Anzeigensonderveröffentlichung
Domspitzen

„Wörter, wie Samen in einem unbestellten Feld“

Vereint in Speyer: Sonja Viola Senghaus, Leiterin der Sektion Speyer des Literarischen Vereins der Pfalz, berichtet von der Autorengruppe Spira und der Liebe zu Literatur

„Wörter, wie Samen in einem unbestellten Feld“

Ein Teil der Autorengruppe Spira las 2019 anlässlich der Veranstaltung „Der Frühling buchstabiert sein Grün“ zu den Kulturwochen „Grynes Band“ in der Gothischen Kapelle (von links nach rechts): Hussein Amini, Dr. Maria Winter, Susanna Hedrich, Sonja Viola Senghaus, Ulrike Görgen, Loan Truong, Rosi Schmitt, Snezana Lazic, Dawn Anne Dister. Hinten im Bild ist Musiker Mariusz Rzymkowski zu sehen. FOTO: LITERARISCHER VEREIN DER PFALZ/SEKTION SPEYER  

„Literatur ist für mich eine Kunstgattung die mich begeistert, weil sie mich vom Alltag wegführt in andere Welten, in andere Gestaltungsformen, Sprechweisen verschiedener Genres der Poesie“. Dieses flammende Plädoyer für das künstlerische Wort stammt von der Speyerer Lyrikerin Sonja Viola Senghaus, die Leiterin der Sektion Speyer des Literarischen Vereins der Pfalz und der Autorengruppe Spira ist. „Die Literatur ist ein wichtiger Teil in meinem Leben. Sie hat mich auch durch schwere Zeiten getragen. Ich finde, dass literarische Texte Denkanstöße für vieles im Leben geben können“, sagt sie. Ihren ersten Lyrikband hat Senghaus im Jahr 2002 veröffentlicht.

Vereint in Speyer: Sonja Viola Senghaus, Leiterin der Sektion Speyer des Literarischen Vereins der Pfalz, berichtet von der Autorengruppe Spira und der Liebe zu Literatur

Die Faszination für das Lesen habe sie schon in ihrer Kindheit entwickelt, erste Gedichte mit 14 Jahren geschrieben. „Mein Taschengeld habe ich immer für Bücher ausgegeben, jede Woche war ich in der Bibliothek, um mir neuen Lesestoff zu besorgen“, erinnert sich die 73-Jährige. So habe sie sich wegträumen können, vom wirklichen Leben, aus einem familiären Umfeld, das ihre künstlerische und literarische Ausdrucksformen unterdrückte. „Das Kreative war immer in mir. Nur wurde ich zuhause nicht gefördert. Innerhalb der Familie wurde das nicht anerkannt“, erzählt Senghaus von einer Zeit der Enge. Daran festgehalten habe sie dennoch. „Es war wie eine Flucht – in die Literatur.“ Dort habe sie sich wohlgefühlt und heimlich geschrieben. „Beim Schreiben eines Gedichtes ist es so, als müsste ich in ein unbestelltes Feld neuen Samen, die Wörter, legen.“ Mit Büchern wie Heinrich Bölls „Ansichten eines Clowns“, Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“ und „Die traurigen Geranien“ sei ihr in ihrer Jugend erstmals literarisches Schreiben bewusst geworden. „Kafkas’ ,Verwandlung’ spiegelte meine eigene stille Revolte gegen die häusliche Welt und die Welt da draußen“, beschreibt Senghaus ihre Erlebnisse. In ihrer damaligen existenzialistischen Sichtweise sei sie mit Werken von Albert Camus, Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir unterstützt worden. Sie lese gerne Romanen, die sich mit Brüchen und Ausgrenzungen im Leben der Protagonisten beschäftigen – und sie liebe Gedichte, die literarisch ihre eigene Gefühlswelt ansprechen. Von Rose Ausländer über Rainer Maria Rilke bis Jan Wagner. Literatur eröffne neue Räume und Sichtweisen mit Hilfe einer Sprache, die sich von der Alltagssprache abhebe.

2010 ist Senghaus von Neulußheim nach Speyer gezogen. 2017 übernahm sie die Leitung der Sektion Speyer des Literarischen Vereins der Pfalz und der Autorengruppe Spira. Mit der ehrenamtlichen Tätigkeit im Verein sei sie der Bitte der ersten Vorsitzenden des Literarischen Vereins der Pfalz aus Landau, Birgit Heid, nachgekommen, eine Autorengruppe in Speyer zu gründen. „Ich habe mir seit meinem Zuzug nach Speyer immer eine aktive Literaturgruppe gewünscht. Die Sektion Speyer bestand bereits, aber ohne jeglichen persönlichen Austausch. So haben wir uns als Autorengruppe Spira installiert“, beschreibt die Leiterin die Anfänge der Gruppe. Beliebt ist bei den Mitgliedern das Schreiben nach Impulsen mit anschließender Diskussion – derzeit als einzige Möglichkeit der Kommunikation in Form von Online-Meetings. Der Austausch innerhalb des Vereins gebe Senghaus Denkanstöße von einzelnen Autoren, die mitunter neue Wege öffneten.

Senghaus übernimmt als Vorsitzende der Sektion Speyer auch organisatorische und buchhalterische Aufgaben, etwa die Verwaltung des Etats, verschickt Einladungen zu regelmäßigen Autorentreffen, gestaltet und terminiert, bereitet Lesungen für die Presse vor und auch nach, und verfasst Schreiben an Sponsoren. In der Volkshochschule Speyer gibt sie Schreibkurse.

„Wörter, wie Samen in einem unbestellten Feld“-2
Visuell interpretiert: Sonja Viola Senghaus steht vor einem Gemälde der Speyerer Künstlerin Gerdi König, das diese zum Gedicht „Ohne Kontur“ der Autorin gemalt hat. FOTO: NARIN UGRASANER

„Ein besonderes Ereignis war das 140-jährige Jubiläum des Literarischen Vereins der Pfalz im Jahr 2018, das unsere Sektion organisieren und im Historischen Ratssaal in Speyer begehen durfte“, berichtet sie. Mit eingeschlossen war dabei ein Dichter-Wettbewerb „Heimat – ein Ort und/oder ein Gefühl“. Eigene Werke vor einem Publikum vorzustellen und Lesungen zu veranstalten, das motiviere die Speyerer Autorengruppe. Vor Beginn der Pandemie bestand diese aus 15 Autoren. Inzwischen sind drei Mitglieder ausgeschieden, ein neues Mitglied ist dazu gewonnen worden und es haben sich dreiweitere interessierte Gäste der Gruppe angeschlossen. Jedes Mitglied des Vereins kann sich in verschiedenen Bereichen ehrenamtlich einbringen: sei es in der Vor- und Nachbereitung und unterschiedlicher Mitwirkung von Lesungen und Autorentreffen, in der Werbung von Mitgliedern, im Einbringen von Schreibimpulsen oder Veranstaltungsthemen. Der Verein bietet die Möglichkeit sich auszutauschen, Impulse zu bekommen und weiterzugeben. Außerdem können sich hier Menschen mit gleichen Interessen begegnen. Beitreten kann jeder, der sich für Literatur interessiert.

Der Verein sei zum festen Bestandteil ihres Lebens geworden – „auch wenn das Vereinsleben in der üblichen Form momentan noch auf sich warten lässt“, erklärt Senghaus. In ihrer Freizeit wandert sie oft, fotografiert unterwegs Naturmotive, schreibt Gedichte, versinkt in Büchern, und tanzt Zumba. „Ich liebe klassische und Jazzmusik, lerne immer noch Französisch, in der Hoffnung, unsere Freundeskreise in Frankreich wiederzusehen.“

Senghaus hegt eine weitere Hoffnung: nämlich jene, dass sich ihre Autorengruppe bald auch im „richtigen“ Leben wiedersehen und ihre Vereinsarbeit fortführen kann. Im September möchte die Gruppe ihr neues Programm „Tanzende Nordlichter“ für den Kultursommer Rheinland-Pfalz vorstellen. una

KOSTPROBE

Ohne Kontur

Einer Wolke gleich dein Gesicht undeutlich die Kontur: nur ein Schattenriss im launigen Wind

aus: Sonja Viola Senghaus – „Ein Nachhall: Gedichte“, Azur Verlag, Mannheim 2013

Literarischer Verein der Pfalz in Zahlen und Daten

• Gründung: 1878 in Neustadt mit dem Ziel der Pflege und Förderung des literarischen Schaffens in der Pfalz
• Mitglieder: circa 120 Mitglieder im gesamten Verein, ein Viertel davon in der Sektion Speyer
• Mitgliedsbeitrag: 35 Euro/Jahr
• Aktivitäten: monatlicher Rundbrief, jährliche Mitgliederzeitschrift, eine Jahresgabe (Anthologie oder Buch eines Mitglieds), Lesungen, weitere Literatur-Literarischer Verein der Pfalz in Zahlen und Daten veranstaltungen, Autorenseminare
• Besonderes: Interessierte Schreibende können ein halbes Jahr ohne Mitgliedschaft an den monatlichen Autorentreffen teilnehmen
• Kontakt zur Sektion Speyer/Autorengruppe Spira: https://literatur.dipago.de, Telefon: 06232 877 6083, E-Mail: sonjaviolasenghaus@yahoo.de
• Ansprechpartnerin: Sonja Viola Senghaus (Sektion Speyer)