Hosenbeine hochkrempeln und hinein ins kühle Nass: Wer an einem heißen Sommertag am Kneipp-Tretbecken in der Zweibrücker Fasanerie vorbeikommt, kann gar nicht anders, als diese willkommene Erfrischung in grüner Idylle zu genießen. Dass das Wassertreten eine gesundheitsfördernde Anwendung ist, die zu einem ausgeklügelten Konzept der Naturheilkunde gehört, ist dabei zunächst nachrangig. Tatsächlich aber ist die Idee, Wasser gezielt als Gesundheitselixier einzusetzen, weit über 100 Jahre alt und bewährt. Sie geht auf Pfarrer Sebastian Kneipp (1821-1897) zurück: Als er selbst an Tuberkulose erkrankt war, heilte er sich durch eiskalte Bäder in der Donau und entwickelte aus dieser Erfahrung sein Gesundheitskonzept, mit dem er Kranke heilte und weltweit Bekanntheit erlangte.
200 Jahre Kneipp: Kneippbecken und Barfusspfade als Teil der Gesundheitslehre
Seinen 200. Geburtstag in diesem Jahr hat der Kneipp-Bund zum Anlass genommen, ein Kneipp-Jahr auszurufen. Aktionen und Initiativen sollen einmal mehr auf die Bedeutung der Kneipp’schen Lehren hinweisen, unter anderem am 15. August ein bundesweiter Heilkräuter-Aktionstag, und am Kneipp-Erlebnistag (Sa 31.7., 10- 12 Uhr) in Haßloch können Sechs bis Zwölfjährige das Wassertreten und den Armguss kennenlernen (Anmeldung: 06324 9822530).
Die Kneipp’schen Lehren erscheinen tatsächlich aktueller denn je: Es sei (...) kein Wunder, wenn Krankheiten so viele Opfer fordern, denn die Menschheit sei weit von der früheren, einfachen, natürlichen Lebensweise abgewichen. „Nicht etwa, dass die Errungenschaften unserer Zeit wieder geopfert werden müssten, aber es muss ein Ausgleich gefunden werden, um die überanstrengten Nerven zu stärken, ihre Kraft zu erhalten. Es muss das Gleichgewicht hergestellt werden zwischen der Arbeit und der Lebensweise“, sagte Sebastian Kneipp – im ausgehenden 19. Jahrhundert. Vor allem ging es ihm um die Stärkung der Immunabwehr durch eine gesunde Lebensweise und stärkende Anwendungen. Das Konzept wurde laut Kneipp-Bund „stetig und auf Basis neuester wissenschaftlicher Forschungsergebnisse weiterentwickelt und umfasst heute fünf Elemente: Wasser, Bewegung, Ernährung, Heilpflanzen und Lebensordnung.“
Am bekanntesten sind wohl die Wasseranwendungen wie Wassertreten und Armbäder, wie sie in zahlreichen Kneipp-Anlagen auch in der Pfalz möglich sind. Darüber hinaus hat Kneipp mehr als 100 verschiedene Güsse entwickelt. Auch Auflagen und Wickel zählen zur Kneipp’schen Hydrotherapie.
„Das Wasser veranlasst durch thermische, chemische, mechanische oder hydroelektrische Reize den Organismus zu sinnvollen Reaktionen, die insgesamt zu positiven Regulationen aller Körperfunktionen führen“, informiert der Kneipp-Bund.
Beim zweiten Aspekt, der Bewegung, setzte Kneipp unter anderem auf das Barfußgehen. Dafür eignen sich beispielsweise prima die Barfußpfade, die es in der Pfalz unter anderem in Dudenhofen, Ludwigswinkel, Lindenberg und St. Martin, aber auch in Bad Sobernheim und im Mannheimer Luisenpark gibt und die alle Sinne fordern. Bewegung bedeute – übersetzt in die heutige Zeit – aber ganz allgemein Ausgleichssport wie Wandern, Schwimmen, Radfahren, Reiten, Joggen, Walken, Golf, Tennis, Skilanglauf oder Gymnastik, so der Kneipp-Bund: „Sportarten, die Spaß machen, die den Kreislauf auf Trab halten und die jeder ganz nach Neigung, Alter und Gesundheit wählen kann“. Hinzu kommen laut Kneipp-Bund eine vollwertige Ernährung, Techniken für seelischen Ausgleich wie Achtsamkeit und Mind-Body-Medizin, sowie Kräutermedizin. Es komme bei der Gesundheitslehre auf das Zusammenspiel der fünf Elemente an.
An einem heißen Sommertag aber hilft schon das Wassertreten in herrlicher Umgebung allein, die müden Lebensgeister wieder zu wecken. Gisela Huwig
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Weitere Hintergründe und Tipps: kneippbund.de, kneipp2021.de
KNEIPP-INFOS
Kneipp-Anwendungen für daheim
Gesichtsguss: Den kühlen Wasserstrahl von der rechten Schläfe über die Stirn zur linken Schläfe und zurück führen. Erst rechts, dann links dreimal senkrecht auf- und abfahren und mit drei kreisenden Bewegungen über dem gesamten Gesicht enden. Wassersanft vom Gesicht abstreifen. Der Guss wirkt gegen Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit, hilft bei müden Augen, strafft und erfrischt die Haut und steigert ihre Durchblutung.
Kaltes Armbad („Kneippscher Espresso“): Angewinkelte Arme bis zur Mitte der Oberarme ins Becken mit kaltem Wasser tauchen und darin lassen, bis ein Kältegefühl spürbar wird. Dabei lächeln und bewusst atmen. Wasser sanft abstreifen, Kleidung anziehen und Arme pendelnd bewegen. Wirkt belebend.
Aufsteigendes Fußbad gegen Erkältungsbeschwerden und für guten Schlaf: Beide Beine in eine Fußwanne mit 33 Grad warmem Wasser tauchen. Heißes Wasserzulaufen lassen bis maximal 40 Grad erreicht sind. Füße gut abtrocknen und mindestens 20 Minuten ruhen.
Weitere Tipps unter www.kneipp.com
Pfälzer Kneipp-Vereine gibt es in ... Bad Bergzabern (www.kneippverein.badbergzabern.de), Bad Dürkheim (www.kneippverein-badduerkheim.de), Battenberg (wofritz@myquix.de), Bechhofen (kohler.ch@gmail.com, Dahn (www.kneipp-verein-dahn.de), Edenkoben (www.kneippverein-edenkoben.de), Eppenbrunn (kontakt@fremdenverkehrsverein-eppenbrunn.de), Haßloch (www.kneipp-verein-hassloch.de), Hettenleidelheim (Eisenberg-Eistal, kneipp-vereineisenberg-eistal@gmx.de), Kaiserslautern (www.kneipp-verein-kl.de), Landau (www.kneippverein-landau.de), Ludwigshafen (www.kneippverein-lu.de und www.kneippverein-rheinpfalz.de), Neustadt (www.kneipp-verein-neustadt.de), Speyer (www.kneipp-verein-speyer.de) und Zweibrücken (www.kneippverein-zw.de). Im Landesverband Rheinland-Pfalz sind 25 Kneipp-Vereine mit rund 5200 Mitgliedern zusammengeschlossen.
Weitere Infos: www.kneippbund-rheinland-pfalz.de leo