Anfang Mai hat Markus Zwick auf dem Sessel des Oberbürgermeisters der Stadt Pirmasens Platz genommen. Hat er sich da Schlimmes angetan? Das Image der „Schuhstadt“ ist nicht eben das beste. „Völlig zu unrecht“, wie Zwick findet. „Wir haben in den vergangenen Jahren eine exzellente Entwicklung genommen.“Und dies gelte es auch nach außen zu tragen. Im Interview spricht der Nachfolger von Bernhard Matheis über Schwerpunkte seiner Arbeit, über Herausforderungen – und über einige Tage ohne Handy- und Internet-Empfang.
Herr Zwick, sie haben mit dem ersten Tag nach den Herbstferien wieder die Arbeit aufgenommen. Wie war’s im Urlaub?
Wunderbar. Erholsam. Wir waren im Bayerischen Wald. Und ich habe mal gar nichts Dienstliches getan. Ging auch gar nicht. Kein Handy, kein Internet ...
Wie das? Ein bewusster Verzicht?
Pure Not. Wo wir waren, ging nichts. Da sind wir in der Südwestpfalz in Sachen Mobilfunkabdeckung ja vergleichsweise im Paradies. Aber mir kam das recht – und meine zwei Jungs wie auch meine Frau waren ziemlich froh drüber.
Jetzt hat Sie die Arbeit wieder. Geht sicherlich gleich wieder in die Vollen.
Ja. Ich habe noch am ersten Arbeitstag einen Termin beim Verkehrsministerium. Wir werden vorstellig wegen des Ausbaus der B 10. Der ist dringend notwendig. Es gibt ja positive Signale hinsichtlich eines möglichst schnellen Ausbaus, die kürzlich auch der für Verkehr zuständige Landesminister Volker Wissing gesandt hat. Es muss sich dringend etwas tun. Das ist für den Wirtschaftsstandort Pirmasens von ungeheurer Bedeutung.
Inwiefern?
Weil wir von der Rheinschiene abgehängt sind.Wir haben sehr viele Einpendler, die sozusagen aus dem tiefsten Saarland zu uns nach Pirmasens kommen. Über die A 8 ist das kein Problem. Aber in die andere Richtung ist bei Hinterweidenthal die Welt zu Ende, um es mal drastisch zu formulieren. Das darf nicht sein. Wir brauchen die Verbindung dringend; die B 10 ist in ihrem jetzigen Zustand gefährlich und stauanfällig. Gute Verkehrsanbindung ist ganz wichtig für die weitere positive Wirtschaftsentwicklung.
Die Ihnen am Herzen liegt ...
Sehr. Ich habe drei Schwerpunkte gesetzt, die sich auch in der Dezernatsverteilung der Stadtverwaltung widerspiegeln. Das eine ist die Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung. Da haben wir schon immens viel erreicht, da müssen wir aber auch noch einiges tun. Gleiches gilt beim zweiten Schwerpunkt: Soziales. Das liegt mir, der ich ja lange Jahre Amtsleiter im Jugend- und Sozialamt war, sehr am Herzen. Ich fülle auch als Oberbürgermeister die Funktion des Sozialdezernenten weiterhin aus, das war mir wichtig.
Unser Problem ist: Es gibt bei uns eine verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit. Die rührt noch her aus jener Zeit, da in der Schuhindustrie vor drei, vier Jahrzehnten im Zuge der Globalisierung viele Stellen verloren gegangen sind. Viele, die ihren Job verloren haben, hatten keinen Beruf, einige sogar keine Schulausbildung. Diese Menschen haben keinen Zugang mehr zum Arbeitsmarkt gefunden, und ihre Kinder sind in dieser Perspektivlosigkeit mit hängen geblieben. Da verharren ganze Familien in der Hartz-IV-Spirale.
Wie lässt sich denn dagegen angehen?
Es stellt sich dabei eben das Problem der mangelnden Qualifizierung. Pirmasens hat sich wirtschaftlich ungeheuer stabilisiert. So sehr, dass wir einen merklichen Fachkräftemangel beklagen müssen. Es werden Leute gesucht, aber es herrscht hohe Arbeitslosigkeit, die trotz der positiven Arbeitsmarktentwicklung der vergangenen Jahre noch immer im zweistelligen Bereich liegt. Freie Stellen, hohe Arbeitslosigkeit: Das hört sich zunächst nach einem Widerspruch an, ist es aber nicht. Sonst wäre es einfacher.
Also ist eine Art Qualifizierungsoffensive notwendig.
Wir nutzen da Möglichkeiten, die sich etwa durch das Teilhabe-Chancen-Gesetz bieten, gerne aus. Und das in einem Umfang wie wohl sonst keine Stadt im Land. Was die Integration Langzeitarbeitsloser betrifft, sind wir führend. Wir bringen Leute mithilfe staatlicher Förderung in Beschäftigung – und dabei geht es letztlich nicht darum, dass sich das im Geldbeutel der Betroffenen niederschlägt. Es geht vielmehr darum, den Menschen eine Perspektive zu geben, ihnen ein Selbstwertgefühl zu vermitteln. Das kann sich dann auch auf die nachfolgende Generation der Betroffenen positiv auswirken.
Insofern, als in Familien, die den Ausstieg aus der Abwärtsspirale schaffen, auch die Kinder bessere Chancen haben?
Insofern, als Kinder dann womöglich innerhalb ihrer Familie viel besser dabei unterstützt werden, einen Schulabschluss zu erwerben, eine Ausbildung zumachen. Sie haben dann eine ungleich bessere Perspektive als ihre Eltern.
Wirtschaft, Soziales – der dritte Schwerpunkt?
Dabei geht es mir um die Außenwahrnehmung. Pirmasens hat ein Image, das einfach nicht zutreffend ist. In der Draufsicht mag sich das so darstellen: hohe Sozialausgaben, hohe Verschuldung, Leerstände. Dabei hat sich die Stadt doch positiv entwickelt. Das ist der Entwicklung von Unternehmen zu verdanken, die hier investiert haben, Großes leisten.Das ist aber auch und vor alle mein Verdienst der Pirmasenser Bürger. Die haben nämlich die Ärmel hochgekrempelt, haben in die Hände gespuckt – und für einen Aufschwung gesorgt. Hier hat sich einiges gedreht, von der Hoffnungslosigkeit hin zu guten Perspektiven. Diese Positiventwicklung wird in der Außenansicht oftmals gar nicht wahrgenommen. Der Blick ist zu sehr dominiert von den Problemen, da fällt das Schöne leider hinten runter.
Also gilt es, das Image aufzupolieren.
Unbedingt. Denn diese liebenswerte Stadt hat ungeheuer viel zu bieten.
Danke Ihnen für das Gespräch. INTERVIEW: CHRISTIAN HAMM
INFO
Markus Zwick (CDU) ist im November zum Oberbürgermeister gewählt worden und hat das Amt Anfang Mai angetreten. Bis dato war Zwick hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt. Den Bürgermeisterposten hatte der 41-Jährige Jurist zwei Jahre lang inne. Schon 2003, gleich nach dem Zweiten Juristischen Staatsexamen, war Zwick ins Rathaus gekommen. Der Südwestpfälzer aus Überzeugung stammt aus Leimen unweit von Pirmasens, ist dort als Sohn eines Försters im Forsthaus aufgewachsen. Die Liebe zur Natur ist daher früh aufgeblüht. Der Familienvater, der mit seiner Ehefrau Julia zwei Söhne hat, wandert gerne.