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Gesundheit & Wohlbefinden - Frankenthal, Bad Dürkheim, Grünstadt

„Alle müssen sich wohlfühlen“

Interview: Expertin Martina Staubitz zum Schlafbedürfnis von Babys

„Alle müssen sich wohlfühlen“

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Frischgebackene Eltern sind oft den Großteil der Nacht auf, um den Nachwuchs zum Schlafen zu bringen. Martina Staubitz, Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenschwester, ist dank diverser Fortbildungen im Schlafcoaching Expertin in Sachen Babyschlaf. Im Interview gibt sie Tipps, betont aber zugleich, dass es keine Wundermittel gibt.
    

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Schwieriges Thema: Babyschlaf. FOTO: KRISTINA ZATUROVSKA/PIXABAY

Was sind die häufigsten Schlafprobleme bei Babys?

Bei Neugeborenen und Säuglingen liegen häufig Probleme mit der Selbstregulation, also dem Aushalten und dem Umgang mit Spannungen und Reizen, vor. Dies gehört neben dem Aufbau von Bindung zu den Entwicklungsaufgaben im Säuglings- und Kleinkindalter. Durch Schlafmangel verlieren Babys schnell die Orientierung – und geht es den Eltern genauso, schaukelt sich die Situation zu einem emotionalen Gefühlschaos hoch. Aber auch bei Kleinkindern haben noch zwölf bis 20 Prozent Störungen beim Einschlafen.
    

Wovon sind frischgebackene Eltern besonders überrascht?

Viele überschätzen das Schlafbedürfnis ihrer Kleinen. Der Schlafbedarf eines Kindes bleibt nie über ein Jahr hinweg gleich, bereits innerhalb des ersten Lebensjahres wird er nicht nur deutlich geringer, er verteilt sich auch anders. Die Nacht komplett durchzuschlafen ist eine Entwicklung, die die meisten Kinder erst mit drei Jahren erlangen.

Gibt es irgendein Schlafverhalten, das als „normal“ im Babyalter bezeichnet werden kann?

Man hört immer wieder von „Wunder-Babys“, die nach vier Wochen durchschlafen – aber die meisten dieser Geschichten stimmen nicht, und Durchschlafen heißt bei Babys, dass sie fünf bis sechs Stunden am Stück schlafen. Man sollte also nicht erwarten, dass ein Säugling von abends um sieben bis morgens um sieben Uhr schläft.

Welche Erste-Hilfe-Maßnahmen können Sie den Eltern geben?

Das Wichtigste ist Ruhe bewahren. Tief in den Bauch atmen. Nicht zu viele unterschiedliche Beruhigungsstrategien hintereinander anwenden, weniger ist hier mehr. Spitzt sich die Situation zu, sollte man sein Kind, wenn möglich, einpacken und rausgehen. Spürt man Wut aufsteigen, dann das Kind an einen sicheren Ort legen und kurz den Raum verlassen, um sich wieder zu beruhigen. Bitte niemals ein Baby schütteln, denn dies kann zu lebensgefährlichen bis tödlichen Verletzungen führen.

Wie sieht Ihr Schlaf-Coaching genau aus?

Mein Anliegen ist es, Eltern und Kind in der Situation abzuholen, in der sie sich gerade befinden. Anhand eines Schlafprotokolls wird der tatsächliche Ist-Zustand beurteilt, gemeinsam finden wir eine kindgerechte und auf das Alter sowie die Entwicklung des Kindes abgestimmte Alternative zur bisherigen Beruhigungsstrategie. Wie können Eltern ihr Kind begleiten, ihm „zuhören“, es trösten, ihm zeigen, dass es seine Gefühle bei den Eltern lassen kann, dass es sicher und geborgen lernen kann, eigenständig ein- und durchzuschlafen. Ich vermittle Wissen über kindliche Entwicklung und Bedürfnisse und altersentsprechende Beruhigungsstrategien. Falls weiterführende Hilfen notwendig sind, unterstütze ich auch hierbei. Am Wichtigsten ist mir: Alle müssen sich wohlfühlen!

Wieder in Mode ist die Ferber-Methode, die durch das Buch „Jedes Kind kann schlafen lernen“ bekannt wurde…

Hierbei werden Kinder über mehrere Minuten alleine weinen gelassen, das geht meist auf Kosten der emotionalen Sicherheit und der Fähigkeit des Kindes zur Eigenregulation. Manchmal müssen Babys aber weinen, um Stress abzubauen. Wenn andere Gründe für das Weinen wie volle Windeln, Hunger, Unverträglichkeiten, Schmerzen oder Reflux nicht vorliegen, kann das Weinen für Säuglinge eine echte Befreiung sein – denn Weinen ist die einzige Sprache, die Säuglinge beherrschen. Das heißt aber keinesfalls, dass man Babys stundenlang schreien lassen soll. Wichtig ist, das Weinen liebevoll zu begleiten. Eine Überstimulierung durch ständig wechselnde Tragepositionen, heftiges Schaukeln, Dauerstillen oder Ähnliches sind aber dabei wenig hilfreich und belasten alle Beteiligten zusätzlich.

Wo sollten Babys schlafen?

Das ist eine schwierige Frage, über die Experten streiten, ohne zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen. In Deutschland wird empfohlen, die Kinder nicht mit im Elternbett schlafen zu lassen, um die Gefahr des plötzlichen Kindstodes zu verringern. Gängige Empfehlungen sind: eigenes Bett im Schlafzimmer der Eltern, Schlafen im Schlafsack, Kopf, Gesicht, Arme und Hals frei, eine feste, luftdurchlässige Matratze, Schlafen mit Schnuller, 16 bis 18 Grad Celsius und das Baby abwechselnd zum Kopf- und Fußende der Matratze legen, um Vorzugshaltung vorzubeugen.

Wer kann helfen, wenn man verzweifelt oder übermüdet ist?

Eltern sollten sich schon früh ein Netzwerk aufbauen. Ansonsten gibt es die Möglichkeit, schnelle, unbürokratische, kostenfreie und anonyme Hilfe bei Erziehungsberatungsstellen, Schreiambulanzen und über „Frühe Hilfen“ zu bekommen. Ansonsten ist es sinnvoll, Geduld und Gelassenheit an den Tag zu legen und schlicht und einfach zu akzeptieren, dass es zwischendurch auch mal schlaflose Nächte geben kann. Doch diese Phase geht vorüber, und die meisten Kinder schlafen die komplette Nacht im Alter von drei bis vier Jahren durch.   INTERVIEW: ANNE KIRCHBERG   

KONTAKT

„Frühe Hilfen“, Martina Staubitz, Mo 15-16 Uhr, Kreiskrankenhaus Grünstadt, Wochenstation. Di 15-16 Uhr, SOS Beratungs- und Familienzentrum Eisenberg, Kerzenheimerstraße 42. Di 10-11.30 Uhr, Familienbüro in Hettenleidelheim, Turnhallenstraße 52. Info: 06351 490331, Handy: 0162 7031844. Die Hilfe ist unbürokratisch, kostenfrei, anonym und obliegt der Schweigepflicht.