„Der Engländer nicht mehr ... Sein schrecklich, muckste sich Schweigen war ... heftiger als der wildeste Zorn." Der Mann, dem hier die Worte fehlen, heißt Herlock Sholmes. Der Name verbirgt gewollt notdürftig, dass damit Englands Meisterdetektiv gemeint ist. Was war passiert, wer besitzt die Fähigkeit, dieses Genie zu überlisten? Ein Franzose war's: Arsène Lupin. Der Verlag Matthes & Seitz hat die ersten Abenteuer des charmanten Diebes aus der Feder von Maurice Leblanc neu übersetzt herausgebracht.
Die Fantasiefigur des 20. Jahrhunderts von Anfang ist ein Verwandlungskünstler, der als „Gentleman-Gauner" bevorzugt Menschen heimsucht, die den Verlust ob ihres Reichtums verschmerzen können. Dieser Meisterdieb hat bis heute eine erstaunliche Karriere hingelegt und wurde so auch zum Vorbild für die Netflix-Serie „Lupin“ mit Filmstar Omar Sy (,,Ziemlich beste Freunde").
Maurice Leblanc, geboren am 11. Dezember 1864 in Rouen, gestorben am 6. November 1941 in Perpignan, wuchs in der Normandie auf und arbeitete als Journalist in Paris. Erfolg brachte ihm seine Arbeit als Schriftsteller. Arsène Lupin soll er im Auftrag des Verlegers der Zeitschrift „Je sais tout", Pierre Laffitte, erfunden haben. Die Figur könnte in dem Einbrecher Marius Jacob, dessen Prozess Leblanc 1905 verfolgte, ein reales Vorbild haben.
Der Verleger schielte wohl auf den Erfolg der Geschichten über Sherlock Holmes, den Arthur Conan Doyle in der Zeitschrift ,,The Strand Magazine" erzielte. Holmes, der Meisterermittler - Lupin, der meisterhafte Täter. In der heutigen Zeit, in der sich Superhelden viele Materialschlachten liefern, langweilen Lupins Original-Abenteuer zumindest den Action suchenden Leser schnell. Doch die Rollenwechsel der Hauptfigur, allerlei Wendungen und nicht zuletzt Lupins Schwäche für Frauen ziehen Anhänger des sanfteren Krimis in die Welt dieses Klassikers hinein. Eine Welt mit Licht und Schatten, in der Arsène Lupin gleich mal verhaftet wird, die Spielkarte Herz-Sieben eine schauerliche Rolle spielt, eine wertvolle schwarze Perle abhanden und Herlock Sholmes schließlich zu spät kommt.
Der neue ,,Lupin" kam in Deutschland 2021 heraus: Assane Diop (Omar Sy), inspiriert von Arsène Lupin, beschließt, seinen Vater zu rächen, dem von einer reichen Familie Unrecht zugefügt worden war. Diop will ein wertvolles Schmuckstück stehlen ... Die Serie spielt auch in der Normandie, wo die Tourismusbranche die Film- und Roman-Schauplätze bewirbt, darunter Étretat mit seinem Lupin-Museum. ms
INFO
Maurice Leblanc: "Arsène Lupin - Der Gentleman-Gauner", Matthes & Seitz Berlin, 2021, 238 Seiten, gebunden, Neuübersetzung, 18 Euro