Für den Strukturwandel der Pfalz im 19. Jahrhundert typisch sind Häufungen einzelner Erwerbszweige in einzelnen Dörfern, die sozusagen zum Markenzeichen wurden. Besonders im Westen gab die karge Landwirtschaft wenig her; die Gegend war weit von industriellen Zentren entfernt, die Not bisweilen groß. Nur manchmal entdeckte ein findiger oder vom Glück begünstigter Kopf ein neues Gewerbe, das seinen Mann bemerkenswert gut nährte. Klar, dass Nachbarn, Freunde, schließlich das halbe Dorf das nachahmenswert fanden und gewissermaßen auf den fahrenden Zug aufsprangen. Ungefähr so kam es zum Bürstenbinderdorf Ramberg, zur Händlergemeinde Carlsberg, zum Handkeeszentrum Lustadt oder eben zum Musikantenland mit den Zentren Jettenbach und Mackenbach, jeweilsmit umdie 500 im Lauf der Zeit nachweisbaren Musikanten.
Kulturgeschichtliche Ausblicke: Pfälzer Musikantenweg der verbandsgemeinde Weilerbach
Voraussetzung war, dass die Jahre, in denen die spätere Pfalz um 1800 französisch war, die Gewerbefreiheit brachten, die auch in bayerischer Zeit beibehalten wurde. Die Regierung beargwöhnte zwar das Westpfälzer Musikantentum, weil es aber die Armut minderte, unternahm man nichts dagegen. Wann und warum man gerade dort in besonderem Maße begann, zu fiedeln und zu tröten, ist ungewiss, Beziehungen zur unter Kurfürst Karl Theodor blühenden Mannheimer Hofkapelle sind äußerst spekulativ. Um 1850 nahm das Wandermusikantentum Fahrt auf, vor dem Ersten Weltkrieg boomte es geradezu. Nach dem Krieg kam es kaum wieder auf die Beine. Unter Hitler wurde es erst reglementiert und 1939 verboten.
Kleine Kapellen zogen durch die Dörfer der zunehmend weiteren Umgebung, spielten auf Plätzen und in Wirtschaftssälen; erfolgreichere hatten lange und regelmäßige Engagements in englischen Seebädern, auf Ozeandampfern oder in den USA. Über Sommer war man unterwegs, im Winter probte man daheim. Da es keine Musikschulen gab, lernte der Nachwuchs bei erfahrenen Praktikern. Die Kapellen nährten daheim auch Instrumentenbauer und Uniformschneider.
Die Verbandsgemeinde Weilerbach hat im Zuge ihrer touristischen Expansion bewusst diesem ehemaligen Berufszweig mit dem noch zu zertifizierenden Qualitätsweg ein Denkmal gesetzt.
Wer der Markierung mit der weißen Tuba auf blauem Feld auch in die Nachbarkreise folgt, gelangt in die typischen Musikantendörfer Mackenbach und Jettenbach, die Hochburgen der Wandermusikanten. Ein Besuch des mit historischen Instrumenten und Dokumenten wohlgefüllten, mit sinkenden Inzidenzen wohl bald wieder geöffneten Musikantenmuseums in Mackenbach sowie des bildhauerisch-sehenswerten Musikantenbrunnens in Jettenbach und der typischen Musikantenhäuser lohnt.
Natürlich hat der überaus engagierte federführende verantwortliche Tourismusbeauftragte Volker Halfmann bei der Planung noch mehr im Sinn gehabt: erholsames Eintauchen in eine reizvolle Landschaft mit wunderbaren Aussichtspunkten, mit freiem Blick über das Pfälzer Bergland, weit in die Ferne. Ein symbolträchtiges Bild, das für die Musikanten bei ihrem Aufbruch ins Ungewisse steht.
Etwas Kondition braucht der Wanderer freilich: 600 Höhenmetern Steigung sind zu überwinden. Elf Infotafeln vermitteln Wissenswertes über das Wandermusikantentum und die Gemeinden. hap
INFO
Pfälzer Musikantenweg: 26,5 km, Reichenbach-Steegen - Jettenbach - Kollweiler - Erzenhausen - Schwedelbach - Ramstein-Miesenbach - Mackenbach. Signet:Weiße Tuba. Flyer: www.weilerbach.de/tourismus/wandern/flyer-musikantenweg2.jpg?cid=5ay.t27 Info: VG Weilerbach, Touristikbüro, Rummelstraße 15, 67685 Weilerbach, Telefon 06374 922111, www.weilerbach.de