Nur wenige Schritte vom Hof der Familie Breuer entfernt wächst das Gemüse, dem Schifferstadt den Spitznamen „Rettichstadt“ verdankt. Bei Sonnenschein, aber recht kühlen Temperaturen, sind die polnischen Erntehelfer an diesem Maimorgen auf dem Feld unterwegs. Gerade hat Tadeusz wieder fünf leuchtend rote Wurzeln beisammen und fasst sie mit einem Draht zu einem Bündel, bevor er sie in die bereitstehende Kiste legt.
Im Frühjahr ist auf dem Maurerhof Hauptsaison für Rettich. Vor allem, wenn es auf das Rettichfest zugeht. Denn Breuers gehören seit langem zu den Landwirten, deren Produkte auf dem Fest angeboten werden. Sepp Breuer, Sänger beim MGV 1854 Schifferstadt, beliefert traditionell das Festzelt des Vereins mit dem Gemüse, das vor Ort zubereitet und serviert wird. Die kurzen Wege garantieren, dass der Rettich bei der Veranstaltung immer frisch ist. „Ich habe schon auf dem Rettichfest gesessen und bin zwischendurch nach Hause gefahren, um Nachschub zu holen“, berichtet der 52-Jährige. Auch der Rettich für die anderen Vereine und die Stadtverwaltung stammen von Betrieben aus dem Ort oder der Umgebung.
„Rettich wird je nach Wetter ab Anfang Februar gesät“, erklärt Heike Breuer, die auf dem Betriebsgelände auch einen Hofladen betreibt. „Für das Rettichfest säen wir Mitte April“, ergänzt die 49-Jährige. „Wir haben hier einen leichten, humosen Lehmboden. Der ist für den roten Rettich besser geeignet als Sandboden“, sagt die Landwirtin. Um gut zu gedeihen, muss der Rettich regelmäßig bewässert werden, wenn es zu wenig regnet. Denn Rettich hat einen sehr hohen Wassergehalt.
Zu kalt mag das Gemüse es auch nicht haben. „Es sollte schon ein relativ warmes Frühjahr sein. Nachtfröste tun ihm nicht gut“, erläutert Sepp Breuer. „Und er muss mit Netzen abgedeckt werden“, fügt er hinzu. Denn wenn die Rettichfliege ihre Eier auf dem Gemüse ablegt, zerstören deren Maden die Pflanze. Auch Pilzkrankheiten können dem Rettich zu schaffen machen. Als überwiegend im Freiland angebautes Gemüse ist er immer dem Risiko ausgesetzt, dass Wetterkapriolen, Schädlinge und Krankheiten ihm zusetzen können.
Doch beim Blick auf die Wurzeln, die Tadeusz und seine Kollegen an diesem Tag ernten, ist Heike Breuer zufrieden: Die Rettiche sind prall und gut gewachsen. Schon kurz darauf rollt der Traktor auf den Hof – auf dem Anhänger stapeln sich die Kisten mit dem Rettich. Einen kleinen Umweg muss das Gemüse noch nehmen, bevor es in den Verkauf gehen kann. In der Halle steht eigens für den Rettich eine Waschanlage. Über ein Fließband läuft das Gemüse langsam durch und wird gründlich mit Wasser abgespritzt.
Und nur wenige Minuten später kann Heike Breuer das Gemüse in die Regale im Laden einsortieren. Oft vergeht nur eine halbe Stunde zwischen dem Herausziehen aus der Erde und dem Einräumen in die Auslage: Frischer geht es kaum. „Wir ernten rund 40.000 Bündel mit je fünf Rettichen pro Saison“, schätzt Sepp Breuer. Insgesamt macht das Gemüse jedoch nur einen kleinen Anteil an der Produktion aus. Auf rund einem Hektar wächst Rettich. Insgesamt gehören zum Hof 60 Hektar Ackerfläche, auf denen hauptsächlich Gemüse, aber auch Weizen, Erdbeeren und Rhabarber angebaut werden.
Verkauft wird der Rettich vorwiegend über den Laden. Dennoch legt er teils längere Wege zurück, denn verschiedene Marktbeschicker decken sich auf dem Maurerhof mit den Wurzeln und anderem Gemüse ein. So landet der Rettich aus Schifferstadt auch weit über die Grenzen des Rhein-Pfalz-Kreises hinaus auf dem Teller. Doch vermutlich wird er nirgends in solchen Mengen verzehrt wie auf dem Fest, das nicht nur mit seinem Namen ganz im Zeichen des Rettichs steht. sud