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Grünstadter Weinwettstreit

Mit der Krone spielen die Enkel

Erinnerungen der ersten Weingräfin aus Asselheim – Ehrenamt gern ausgeübt

Mit der Krone spielen die Enkel

Hannelore Dietrich, geborene Herbst, erste Weingräfin der Unterhaardt, die aus Asselheim stammte, blättert in Erinnerungen ihrer Amtsperiode 1960/61. FOTO: BENNDORF

Zur Eröffnung des Grünstadter Weinwettstreits am heutigen Freitag ist geplant, die 71. Weingräfin des Leiningerlandes zu krönen. Mara I. ist das fünfte Mädchen aus dem nördlichen Ortsteil der Stadt. Die erste Repräsentantin für die Region und ihre Rebensaftprodukte aus Asselheim war Hannelore Herbst. Sie hat auch einen großen Staatsmann getroffen.

Erinnerungen der ersten Weingräfin aus Asselheim – Ehrenamt gern ausgeübt

1960/61 war Hannelore Dietrich, die damals noch ihren Mädchennamen Herbst trug, die elfte Weingräfin der Unterhaardt. Die junge Frau, die auf einem Bauernhof mit Weinbau groß geworden ist und am liebsten Bulldogs fuhr, löste Lina I. Schreiber (heute: Krieg) aus Gerolsheim ab. Aktiv beworben hatte sie sich nicht. Vielmehr war sie vom Asselheimer Ortschef Johann Philipp Armbrust vorgeschlagen worden. „Ich absolvierte gerade die Landwirtschaftsschule in Frankenthal“, erinnert sich Dietrich. Eigentlich habe sie Friseuse werden wollen. Doch sie habe im elterlichen Betrieb mitarbeiten müssen, weil der Vater durch einen Unfall einen Fuß verloren hatte.

Bei ihrer Krönung im September 1960 wurde auch das 25. Jubiläum des Weinwettstreits gefeiert. Die 20-Jährige bekam die gleichaltrige Winzertochter Ute Gensheimer, die auch aus Asselheim stammte, als Weinbaronesse zur Seite gestellt. Die RHEINPFALZ schwärmte damals von Hannelore I. als einem „schlanken und biegsamen“ Mädchen „mit frohen Augen“. Sie bringe äußerlich alle Voraussetzungen mit, über ein weinfrohes Volk das Zepter zu schwingen, hieß es in der Zeitung. Das dunkle Haar „im forschen Herrenschnitt gekämmt“, bilde einen schönen Kontrast zur silbernen Krone.

In einem Café in der Vorstadt habe sie ihre Ernennungsurkunde aus den Händen von Bürgermeister Karl Walter erhalten, erinnert sich Dietrich. Zur Inthronisierung, bei der ein Riesen-Römerglas von Mund zu Mund die Runde machte, sei sie mit einer Kutsche aus Asselheim abgeholt worden – ein Ritual, das bis heute üblich ist. Zur Zeremonie kam auch Rudolf Hammer, der Landrat des Kreises Frankenthal, zu dem Asselheim damals gehörte.

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15. Juni 1961 in Grünstadt: Weingräfin Hannelore I. (rechts) hält den Römer, den sie dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt,zum Ehrentrunk reichen möchte. FOTO: BENNDORF

Die Übergabe der Insignien der Macht haben in einem riesigen Zelt stattgefunden, das den gesamten Luitpoldplatz einnahm. „Es war voll besetzt, viele Hundert Besucher waren anwesend“, blickt die Seniorin zurück und weiß noch, dass sie etwas aufgeregt war, als sie vor so vielen Menschen ihre Antrittsrede halten musste. Geschrieben hatte sie diese noch nicht selbst – auch das ist bis dato so geblieben. Verwaltungsinspektor Karl Stumpf habe sie mit ihr verfasst.

Bei ihrem großen Tag steckte sie in einem schicken Dirndl. „Auf dem Rock waren lauter Kelche abgebildet und das Oberteil, das ich über einer weißen Bluse trug, war schwarz“, sagt die 82-Jährige. Darüber war sie in einen roten Samtmantel gehüllt. „Den durfte ich nach dem Amtsjahr behalten und ich hab mir daraus ein Kleid machen lassen.“ Auch die Krone ging in ihr Eigentum über. Mit der hätten irgendwann ihre vier Enkel gespielt, so Dietrich. Nur das Zepter, in das dann jeweils der Name der vorübergehenden Besitzerin eingraviert war, habe sie weitergeben müssen: am 14. September 1961 an ihre Nachfolgerin Gudrun Wendel (später: Schmetzer) aus Sausenheim.

Bevor es aber so weit war, hatte Herbst viele Veranstaltungen zu besuchen, um dort auf ansprechende Weise die Region zu repräsentieren. „Meist war ich auf Kerwe-Umzügen oder Weinfesten, aber auch beim Fasching in Frankenthal und beim Parkfestin Dirmstein“, erzählt sie. „Dabei trug ich ein extra für mich angefertigtes silbernes Collier aus aneinandergesetzten Traubenblättern.“ Ein Termin blieb ihr besonders im Gedächtnis. Es war der 15. Juni 1961. Da war Willy Brandt in Grünstadt. Auf dem Schillerplatz reichte sie dem damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin den Riesen-Römer für den Ehrentrunk. Dass sie damit dem späteren Bundeskanzler ganz nahe war, ahnte sie freilich nicht.

Das Ehrenamt der Weingräfin habe sie sehr gern ausgeübt, sagt Dietrich. Schließlich sei sie viel herumgekommen und überall herzlich empfangen worden. Sie habe jede Menge nette Leute kennengelernt. Und der eigenen Persönlichkeitsentwicklung hat diese besondere Aufgabe „gut getan“. Pfälzische oder gar Deutsche Weinkönigin wollte Herbst, die 1964 ihren Schulfreund Dieter Dietrich heiratete und Mutter zweier Söhne ist, nie werden. abf