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Domspitzen

„Schatten ihrer Herrlichkeit“

Speyerer Geschichten: Chronist Pauli vermisste in einstiger Kreishauptstadt Glanz alter Zeiten

„Schatten ihrer Herrlichkeit“

Der Rhein begrenzte den 1816 gegründeten gleichnamigen Kreis mit Speyer als Mittelpunkt: hier eine Ansicht in der Mitte des 19. Jahrhunderts (aus: "Die alte Pfalz"). REPRO: LUDWIG HANS

„Flaches Land, das, von Mechtersheim an, bis Waldsee hinab, vom Rhein begrenzt wird. Man gewahrt schöne Fluren, auf welchen Cerealien, Kartoffeln, Färberröthe, Tabak, Hanf, Flachs etc. erzielt werden; auch trifft man Bezirke von Laub und Nadelholzwaldungen, natürliche Wiesen und etwas Weinberge an.“Solchermaßen beschrieben wurde die Landschaft des Kantons Speyer zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der 1817 erschienenen Schrift „Gemälde von Rheinbaiern“ aus der Feder von Philipp August Pauli. 1816 war die Pfalz – infolge der auf dem Wiener Kongress getroffenen Beschlüsse – als jüngste der bayerischen Provinzen in das Königreich aufgenommen worden. Von den bayerischen Stammlanden weit entfernt und ohne direkte Landverbindung, dehnte sich der neu geschaffene „Rheinkreis“, wie die neu geschaffene Provinz des Königreichs damals offiziell hieß, vom Ufer des namengebenden Flusses bei der Kreishauptstadt Speyer bis weit in den Westrich aus, wo das Landkommissariat Homburg ab 1818 als einer der äußersten weiß-blauen „Außenposten“ an das Königreich Preußen grenzte.Die „Gemälde von Rheinbaiern“ waren 1817 erschienen, doch dürfte der Autor im Jahr 1816 die Pfalz bereist und einen Teil seiner Eindrücke gesammelt haben. Das Buch gehörte zu den frühesten Publikationen seiner Art, die später in den heute zu den pfalzkundlichen Klassikern zählenden Werken – wie Blauls „Träume und Schäume vom Rhein“ oder August Beckers „Die Pfalz und die Pfälzer“ – ihre Fortsetzung fanden.Gewidmet hatte Pauli seine Darstellung dem bayerischen König Maximilian I. Joseph (1806-1825), „dem Menschenfreunde“, wie er den 1756 im damals kurpfälzischen Schwetzingen geborenen Landesherrn ausdrücklich im Vorwort bezeichnete. Unstreitiger Mittelpunkt des Kantons (Verwaltungsbezirks) war naturgemäß die Stadt Speyer, in deren Mauern nicht nur kirchliche Dienststellen und Behörden, sondern auch die Regierung der Pfalz ihren Sitz genommen hatte. Doch als Pauli die Pfalz bereiste, hatte Speyer längst den Glanz vergangener Zeiten eingebüßt, war nicht mehr die einstige „Zierde des Oberrheins“, sondern nur noch ein „Schatten ihrer ehemaligen Größe und Herrlichkeit“, wie er feststellte. Die längst vergangenen Tage beschrieb Pauli bei einem knappen Streifzug durch die Geschichte der Stadt, die zwischenzeitlich auch bayerische Garnisonsstadt geworden war.Chronist Philipp August Pauli bereiste die Pfalz im Jahr 1816.Zu den „Merkwürdigkeiten“, wie man die Sehenswürdigkeiten in den Reisebeschreibungen jener Zeit noch nannte, zählte Pauli neben dem Dom und dessen unmittelbarer Umgebung auch die Ruinen des einstigen Reichkammergerichts und das Rathaus, in dessen Hof man eine Reihe römischer Funde – Gedenk- und Opfersteine und einen Sarkophag – ausgestellt hatte, was den Autor zu dem Ausruf „Möchten doch die Alterthümer dieser Stadt besser gepflegt werden!“ veranlasste. Erwähnenswert erschien auch eine große Baumschule, in der selbst exotische Zierpflanzen herangezogen wurden.Daneben verfügte man über ein Gymnasium, während die örtliche „Harmonie“-Gesellschaft sich als bildungsbeflissenes „gesellschaftliches Institut“ verstand und zusammen mit einem Liebhabertheater Kunst und Kultur belebte. Besondere Erwähnung in den „Gemälden von Rheinbaiern“ erfuhr auch die Mineraliensammlung des Berginspektors Simon, „eines gelehrten Mineralogen und ruhmwürdigen Bergmanns“.Zu den wirtschaftlich bedeutenden Zweigen am Ort zählten anno 1817 nicht nur der Anbau von Getreide, Tabak, Krapp (Färberröte), Hopfen und Wein, sondern auch der Handel mit diesen „Landesprodukten“. Eine Buchhandlung, Schiffsbauer, eine Krappmühle, eine Zucker-Raffinerie, Essigsiedereien, Bierbrauereien, Brandweinbrennereien und Buchdruckereien bildeten weitere wirtschaftlich bedeutende Erwerbszweige in der Domstadt. lh   

Speyerer Geschichten: Chronist Pauli vermisste in einstiger Kreishauptstadt Glanz alter Zeiten