Die meisten Heimatmuseen zeigen eine alte Turmuhr, eine Küche vor 100 Jahren, Sensen, Hobel und Scharriereisen, Schaufensterpuppen im altertümlichem Gehrock und Zylinderhut. Das findet sich auch in Otterberg, schön gruppiert, oben unterm Dach, dazu noch – das ist eher selten – ein kompletter Hauswebstuhl des 18. oder 19. Jahrhunderts, der an ein hier einst geübtes Gewerbe erinnert.
Wir aber interessieren uns in unserer Museumschau für das,was es so nur hier zu sehen gibt, also, um mit den Museumsfachleuten zu sprechen, das Alleinstellungsmerkmal. Das ist in Otterberg die ehemalige Zisterzienserabtei, welche, ein paar Steinwürfe vom barocken Rathaus, welches das Museum beherbergt, entfernt, die zweitgrößte romanische Kirche in der Pfalz nach dem mächtigen Speyerer Dom hinterlassen hat. Es ist ein sehr beeindruckender Bau mit mächtigen Mauern, die etwaigen Bergstürzen von der benachbarten Anhöhe standhalten sollten, mit schluchtartigen Schiffen, die bei aller Massivität und vom Orden gebotener Schlichtheit schüchterne Ansätze einer rührenden Anmut zeigen.
Im Erdgeschosssaal des Museums, der gleichzeitig Standesamt ist, lässt sich viel über dieses außergewöhnliche Bauwerk, an dem von den 1160er bis in die 1240er Jahre gebaut wurde, lernen. Die erhaltene Klostergründungurkunde von 1143 ist in guter originalgroßer Reproduktion zu sehen, und viel Interessantes ist zu lernen über die Grundwasserproblematik, die dazu zwang, das ursprünglich geplante und im rechten Seitenschiff auch gebaute Bodenniveau erheblich anzuheben, was später, als die bauzeitlichen Entwässerungskanäle versagten, noch mehrmals geschah. Erst die große Renovierung Ende des 20. Jahrhunderts, welche auch die 1708 gebaute Trennmauer zwischen den protestantischen Kirchenschiffen und dem katholischen Querhaus beseitigte, hat dieses Problem gelöst und die aufwendige ursprüngliche Drainage freigelegt. Fotos davon und ein Stück einer über 800 Jahre alten hölzernen Wasserleitung sind zu sehen.
Das ursprünglich von regionalen Adligen gestiftete Kloster geriet im Laufe der Zeit immer mehr unter den Einfluss der Kurpfalz und bereits ausgangs des Mittelalters, wie so viele andere auch, in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Als die Kurpfalz protestantisch wurde, war das Ende des Klosters gekommen: 1561 verzichteten der Abt und die ihm verbliebenen drei Mönche auf ihre Rechte und zogen ab. Die Kurpfalz nahm aus Frankreich und den spanischen Niederlanden vertriebene Glaubensflüchtlinge reformierter Konfession auf; rund 100 wallonische Familien fanden ab 1578 im leerstehenden Kloster eine neue Heimat. Schon 1581 erhielt die neue Kommune Stadtrechte; schon 1612 hatte sie ungefähr 2000 Einwohner; fortschrittlicher Ackerbau, Tuch- und Lederindustrie machten das wallonische Otterberg, in dem noch lange Französisch die alltägliche Verkehrssprache war, wohlhabend. Der 30-jährige Krieg unterbrach dieses Gedeihen; 1680 zählte man 28 reformierte, acht lutherische und neun katholische Familien in Otterberg.
Wer bereit ist, einiges zu lesen, erfährt über diese Geschichte anschauliche und interessante Details. Interessant ist die Kopie einer realistischen Ortsansicht, die ein Maler der Frankenthaler Schule um 1600 malte, und ein danach gestaltetes Stadtmodell. Raum um Raum durchschreitet der Besucher die Epochen; besonders interessant und reich an selten zu sehenden Originaldokumenten und Schlachtfeldfunden ist die Abteilung zu jener Zeit anfangs des 19. Jahrhunderts, als die Pfalz Teil des französischen Mutterlands war.
Eine entzückende Überraschung ist das dem 1631 in Otterberg geborenen barocken Tiermaler Johann Heinrich Roos gewidmete Kabinett mit wunderschönen Kupferstichen und einem Ölgemälde. Roland Happersberger
INFO
Heimatmuseum–Otterberg
Hauptstraße 54
Mo-Fr 9-13 und auf Anfrage 14-17 Uhr (außer Mi)
Apr-Okt Sa 9.30-12.30 Uhr, So 15-17 Uhr.
Info: 06301 607-800