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75 Jahre Rheinland Pfalz - Landau

Die Puzzleteile passen dann doch zusammen

Die Puzzleteile passen dann doch zusammen

Peter Altmeier (rechts) mit seinem ersten Kabinett: Jakob Steffan, Adolf Süsterhenn und Fritz Neumayer ( vorne von rechts). In der zweiten Reihe: Hans Junglas, Willy Feller und Wilhelm Bökenkrüger. FOTO: DENA-BILD

Die französische war auch die letzte der drei westlichen Besatzungsmächte, die politische Betätigung wieder zuließ. Und dann auch nur auf regionaler Ebene und nicht in der gesamten Besatzungszone, oder gar zonenübergreifend. Zu tief saß die Angst vor einem erneuten Aufflammen des Nationalsozialismus.Die ersten Schritte Richtung Selbstverwaltung und Demokratie erlaubte die Militärregierung im Herbst 1946 mit Gemeinderats- und Kreistagswahlen. Aus diesen Gremien wurden am 17. November 1946 die 127 Mitglieder der Beratenden Landesversammlung gewählt. Diese hatte den Auftrag, eine Verfassung auszuarbeiten. Das ging nicht ganz reibungslos über die Bühne. Vor allem der Streit um die Schulverfassung brachte die Verhandlungen ins Stocken. Christliche Bekenntnisschule oder Simultan schule? Bei dieser Frage zeigten sich deutlich die konfessionellen Unterschiede in den Regionen. Am Ende stimmten die Bürger über die Schulverfassung, in der Konfessionsschulen verankert wurden, getrennt von der Landesverfassung ab und billigten sie mit knapper Mehrheit.

Die Pfalz ist schon etwas Besonderes. Ihre Eigenständigkeit hat sie sich auch als Landesteil von Rheinland-Pfalz bewahrt. So haben wir Pfälzer beispielsweise einen Bezirkstag, die Rheinhessen, Trierer und Koblenzer nicht. Dennoch gehören die Rheinland-Pfälzer eindeutig zusammen. Denn alle, auch die Pfälzer, sind heute recht zufrieden mit ihrem Bundesland und ihrer Landeshauptstadt Mainz. Auch wenn das nicht immer so war.

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Der „Gründer“ von Rheinland-Pfalz: General Pierre Koenig (rechts), hier mit Botschafter Robert Murphy (Mitte) und US-General Lucius Clay 1948 bei der Übergabe der „Frankfurter Dokumente“. FOTO: PICTURE-ALLIANCE / AKG-IMAGES
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Das Wappen von Rheinland-Pfalz bewahrt die Erinnerung an die reiche Geschichte der einzelnen Landesteile: das Trierer Kreuz, das Mainzer Rad und der Pfälzer Löwe. FOTO: FREDRIK VON ERICHSEN/DPA

Nur knappe Mehrheit für die Verfassung

Und auch bei der Abstimmung über die Landesverfassung vor genau 75 Jahren, am 18. Mai 1947, wurde es knapp. 53 Prozent der Bürger stimmten für die Verfassung, 47 Prozent dagegen (Wahlbeteiligung 77,7 Prozent). Im Regierungsbezirk Pfalz hatten gar 59,7 Prozent gegen die Verfassung gestimmt. Überwältigende Zustimmung sieht anders aus.

Es hätte damals durchaus andere Optionen gegeben. Beispielsweise die Pfalz zu Bayern zurückkehren zu lassen, oder sie an Baden-Württemberg anzugliedern. Die Regierungsbezirke Koblenz und Trier hätten ganz gut zu Nordrhein-Westfalen gepasst, Rheinhessen und Montabaur gut zum Land Hessen. Das alles wurde auch heftig und emotionsgeladen diskutiert. Im April 1956 fanden sogar entsprechende Volksbegehren statt. Denn das 1949 beschlossene Grundgesetz der Bundesrepublik sieht die Möglichkeit einer Neugliederung von Ländern vor.

Aber am Ende blieb alles, wie es war. Die beiden Pfälzer Volksbegehren scheiterten, weil die erforderliche Mindestanzahl von zehn Prozent der Wahlberechtigten nicht erreicht wurde. In den anderen Regionen fanden Volksentscheide statt, allerdings erst viele Jahre später. Und da hatte die Zeit offenbar für das einst so ungeliebte „Bindestrich-Land“ gearbeitet. 1975 votierten in den drei Regierungsbezirken die Bürger für den Verbleib bei Rheinland-Pfalz.

Rheinland-Pfalz wird zum „Flugzeugträger der Nato“

Ausschlaggebend für die zunehmende Akzeptanz war offenbar der wirtschaftliche Aufschwung – das „Wirtschaftswunder“, das auch in Rheinland-Pfalz zu wachsendem Wohlstand führte. Der Tourismus boomte in den 50er-Jahren und brachte Geld ins Land. Aber auch die Industrie wuchs und mit ihr die Städte, wie zum Beispiel Ludwigshafen, dem die BASF jahrzehntelang hohe Gewerbesteuereinnahmen bescherte. In Kaiserslautern gab es Arbeit bei Pfaff und Opel, im Raum Pirmasens (noch) in der Schuhindustrie und in Mainz bei den Schott-Glaswerken und dem ZDF. Die bisher strukturschwache Westpfalz, aber auch Hunsrück und Eifel profitierten von den Stützpunkten und Flugplätzen der US-Truppen. Rheinland-Pfalz wurde zum „Flugzeugträger der Nato“.

Bereits 1950 waren Landesregierung und Landtag aus ihrem Koblenzer Ausweichquartier in das bereits 1946 von den Franzosen zur Landeshauptstadt bestimmte Mainz gezogen, wo wegen der großen Kriegszerstörungen zunächst keine geeigneten Gebäude zur Verfügung standen. Auch dies ein Schritt in Richtung größerer Akzeptanz für das Bundesland. Denn der regionale Schwerpunkt verlagerte sich nun vom Norden, von der ehemaligen preußischen Rheinprovinz, in die Mitte.

Dies geschah unter der Ägide von Ministerpräsident Peter Altmeier (CDU), der mehr als zwei Jahrzehnte (1947 – 1969) die Geschicke des Landes in den Händen hatte und zu einem echten Landesvater wurde. Altmeier war der zweite Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, allerdings amtierte der erste keine zwei Monate lang. Wilhelm Boden (CDU) war im Dezember 1946 von den Franzosen zum vorläufigen Ministerpräsidenten bestellt worden. Nach den Landtagswahlen im Mai 1947, bei denen die CDU 48 (47,2 Prozent) die SPD 34 (34,4 Prozent), die Liberale Partei und Soziale Vereinigung elf (9,7 Prozent) und die KPD acht (8,7 Prozent) Sitze erzielt hatte, wurde Boden auch vom Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt. Weil es ihm nicht gelang, eine Regierung zu bilden, trat er aber bereits Anfang Juli wieder zurück. Für die Rheinland-Pfälzer ist somit „Landesvater“ Altmeier der eigentlich erste Ministerpräsident.

In Altmeiers Ägide fällt auch die „Rittersturz-Konferenz“. Im rheinland-pfälzischen Koblenz trafen sich im Juli 1948 die Ministerpräsidenten aus den drei Westzonen und schufen – auf Betreiben der Besatzungsmächte – die Grundvoraussetzung für das Entstehen der Bundesrepublik. Vier Vertreter des Landes Rheinland-Pfalz waren im Parlamentarischen Rat in Bonn an der Ausarbeitung des Grundgesetzes beteiligt: Adolf Süsterhenn und Albert Finck (beide CDU) sowie Friedrich Wilhelm Wagner und Karl Kuhn (beide SPD). Am 8. Mai 1949 wurde das Grundgesetz dann angenommen; zehn Tage später stimmte der Mainzer Landtag zu. Rheinland-Pfalzwar nun Teil der Bundesrepublik Deutschland.

Mit dem westdeutschen Entwicklungstempo Schritt zu halten, fiel Rheinland-Pfalz anfangs schwer. Das Land hinkte in der Industrialisierung hinterher, war in Teilen der Pfalz, der Eifel, dem Hunsrück und Westerwald sowie an Mosel und Nahe dünn besiedelt und strukturschwach. Diese Regionen galt es nun zu fördern, größere Landflucht zu verhindern. Flüchtlinge und Vertriebene mussten untergebracht werden. In Städten wie Ludwigshafen, Kaiserslautern, Mainz und Koblenz herrschte noch bis Ende der 50er-Jahre Wohnungsnot.

Sieben Ministerpräsidenten und eine Ministerpräsidentin haben seither die Geschicke des „Landes der Rüben und Reben“, wie Rheinland-Pfalz lange Zeit verspottet wurde, gelenkt. Manche regierten jahrzehntelang, einige waren ziemlich schnell wieder weg. Einer schaffte es sogar anschließend zum Bundeskanzler: Helmut Kohl. Der CDU-Politiker aus Ludwigshafen war übrigens derjenige, der die damals von den Christdemokraten gegen alle Widerstände durchgeboxte und 1947 von den Pfälzern so vehement abgelehnte Konfessionsschule 1970wieder abschaffte. ANNETTE WEBER
   

LITERATUR:

Hedwig Brüchert: „Geschichte von Rheinland-Pfalz“
in: Geschichte der deutschen Länder. Entwicklungen und Traditionen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. hgg. von Werner Künzel und Werner Rellecke.
Münster 2005, Seiten 279-298.