherin Gerda Bolz. 
Foto: CDU/frei

Hambach habe ja damals als „die reichste Braut“ unter den Ortsteilen gegolten, weiß die Hambacher Ortsvorsteherin Gerda Bolz. Diese Braut wollte sich allerdings nicht so einfach an den Hals der Stadt werfen: „Es wurde viel diskutiert und debattiert, mit allen Mitteln wollte man dies verhindern“, sagt Bolz im Rückblick auf die Eingemeindung vor 50 Jahren.

Hambach sei damals mit seinen 1700 Hektar flächenmäßig so groß gewesen wie die Stadt Neustadt mit ihren rund 30.000 Einwohnern. Das war ein Pfund: „Lieber wollte man Ackerland abgeben, als eingemeindet zu werden“, so die heutige Ortsvorsteherin. „In Hambach wurde die Demokratie geboren, will man sie hier wieder abschaffen?“, sei damals ein Ausspruch unter den Gegnern gewesen. Bekanntlich stimmten die Hambacher der Eingemeindung letztlich doch zu. Seit damals habe sich das Weindorf weiterentwickelt: „In Hambach wohnt und lebt man gerne“, betont Bolz. Der Bau des Schwimmbads und die Erweiterung der Schule hätten dazu beigetragen, dass sich vor allem Familien in Hambach wohlfühlten. Die Infrastruktur sei gut. Sehr stolz sei man als Ortsvorsteherin auf das ehrenamtliche Engagement, ohne das es zum Beispiel kein Schwimmbad mehr gäbe.

„Vergessen dürfen wir natürlich nicht unser Hambacher Schloss, das zeitweise nicht immer ein Segen für uns ist, dennoch lieben wir die ,Wiege der Deutschen Demokratie’.“

In Hambach müsse noch viel gearbeitet werden – das könne nur mit der Stadt beziehungsweise der Stadtplanung funktionieren. Laufende Projekte seien der Tourismus und die Verkehrsplanung. Als schwierig gestalte sich aber immer noch, „dass es meist mehrere Jahre dauert, bis unsere Wünsche umgesetzt werden.“ ffg