Im Dezember trat Marold Wosnitza (SPD) sein Amt als Oberbürgermeister von Zweibrücken an. Der begeisterte Sportler ist ein Quereinsteiger: Jahrgang 1965, Kindergarten, Schule, Abi, Sport und Projekte in Zweibrücken, Studium der Erziehungswissenschaften in Landau, Professur in Aachen. Dazwischen auch mal in Australien. Noch steckt er mitten in den Kennenlern- und Antrittsbesuchen. Doch dies sei von Beginn an klar: Zweibrücken müsse sich in der Region verankern – und dabei Westpfalz und Saarland im Auge haben.
Herr Wosnitza, Forscher und Verwaltung: Geht das zusammen?
Sehr gut. 80 Prozent der Arbeit, die Sie auf Professuren machen, ist reine Verwaltungstätigkeit. Von daher: Man kennt das komplette Verwaltungsprogramm, nicht von oben nach unten, aber von unten nach oben. Man kennt den ein oder anderen Hemmschuh von der Verwaltung, versteht aber auch, dass gewisse Abläufe so sind, wie sie sind.
Warum wollten Sie Bürgermeister werden?
Das ist eine der schwierigsten Fragen, die ich seit dem Amtsantritt immer wieder gestellt bekomme. Das kommt nicht von heute auf morgen, auch wenn die Entscheidung durch den Tod von Kurt Pirmann dann innerhalb einer Woche fallen musste. Man kann konsistent politisch nicht tätig werden, wenn man nicht da ist. Alles läuft die Woche über – das kann man noch machen, wenn man in Saarbrücken arbeitet, aber nicht, wenn man in Aachen ist. Dass ich Bürgermeister bin, hat aber natürlich auch damit zu tun, dass ganz viele Leute sich reingehängt haben. Jetzt sind wir, wo wir sind, und ich find's gut.
Wo sind wir denn in Zweibrücken?
Zweibrücken ist eine Stadt zum Wohlfühlen. Das empfinde ich so und ganz, ganz viele Leute auch. Ich höre immer wieder, dass Zweibrücken eine schöne Stadt ist – die ihre Schwächen hat. Zweibrücken ist eine grüne Stadt, eine, in der man sich kennt, in der man die Grundversorgung hat, mit all dem, was man braucht. Aber natürlich keine Einkaufsstadt mehr, und da sind wir bei den Schwächen.
Das wundert mich nun. Ich glaube eher, dass viele Menschen in der Westpfalz Zweibrücken für die Einkaufsstadt schlechthin halten.
Ja, wir haben so etwas wie zwei Innenstädte: eine auf dem Berg, das ist das Outlet Center, und eine im Tal, die auf Nahversorgung ausgelegt ist. Wir haben dort noch vieles, was gut funktioniert, aber wir haben auch Leerstände, wir haben das Problem, das nach 20 Uhr kaum noch was los ist. Wir haben ein City Outlet, das leer steht … Leider gibt es auch ein Anbindungsproblem zwischen Innenstadt und Hochschule. Es sind nur sieben Minuten vom Campus zur Innenstadt, aber es ist kein zusammenhängendes Gebiet. Das ist ein psychologisches Phänomen. Wir, Stadt und Hochschule, überlegen schon, wie wir die Verbindung stärken können.
Strahlt das Image der Wohlfühlstadt denn aus?
Auch von Touristen kommt immer wieder die Rückmeldung, dass wir eine Wohlfühlstadt sind. Aber ich denke, wir müssen komplett neu in die Vermarktung rein. Es fehlt ein solides Zielgruppenkonzept. Wir werden nicht die Touristen bekommen, die zwei Wochen in der Stadt Urlaub machen. Touristisch können wir uns nur regional vermarkten. Das meint die Anbindung an die Westpfalz, aber Zweibrücken muss auf jeden Fall das Saarland mitdenken, die Biosphäre Bliesgau ist ja vor der Haustür. Zweibrücken und das Saarland bilden einen Wirtschaftsraum, Zweibrücken und Homburg gehen ineinander über – allerdings getrennt durch eine Landesgrenze. Das macht die Sache schwierig.
Was man beispielsweise an der Diskussion um die Reaktivierung der Bahnstrecke sieht.
Wir müssen den ÖPNV allgemein besser verknüpfen. Den Bahnanschluss Homburg – Zweibrücken brauchen wir zwingend. Der ist für uns sowohl touristisch wie wirtschaftlich notwendig. Das würde übrigens auch Homburg aufwerten.
Sie sprechen von regionaler Vermarktung. Wie beurteilen Sie, was bisher passiert?
Wenn wir von der Westpfalz reden, sehe ich die Außenwahrnehmung noch sehr stark auf Kaiserslautern konzentriert. Das ist kein Vorwurf, dort ist viel, das strahlt aus. Zweibrücken ist derzeit noch ein bisschen zurückhaltend, was das Engagement in der Westpfalz angeht, obwohl wir Mitglied im Verein ZRW sind. Es laufen schon Gespräche darüber, wie wir unser Engagement verstärken können. Eins ist klar: Wenn Sie nur am Rand agieren, können Sie auch nicht viel einfordern. Viele Vereinsprojekte vom ZRW finde ich extrem unterstützenswert.
Welche?
Die Vermarktung der Wirtschaftsregion als Gesamtes. Auch da müssen wir darauf achten, dass wir die Region als Ganzes vermarkten. Ich formuliere mal so: Wenn ich keine Fläche habe für einen Gewerbeanbieter, dann sehe ich die Ansiedlung lieber in Pirmasens als in Hamburg. Das setzt voraus, dass jemand den Überblick hat – und das ist sicherlich der ZRW. Das gleiche gilt auch für Fördertöpfe. Und außerdem muss man das Rad nicht ständig neu erfinden. Es gibt gute Beispiele anderswo, da kann man sich was abschauen. Interview: Klaudia Gilcher