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Wenn ich male, baue ich eine Beziehung zu meinen Bildern auf. Ich male mit Ehrlichkeit und Herz, es kommt aus der Seele, der Verstand muss schweigen“, erklärt Ali Mousa. Seine Bilder erzählen von Freiheit, Frieden und von Träumen – viele davon mit Bezug zu seinen kurdischen Wurzeln und den Spuren, die gewaltsame Auseinandersetzungen hinterlassen haben. Mousa wohnt mit Ehefrau und den vier Kindern seit 2014 in Neustadt.
Seine Inspiration sind eigene Erlebnisse, aber auch Schilderungen von Freunden aus der Region um Amuda im Norden Syriens. In dieser Stadt hatte Mousa mit seiner Familie gelebt und als studierter Kunstpädagoge gearbeitet, ehe er 2013mit Frau und Kindern aus politischen Gründen in die Türkei flüchten musste.
Für den Krieg in Syrien, die Zerstörung und den Verlust der Heimat steht das Gemälde „Kobani weint“. Die mehrheitlich von Kurden bewohnte Grenzstadt wurde monatelang von der IS-Terror-Miliz besetzt. Im Hintergrund wütet das Feuer entlang einer Häuserreihe, Rauchwolken steigen aus den Flammen. Davor, mit Abstand zur zerstörerischen Szenerie und sie beobachtend, dominiert die Figur eine Frau. Sie steht auf einem abgebrannt anmutenden Feld, die Arme in hilfloser Verzweiflung gen Himmel gereckt.
Nur wenige Bilder Mousas sind so gegenständlich gemalt, bei den meisten Werken bevorzugt er eine abstraktere, subtile und symbolisierende Ausdrucksform, ineinanderfließende Formen und Farben. Gelb- und Rottöne kombiniert er gerne mit kontrastierendem Blau, liebt beider farbliche Harmonie. In einem anderen Gemälde begeben sich zwei Frauen aus der zerstörten Stadt Afrin auf die verbrannten Olivenhaine. In festliche Gewänder gekleidet, tanzen und singen sie, erwecken dadurch die Bäume zu neuem Leben. „In diesem Bild habe ich den Traum einer Freundin aus Afrin umgesetzt, von dem sie hofft, dass er wahr wird“, so Mousa.
Seine Liebe zum „Mutterland Kurdistan“ und seiner Stadt Amuda drückt er in einem anderen Bild aus. Zentral eine Person, wiederum mit erhobenen Armen, blickt herab auf die Heimat. „Er fliegt am Himmel auf der Suche nach Freiheit und Hoffnung. Ich musste das Land verlassen, weil ich einer der Menschen war, die ihre Stimme gegen das Assad-Regime und für Freiheit erhoben“, zieht Mousa die Parallele. „Ich habe viele Dinge, die mir wichtig sind, mit nach Deutschland gebracht: Freiheit, Kultur und Tanz. Auch die Bilder sind meine Botschaft an meine neue Heimat.“
In Neustadt hat Mousa schnell Fuß gefasst.Das ist nicht zuletzt seiner Umtriebigkeit zu verdanken, seinem Bemühen um Integration und um Verständnis. Davon zeugen zahlreiche Auftritte seiner Theatergruppe „Hoffnung“, sie war bald auch in anderen Städten bei Veranstaltungen gefragt. Gleichermaßen gestaltete er Kurse für kurdische Tänze und bestückte Ausstellungen im Rahmen städtischer Kulturreihen. Aktiv ist er darüber hinaus im Verein „Reng Art“, einem weltweiten Zusammenschluss kurdischer Künstler. Durch den Verkauf von Kunstwerken leisten die Künstler direkte Hilfe für die Bevölkerung in Syrien. Bei aller positiven Resonanz in Neustadt bedauert Mousa hingegen, dass sich ihm bislang keine Möglichkeit geboten hat, beruflich auf Dauer Fuß zu fassen. Drei Jahre lang arbeitete er in Teilzeit beim CJD Neustadt als Kunst- und Sozialerzieher. Ebenso absolvierte er ein Praktikuman der Realschule plus in Edenkoben. Langfristige berufliche Perspektive ergaben sich nicht. „Ich habe vier Jahre lang Kunst studiert, in Amuda 20 Jahre lang als Lehrer unterrichtet und dort meine pädagogische Befähigung erworben“, betont er, was er auch belegen kann.Mehrere Versuche startete er, seinen Studienabschluss anerkennen zu lassen. „Das hat zum Teil geklappt, aber das pädagogische Zertifikat lässt sich leider nicht leicht besorgen, weil es in meiner früheren Schule liegt“, so Mousa. Zumindest eine Anstellung als Kunstlehrer hätte er sich gewünscht, stellte er doch seine Kompetenzen bereits unter Beweis.
Aufzugeben entspricht jedoch nicht seinem Naturell, und so kümmert Mousa sich seit Anfang des Jahres als Fachkrafthelfer um zwei Menschen der Camphill Lebensgemeinschaft in der Neustadter Königsmühle als Bezugsbetreuer. Parallel dazu absolviert er vorwiegend im Online-Studiu meine Weiterbildung mit dem Schwerpunkt Jugend- und Heimerziehung bei der Fachschule für Sozialwesen in Kirchheim/Teck. „Für einen Fremdsprachler eine Herausforderung, denn es gibt in Fächern wie Pädagogik, Psychologie oder Rechtswesen viele Fachbegriffe“, sagt er.
Soweit es die Zeit neben Beruf, Fortbildung und Familie zulässt, widmet sich Ali Mousa der Malerei. Einen Raum gibt es dafür in der Wohnung nicht. Als „Atelier“ dient ein Schuppen, von der Vermieterin zur Verfügung gestellt. „Im Winter werde ich wohl eine kreative Pause einlegen müssen“, so Mousa, denn der Notbehelf ist nicht beheizt. „Ein Atelier in der Innenstadt wäre schön“,meint er und entwickelt weitere Ideen: „Gerne würde ich eine Kunst-Ecke einrichten mit Ausstellung und Kunstkursen, kombiniert mit einem Café.“ anzi