Anzeigensonderveröffentlichung
Region mit Zukunft

Künstliche Intelligenz ändert einiges

„Arbeitsmarkt der Zukunft“: Interview mit der Wirtschaftsgeographin Dr. Anne Otto über den Arbeitsmarkt in der Westpfalz, Automatisierung, künstliche Intelligenz und vieles mehr.

Weltweit schreitet die Digitalisierung in enormem Tempo voran und verändert die Berufswelt. Auch in der Westpfalz, die sich im Spannungsfeld von traditionellem Handwerk und hochmoderner Technologie befindet. KI-Systeme und Roboter werden immer leistungsfähiger und sind zunehmend in der Lage, Aufgaben selbstständig zu übernehmen. Wirtschaftsgeographin Dr. Anne Otto ist als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Regionalen Forschungsnetz des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) unter anderem im Bereich regionale Arbeitsmarktforschung tätig und gibt Einblicke in den „Arbeitsmarkt der Zukunft“.

Dr. Anne Otto FOTO: LEIBNIZ-UNIVERSITÄT HANNOVE
Dr. Anne Otto FOTO: LEIBNIZ-UNIVERSITÄT HANNOVE

Frau Dr. Anne Otto, der Arbeitsmarkt in der Westpfalz verändert sich - gefühlt rasant. Arbeitgeber suchen verzweifelt nach Fachkräften, Ausbildungsbetriebe tun sich schwer damit, Ausbildungsplätze zu besetzen. Gleichzeitig ist aber auch die Arbeitslosenquote im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Wie sieht aus Ihrer Sicht der Arbeitsmarkt der Zukunft in der Westpfalz aus?
Dr. Anne Otto:
Die jetzt bestehenden Engpässe am Arbeitsmarkt werden sich noch weiter drastisch verschärfen. Lange ging man davon aus, dass die intensive Alterung der Erwerbsbevölkerung zu Beginn der 2020er Jahre einsetzt, da ab dann in Relation zu den Jüngeren verstärkt ältere Arbeitskräfte aus dem Berufsleben ausscheiden. Durch die Zuwanderung der letzten zehn Jahre hat sich dieser Zeitpunkt etwas weiter nach hinten verschoben. Aber es wäre ein dauerhaft hohes Niveau der Zuwanderung langfristig erforderlich, um den Mangel zu kompensieren.

Bezüglich der technischen Automatisierung muss man sagen, dass sie nicht per se gleichbedeutend mit dem massiven Verlust von Arbeitsplätzen ist. Diese Befürchtungen wurden durch zahlreiche Studien zu den erwarteten Auswirkungen digitaler Technologien auf die Arbeitswelt ausgeräumt. Vielmehr ist eine höhere Arbeitsplatzdynamik zu erwarten, indem viele neue Jobs entstehen, aber zugleich auch wegfallen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass einzelne Berufe obsolet werden. Aber es werden sich vor allem die Tätigkeiten in Berufen ändern. Wenn einzelne Tätigkeiten durch digitale Technologien ersetzt werden, entstehen neue Anforderungen und Tätigkeitsschwerpunkte in den betreffenden Berufen. Aber man muss auch daran denken, dass es nicht nur darum geht, dass Berufe verschwinden. Sie verändern sich auch.

Werden Automatisierung und Künstliche Intelligenz (KI) bestimmte Berufe überflüssig machen? Welche Berufe werden künftig davon besonders stark beeinflusst werden?
Dr. Anne Otto:
Es gibt bei Berufen unterschiedlich hohe Vulnerabilitäts- und Automatisierungspotenziale. Besonders stark betroffen sind Berufe im Bereich Fertigung. Kaum betroffen sind Berufe, bei denen die Interaktion mit anderen Menschen, ob als Kunde, Studierender/Schüler oder Patient eine hohe Relevanz hat.

Aber es werden sich vor allem die Tätigkeiten und Anforderungen in den einzelnen Berufen stark verändern. Mittlerweile ist es auch so, dass nicht nur Helfer- und Fachkraftberufe betroffen sind, sondern auch Berufe mit komplexeren Anforderungen, für die ein Hochschulstudium voraussetzend ist.

Was macht einen Beruf substituierbar und welche Faktoren beeinflussen die Nachhaltigkeit eines Berufs?
Dr. Anne Otto:
Das Substituierungspotenzial kann man am Anteil von Routinetätigkeiten messen. Diese Tätigkeiten folgen bestimmten Standards und Heuristiken und lassen sich deshalb leichter durch Technologien ersetzen als Berufe, in denen Innovationsarbeit und Interaktion mit Menschen wichtig sind.

Kann man schon Auswirkungen dieser Entwicklung sehen?
Dr. Anne Otto:
Ja, in Berufen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial geht die Beschäftigung schon jetzt tendenziell zurück. Gute Beispiele dafür sind Berufe in der Fertigung, im verarbeitenden Gewerbe und auch im Handel. Im Bereich Verwaltung findet man ebenfalls schon heute Rückgänge.

Was würden Sie Berufstätigen empfehlen, um in einer sich ständig verändernden Arbeitswelt langfristig relevant zu bleiben?
Dr. Anne Otto:
Wichtig für alle Arbeitnehmer, auch für junge Menschen, die jetzt in das Arbeitsleben eintreten, ist die Offenheit für lebenslanges Lernen und die Erkenntnis, dass der erste erlernte Beruf nicht unbedingt der zuletzt im Erwerbsleben ausgeübte Beruf sein wird. Außerdem gilt es, internationale Kompetenz zu erwerben: Internationale Fachkräfte mittlerweile eine hohe Bedeutung für den regionalen Arbeitsmarkt. Die Beschäftigung in der Westpfalz hat seit 2013 um 21.000 Personen zugenommen. Von diesen Beschäftigten haben 70 Prozent eine ausländische Staatsangehörigkeit. Junge haben Menschen müssen sich natürlich fragen, was ihnen im Arbeitsleben wichtig ist. Viele Schulabgänger interessieren sich für Bürojobs, insbesondere solche, in denen auch Homeoffice möglich ist. Andererseits gehören Handwerksberufe zu den Berufen, in denen die Digitalisierung zwar Einzug gehalten hat, die aber kein hohes Substituierungspotenzial haben. Interview: Miriam Dieckvoẞ-Ploch