Eigentlich sollte der Kerwetanz eine Belustigung anlässlich der Kirchweih in Berghausen werden. Doch einige Soldaten aus der Garnison Speyer tanzten an diesem Abend sprichwörtlich „aus der Reihe“, so dass eine handfeste Auseinandersetzung mit mehreren Verletzten zu verzeichnen war.
Speyerer Geschichten: Kerwetanz läuft durch prügelnde Soldaten aus dem Ruder
Die Gemeinde Berghausen stellte im 19. Jahrhundert einen damals so bezeichneten „Belustigungsort“ vor den Toren der Domstadt dar, zu dessen Gaststätten und Gartenwirtschaften, wie den bekannten „Mattern’schen Garten“, man von Speyer aus gerne Ausflüge unternahm. So auch im September des Jahres 1832, als in Berghausen Kirchweih gefeiert wurde. Von der Aussicht auf Unterhaltung abseits des streng reglementierten Kasernenalltags angezogen, machten sich auch einige Soldaten des in der Garnison Speyer liegenden 14. Linien-Infanterie-Regiments und des 5. Cheveauleger-Regiments (leichte Kavallerie) in den Nachbarort auf, um sich dort am Kerwesonntag zu amüsieren.
Doch schon im Lauf des Nachmittagsfielen die Cheveaulegers durch ihr aggressives Verhalten auf und gerieten sowohl mit den ebenfalls anwesenden Infanteristen wie auch mit der „Landbevölkerung“ in Streit. Man zeigte sich zwar besonnen und war bemüht, allen Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen, was aber nicht gelang, so dass es bereits am Nachmittag erste Verletzte unter den Kirchweihbesuchern gab.
Während des abendlichen Kerwetanzes lief die Situation immer mehr aus dem Ruder, denn die Kavalleristen hatten ihre Sporen an den Stiefeln belassen, so dass sie beim Tanzen mehreren Berghauser Mädchen die Kleider zerrissen. Sämtliche Appelle, die metallenen Sporen zu umwickeln, verhallten ergebnislos. Die „Neue Speyerer Zeitung“ berichtete über den weiteren Fortgang des Kerwetanzes: „Die wilden Ritter umgürteten sich mit ihren Säbeln, und als man sie, nachdem neuerdings ein Kleid zerrissen ward, nochmals in dieser Beziehung auffordern wollte, sollen sie sogleich auf den ersten, der mit ihnen zu sprechen versuchte, gehauen, und denselben bedeutend in den Kopf verwundet haben“.
Die Anwesenden zeigten sich über dieses Verhalten entrüstet, was die Soldaten mit erneuten Säbelhieben quittierten, wobei wieder drei „Landleute“ verletzt wurden. Doch auch ohne Waffen zu führen, gelang es den zivilen Gästen schließlich, die Reiter zu „zähmen“. „Einer der letztern erhielt einen Stich in den Leib mit seinem eigenen Säbel, den man ihm aus der Faust wand; andere Säbel wurden teils zerbrochen, theils durch Vorhalten hölzerner Stühle pariert“.
Während dieses bewaffnete Handgemenge im Tanzsaal wogte, flüchtete ein Teil der Soldaten; die verbliebenen wurden von den friedlichen Besuchern der Tanzveranstaltung überwältigt, festgehalten und schließlich den zwischenzeitlich herbeigerufenen Vertretern der Speyerer Militärbehörden übergeben.
„Wir enthalten uns aller Bemerkungen, außer der, daß es wahrhaft unverzeihlich ist, wenn man die Soldaten mit Säbeln an solche Plätze sich begeben lässt“, resümierte die „Neue Speyerer Zeitung“ am Ende ihres Berichts und fügte, wohl im Hinblick auf das nach dem Hambacher Fest, das wenige Monate zuvor erst stattgefunden hatte, in der Pfalz herrschende Klima hinzu, dass der Zwischenfall in Berghausen keinen politischen Charakter gehabt hatte. lh