Angeborene Fehlstellungen, Verletzungen und Verschleiß: Die Gründe für Kniebeschwerden sind unterschiedlich. Die Volkskrankheit Arthrose schlägt auch bei diesem Gelenk gnadenlos zu. Betroffene stehen dann vor einer Vielzahl offener Fragen und Behandlungsmöglichkeiten.
Experte informiert über Knie-Arthrose
Hanno Steckel, Professor an der Uni Göttingen und zertifizierter Kniechirurg, macht Hoffnung: „Es kann immer etwas getan werden“, betont er. Eine Arthrose sei zwar bis heute nicht heil-, aber behandelbar. Er rät, zunächst alle konventionellen Methoden auszuschöpfen, bevor es zur Operation kommt.
Erste Stufe Basistherapie
„Auf der ersten Stufe steht immer eine Basistherapie, die sich aus einer Patientenschulung, dem Abbau von Risikofaktoren und einem Training für das Knie zusammensetzt“, so Steckel. Eine deutliche Gewichtsreduktion sei sowohl für Knie- und Hüftgelenke als auch für das Herz-Kreislauf-System gut, betont er. Zur Basistherapie zählt er unter anderem Physiotherapie, physikalische Therapie, Akupunktur, Ergotherapie, eine Hilfsmittelversorgung, etwa durch eine stützende Knie-Manschette, sowie Nahrungsergänzungspräparate. Wer damit keine Besserung spüre, könne zunächst zu schmerzlindernden Salben greifen, auf der nächsten Stufe zu entzündungs- und schmerzhemmenden Medikamenten. „Erst wenn das alles erfolglos ist, sprechen wir von Operationen“, so der Orthopäde, der selbst im Schnitt 400 OPs pro Jahr durchführt.
Unterschiedliche OPs
Auch bei den Operationen gibt es eine Reihe von Abstufungen: „Hier stehen an erster Stelle gelenkerhaltende Operationen.“ Dazu zählen Gelenkspiegelungen, knorpelchirurgische Therapien wie Knorpelzelltransplantation und achskorrigierende Eingriffe. „Sind auch diese Arthrose-Therapien ausgeschöpft, steht ein Gelenkersatz als Teilersatz oder kompletter Gelenkersatz zur Diskussion.“
Allgemein rät der Experte Patienten, sich gut auf die Beratungsgespräche mit dem Arzt vorzubereiten. Eine Zweitmeinung einzuholen, könne sinnvoll sein, müsse es aber nicht zwingend. „In meiner Sprechstunde geht es zunehmend um Zweitmeinungen“, stellt Hanno Steckel fest. „Die Patienten kommen mit verschiedensten Empfehlungen von ihrem Hausarzt oder Physiotherapeuten.“ Grundsätzlich notwendig sei eine Zweitmeinung seines Erachtens nach allerdings nicht immer: „Wenn Sie sich gut beraten fühlen, alle Fragen beantwortet wurden und Sie Gespräch und Therapie für schlüssig halten, ist das sicher ausreichend“, meint er. Als Autor möchte er mit seinem Buch „Nicht übers Knie brechen“ Patienten aber auch für die Gespräche in der Sprechstunde und beim Einholen einer Zweitmeinung unterstützen, indem er ausführlich über das Thema informiert. Das Buch sei aber auch selbst als kritische Zweitmeinung zur Knie-OP gedacht.
Steckels Fazit: Es gebe beim Knie immer Möglichkeiten, die Situation wieder zu verbessern. „Was Sie in jedem Fall selbst beitragen können – sei es zu einer Heilung, zur Verbesserung Ihrer Situation oder gleich zu einem erfüllten Leben – ist eine positive Grundeinstellung, ob mit oder ohne Knieprobleme.“ wig
ZUM WEITERLESEN
Hanno Steckel: „Nicht übers Knie brechen“,mit Praxisteil und konservativen Methoden und Übungen gegen Kniebeschwerden, Becker Joest Volk Verlag, 2020, 256 Seiten, 24,95 Euro