„Von beachtlich gutem Format“ – das attestierte die RHEINPFALZ im Jahr 1975 der „NPG Times“, der Schülerzeitung des Kirchheimbolander Nordpfalz-Gymnasiums. Großes Lob von den Profis für die kleinen Schülerreporter? Nun ja, dieses Urteilwürde im Nachhinein schon fast despektierlich klingen – denn große Teile der damaligen Times-Redaktion haben sich auch im echten Leben journalistisch einen Namen gemacht.Von errungenen Auszeichnungen weiß einer aus der dreiköpfigen Gründer-Chefredaktion zu berichten, sogar davon, dass er als Schülerzeitungsmacher im öffentlich-rechtlichen Hörfunk interviewt wurde. 1973 ist die Times aus der Taufe gehoben worden, erzählt Horst Konzok weiter. Zuvor hatte es „Sapere aude“ gegeben, die aber eingestellt wurde und „ein wenig den Ruf als Kommunistenblatt hatte“ – was wohl am Ende auch Anzeigenkunden gekostet habe.Konzoks Mitstreiterinnen in der Chefredaktion waren Ellen Dietrich, später langjährige Fotochefin bei „Die Zeit“, und die Kriegsfelderin Christine Koeberlin, die unter anderem für die ZDF-Drehscheibe journalistisch aktiv war. Ein Mitglied des Redaktionsteams war zudem „ein begnadeter Grafiker und Karikaturist“, wie sich Konzok schmunzelnd erinnert: ein gewisser Thomas Behnke, der nicht nur schreiben, sondern eben auch toll zeichnen konnte. Und der mittlerweile seit Jahrzehnten das Gesicht der Kirchheimbolander RHEINPFALZ-Redaktion geprägt hat. „Das ist schon außergewöhnlich“, sinniert Horst Konzok, „so viele Leute, die dann im Journalismus landen“ – er verweist gleichzeitig darauf, dass natürlich noch viele andere an dem Erfolgsprodukt mitgewirkt haben.
Viele Redakteure haben sich bei Schülerzeitungen begeistern lassen. Ein Magazin aus dem Donnersbergkreis scheint ein echtes Sprungbrett. Auch für einen, der die Sportwelt kennt wie kaum ein anderer.
Bleibt Horst Konzok selbst: Der Zellertaler – das ist kein Geheimnis – ist der Branche ebenfalls treu geblieben, der er sich als Schüler verschrieben hat. Eigentlich sogar schon als Grundschüler: „Mit sieben, acht Jahren wollte ich Rundfunkreporter werden“, erzählt er. Wegen der Bundesligakonferenzen – und weil er sein großes Idol Timo Konietzka interviewen wollte. Dass Konzok den ehemaligen Nationalspieler, der im Dress von Borussia Dortmund das allererste Bundesliga-Tor erzielte, später kennenlernen durfte, ist sozusagen das I-Tüpfelchen. Aber irgendwie auch schon fast selbstverständlich, wenn man sich betrachtet, welche hochrangigen Persönlichkeiten und wie viele markante Orte den Jungen aus Harxheim als jahrzehntelangen Leiter des RHEINPFALZ-Sportressorts erlebt haben.
Diesen Posten nämlich bekleidete er ab 1. Januar 1994 – zuvor war er Redakteur in Pirmasens, Ludwigshafen und Kibo gewesen. In der BASF-Stadt spielte eine der wohl spektakulärsten Geschichten seiner Karriere: Beim Besuch des damaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow mit Altkanzler Helmut Kohl sorgte Konzok dafür, dass die internationale Pressekonferenz für Medienvertreter aus aller Herren Länder mit einer Viertelstunde Verspätung begann. Weil er sich mit den beiden weltpolitischen Schwergewichten zu seinem und deren Herzensthema Fußball verquatschte. Dass er mit den bei den als einziger Journalist ungestört reden konnte, hatte Konzok seinem mühevoll aufgebauten Vertrauensverhältnis zu Kohl zu verdanken: Der ließ ihn – bei strengem Journalistenverbot – als Sicherheitsbeamten akkreditieren.
Das Thema Russland ist heute wieder sehr präsent bei Horst Konzok. Die Fußball-EM in der Ukraine und Polen war das letzte große Turnier, von dem er vor Ort berichtete. „Ich habe mich immer sehr stark mit den Städten beschäftigt, in denen ich war“, schildert er – und zu denen zählten 2012 auch Lwiw und Charkiw. Die aktuellen Bilder des russischen Angriffskriegs in der Ukraine „berühren einen schon sehr“, sagt Konzok.
Mindestens genau so gerne wie an Welt- und Europameisterschaften erinnert er sich an die ungezählten Termine auf und neben Pfälzer Sportplätzen. Natürlich auch an etliche Sportgrößen – wobei er solche wie Franz Beckenbauer oder Uli Hoeneß bereits in jungen Jahren für die „NPG Times“ interviewt hatte.Wichtig sind ihm auch die vielen Benefizspiele, die er mit organisiert hat: unter anderem 2015 in Rockenhausen nach der Flut im Moscheltal.
Auch 2022, zwei Jahre, nach dem er in die Passivphase seiner Altersteilzeit eingetreten ist, sind nur wenige Sportarenen sicher vor Horst Konzok. Endlich hat er auch wieder mehr Zeit für die unteren Fußballligen, die ihm so sehr am Herzen liegen. Der Sport lässt ihn nicht los.
Und dabei hatte er seinen Traumjob doch im Jahr 1992 gefunden: Damals wurde er zum Redaktionsleiter berufen in seiner Heimatredaktion Kirchheimbolanden. Er war zwar lediglich 15 Monate da, ehe der nächste Traumjob als Sportchef rief, seine Spuren sind aber noch immer gegenwärtig. Nur ein Beispiel: Wenn Sie sich auf der samstäglichen Titelseite der Donnersberger Rundschau am „Donnersberger Echo“ mit zugehöriger Karikatur erfreuen – eine Konzoksche Innovation.
Übrigens: Auch andere Schulen haben sehr gute Schülerzeitungen, und bei vielen von ihnen haben heutige Redakteure ihre ersten Erfahrungen gemacht. Der Sprung von der „NPG Times“ zur RHEINPFALZ scheint aber in der Tat ein vorgezeichneter zu sein. Jüngstes Beispiel: Kollegin Lea Ochßner, die seit 2020 Redakteurin in Kibo und Rockenhausen ist – wenngleich die Schülerzeitung zu ihrer Zeit „Zartbitter“ hieß. TORBEN MÜLLER