Die GmbH ist ein Joint Venture von Daimler Truck, Energie Baden-Württemberg (EnBW) und der Stadt Wörth. Das vor zwei Jahren gegründete Joint Venture soll die Möglichkeiten einer klimaneutralen Energieversorgung des Mercedes-Benz-Werks sowie der Stadt Wörth am Rhein mittels Tiefengeothermie prüfen.

Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet und soll umfassende Erkenntnisse zur Erschließung der Geothermie als Energiequelle im Oberrheingraben liefern, wozu als Partner die Georg-August-Universität in Göttingen, die Technische Universität Darmstadt, das ITB-Institut für Innovation, Transfer und Beratung gGmbH aus Bingen sowie das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) mit im Boot sind. Aufgrund seiner Nachhaltigkeit wird das Projekt zur Wärmegewinnung aus tiefer Geothermie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in der Phase bis zur ersten Bohrung mit rund zehn Millionen Euro gefördert.
Leuchtturmprojekt von drei Partnern
Das Leuchtturmprojekt wurde von den drei Partnern gemeinsam ins Leben gerufen, um die Nutzbarkeit des Erdwärmepotenzials in der Region zu untersuchen. „Wir freuen uns über die Förderzusage durch das BMWK. Sie bringt uns einen weiteren Schritt voran bei unserem Vorhaben der Transformation, neben den Produkten auch den LastwagenProduktionsstandort von Daimler Truck sowie gleichzeitig die Stadt Wörth mit nahezu CO2-freier Wärme zu versorgen. Dieses Verbundvorhaben zwischen Industrie, Kommune und Energieversorger ist so einzigartig in Deutschland“, meinte beim Projektstart vor einem Jahr der damalige Geschäftsführer WärmeWerk Wörth und bei Daimler Truck verantwortlich für Energieversorgung und Grüne Produktion am Standort Wörth, Thomas Neckenich. „Die Nutzung der Geothermie wird für die Unternehmen und die Bürger gleichermaßen bezahlbare und klimaneutrale Wärme liefern. Das ist ein riesiger Schritt in eine gute Zukunft“, zeigte sich auch Wörths Bürgermeister Dr. Dennis Nitsche begeistert.
Wesentlicher Bestandteil des Leuchtturmprojekts ist eine umfassende wissenschaftliche Begleitung. Die am Modellstandort Wörth am Rhein gewonnenen Daten über die Konzeptionierung, Exploration und Erschließung tiefer Geothermie sollen wertvolle Erkenntnisse für eine integrierte Wärmewende in der Region liefern und die Entwicklung weiterer Geothermie-Vorhaben in der Oberrheinebene vorantreiben.
Vibrotrucks im Einsatz
Nach knapp einem Monat konnten Anfang März die zur Erkundung des Untergrunds in Wörth und den umliegenden Gemeinden erforderlichen 3D-seismischen Messungen erfolgreich abgeschlossen werden. Seit 10. Februar waren dazu spezialisierte Vibrotrucks für das WärmeWerk im Einsatz. Die Fahrzeuge waren in mehreren Kolonnen aus bis zu drei Fahrzeugen in der Region unterwegs, um seismische Schwingungen in den Untergrund zu senden. Mit den mehr als 18.000 ausgelegten hochempfindlichen Signalempfängern, den sogenannten Geophonen, wurden die im Untergrund reflektierten Signale wieder aufgezeichnet. Seither am Laufen ist die Auswertung der gewonnenen Daten, die mehrere Monate in Anspruch nehmen wird und als Basis für die Identifikation des am besten geeigneten Standortes für eine anschließende geothermische Bohrung dient. Die Standortentscheidung soll bis Ende 2025 fallen. „Mit dem Abschluss der 3D-Seismik haben wir einen zentralen Meilenstein auf dem Weg zur klimaneutralen Wärme für Wörth und Umgebung geschafft. Wir haben jede Menge Vorarbeit geleistet und sind mit den Menschen vor Ort aktiv in den Dialog getreten. Nun gehen wir in die Phase der Standortfindung“, erklärt Udo Mertz, der seit 1. Mai 2024 nach Neckenichs Eintritt in den Ruhestand die Position des Geschäftsführers des WärmeWerk Wörth bekleidet. Sofern alles wie geplant funktioniert, soll im kommenden und übernächsten Jahr die Erschließung der Erdwärme erfolgen. Bei erfolgreicher Bohrung könnte das Geothermieheizwerk nach heutigem Stand ab dem Jahr 2027 gebaut und an das Wärmenetz angebunden werden, dessen Inbetriebnahme danach im Jahr 2028 geplant ist.
Imgrunde das gleiche Vorhaben – wenn auch um eine Erweiterung ergänzt – verfolgen die Karlsruher Firma Vulcan und die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF) in Ludwigshafen. Hintergrund ist, dass sich die BASF am Standort Ludwigshafen das ehrgeizige Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2045 Netto-Null CO2-Emissionen zu erreichen. Dampf spielt hierbei eine tragende Rolle, da er neben Strom der wesentliche Energieträger in der chemischen Industrie ist und mittels des Projektes zukünftig emissionsfrei hergestellt werden soll. Ein Weg dorthin ist die Nutzung geothermischer Energie, mit der die BASF einen großen Teil ihres Dampfbedarfs unabhängig von fossilen Brennstoffen decken könnte.
Nachhaltige Fernwärme
Und auch die Region würde profitieren – durch nachhaltige Fernwärme, die im Zuge des Projekts in die Wärmenetze eingespeist wird. Der Oberrheingraben, in dessen Gebiet sich nicht nur das BASF-Werksgelände befindet, sondern auch viele umliegende Städte und Gemeinden, bietet aus geologischer Sicht besondere Voraussetzungen, um bestehende geothermische Wärmepotenziale industriell aber auch zur Fernwärmeerzeugung zu nutzen.
Im Oktober 2024 haben die beiden Unternehmen eine Absichtserklärung unterzeichnet, um im Rahmen einer strategischen Partnerschaft den Einsatz geothermischer Energie am Ludwigshafener Standort des Chemieunternehmens zu prüfen und im Monat danach das Projekt gestartet. Gemeinsam wollen die Partner die Nutzung von Erdwärme aus Tiefengeothermie evaluieren, die das BASF-Stammwerk in Zukunft mit grundlastfähiger, erneuerbarer Energie versorgen könnte. „Durch eine erfolgreiche Erschließung könnten dort jährlich bis zu 800.000 Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden“, betont Hannah Kleindienst von der Vulcan-Medienabteilung. Neben der industriellen Nutzung werde zudem geprüft, ob die Erdwärme für die kommunale Fernwärmeversorgung der Städte Ludwigshafen und Frankenthal genutzt werden kann, die sich im ersten Schritt auch an der erforderlichen seismischen Erkundung beteiligten.
Synergieeffekte optimal nutzen
Um Synergieeffekte im Zuge des Projekts optimal zu nutzen, plant Vulcan darüber hinaus den Bau einer Lithiumextraktionsanlage zur Produktion von grünem Lithium aus dem heißen Thermalwasser des Oberrheingrabens. Das gewonnene Alkalimetall Lithium ist hochbegehrt, da es für die europäische Batterie- und Automobilindustrie, insbesondere für die Herstellung von Lithium-Ionen-Akkus, dringend benötigt wird. Dies geschieht durch die sogenannte Direkte Lithiumextraktion durch Adsorption (ADLE), ein ressourcenschonendes Verfahren.
Um die geologischen Gegebenheiten und das geothermische Potenzial genauer zu untersuchen, wurden – nahzu parallel zum vorgenannten Projekt in Wörth – seismische Untersuchungen durchgeführt. Die sogenannte 2D-Seismik mit Hilfe spezieller Vibrotrucks begann am 24. Februar und wurde am 6. März erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss an die Messungen werden nun die gesammelten Daten prozessiert und interpretiert, nach deren Auswertung erste geologisch-geophysikalische sowie technisch-wirtschaftliche Modelle entstehen sollen. Ziel ist es, das genaue Messnetz und die genauen Messparameter für die im Anschluss geplante 3D-Seismik festzulegen, die als Grundlage für die Standortwahl der anschließend geplanten Explorationsbohrung voraussichtlich im Winter 2025/26 stattfinden soll. Für die Prozessierung und Interpretation der Daten ist ein Zeitraum von etwa drei bis fünf Monaten vorgesehen.
„Der Abschluss der ersten seismischen Untersuchung in der Vorderpfalz ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Erschließung des geothermischen Potenzials, das uns hier im Oberrheingraben zur Verfügung steht. Gemeinsam mit der BASF verfolgen wir das Ziel, durch die natürlich vorkommende Erdwärme die Dekarbonisierung der heimischen Industrie voranzutreiben und die Haushalte in der Region mit grundlastfähiger, nachhaltiger Fernwärme zu versorgen. Die gewonnenen Daten aus den Messungen der letzten Tage helfen uns diesem Ziel einen bedeutsamen Schritt näher zu kommen und die Planung der anstehenden 3D-Seismik zu optimieren. Wir bedanken uns bei den beteiligten Gemeinden und der Bevölkerung für die konstruktiven Gespräche, das Verständnis sowie die Rückmeldungen und freuen uns nun darauf, weitere Projektschritte gemeinsam mit BASF umzusetzen“, so Thorsten Weimann, Geschäftsführer der Vulcan Energie Ressourcen GmbH. nof