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Domspitzen

Mit dem Steuer in der Hand: Freiheit auf Speyerer Gewässern

Wassersportarten liegen schon länger im Trend und haben durch die Pandemie noch mal deutlich an Beliebtheit gewonnen – Bootsführerschein für See- und Binnengewässer eröffnet neue Wege

Mit dem Steuer in der Hand: Freiheit auf Speyerer Gewässern

Mit einem Sportbootführerschein dürfen Motor- und Segelboote sowie Jachten, die für Sport- und Erholungszwecken dienen, und Jetskies gefahren werden.FOTO: ZINKEVYCH/STOCK.ADOBE.COM

Ein Skipper oder auch Schiffsführer trägt auf seinem Boot die Verantwortung für Mannschaft und Mitfahrende. Im Vergleich zum Kapitän wird die Bezeichnung allerdings eher in der Freizeitschifffahrt verwendet. Die großen und kleinen Flüsse Deutschlands sind nämlich nicht nur den großen Binnenschiffen vorbehalten, mit Erwerb eines Bootsführerscheins ist jeder berechtigt, die Wasserstraßen zu nutzen und auf eigene Faust zu erkunden.

Wassersportarten liegen schon länger im Trend und haben durch die Pandemie noch mal deutlich an Beliebtheit gewonnen – Bootsführerschein für See- und Binnengewässer eröffnet neue Wege

Mit Blick auf die letzten Jahre kann Thomas Reißner, Geschäftsführer der Sportbootschule Oberrhein in Bruchsal mit einem Standort in Speyer, eine deutliche Bewegung hin zur Freizeitschifffahrt erkennen. „Durch Corona stiegen die Schülerzahlen um bestimmt 250 Prozent“, sagt Reißner, der selbst gerade erst von einer Segelausbildungsfahrt auf dem IJsselmeer, dem größten See der Niederlande, zurück ist. „Auf dem Wasser zu sein, ist eine der letzten Freiheiten, die man noch hat“, erklärt er den plötzlichen Anstieg seit der Pandemie. Auch Frank Jaskiela kann diese Beobachtung bestätigen: „Seit Jahren schon zieht der Trend – hin zu mehr Wassersport – an“, sagt der Geschäftsführer von Germann Yachting in der Domstadt. Was die Fahrt raus aufs Wasser für die meisten im Moment so attraktiv mache, sei der Aufenthalt im Freien und die Möglichkeit, genügend Abstand zu anderen halten zu können.

Der Weg zur ersten Bootstour unter eigenem Kommando beginnt dabei mit dem Sportbootführerschein, kurz SBF. Wie es der Name schon erkennen lässt, berechtigt er zum Führen von Motor- und Segelbooten sowie Jachten, die für Sport- und Erholungszwecke verwendet werden. Wo man nach bestandener Prüfung mit seinem Sportboot fahren darf, bestimmt der ausgewählte Zusatz: Der SBF-Binnen berechtigt zur Fahrt auf Flüssen, Seen und Kanälen mit einem Boot von unter 20 Metern Länge. Mit dem SBF-See kann die Küste entlang geschippert werden, die Bootslänge ist hier egal.

Besondere Voraussetzungen gibt es für den Motorbootschein übrigens keine. Grundsätzlich kann jeder ab 16 Jahren die Prüfung ablegen. Erforderlich sind dann nur noch ein ärztlich ausgestelltes Gesundheitszeugnis und eine Bescheinigung über die Zuverlässigkeit, die im Regelfall über das Vorzeigen des Kfz-Führerscheins abgefragt wird. Obwohl man im Unterricht für den SBF auch die Theorien für das Segeln lernt und der Schein auch zum Führen von Segelbooten berechtigt, sind im Praxisteil keine Segelstunden vorgesehen. Wer also davon träumt, mit einer Segeljacht die Meere unsicher zu machen, sollte sich überlegen, zusätzliche Übungstörns zu buchen, um die nötige Sicherheit zu erlangen oder gleich die nächste Stufe, den Sportküstenschifferschein (SKS), anzuschließen. 
     

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Der „Palstek“ ist einer wichtigsten Knoten. FOTO: CAROL_ANNE/STOCK.ADOBE.COM

Jeder ab 16 Jahren kann die Prüfung zum Bootsführer ablegen.

Auf die Frage, wer sich denn für einen Bootsführerschein entscheidet, antwortet Jaskiela schlich „querbeet“. Neben den Motorbootfahrern seien es vor allem Angler, Segler und Jetskifahrer, die die Bootsschule besuchen. Und auch vom Alter her seien die angehenden Bootsführer bunt gemischt, berichtet Reißner. Der Durchschnitt liege in seiner Schule aber bei 30 bis 35 Jahren für Motorbootscheine und bei 38 bis 45 Jahren fürs Jachtsegeln. Längst ist der Aberglaube, dass Frauen auf See Unglück brächten Vergangenheit, dennoch seien die Mehrzahl der Schüler auch heute noch Männer: „Die Frauen sind leider in der totalen Minderheit“, beschreibt Reißner die Situation in den Kursen.

Wie auch beim Auto-Führerschein ist der Bootsführerschein in zwei Bereiche geteilt, eine theoretische und eine praktische Prüfung müssen bestanden werden, bevor die Leinen zur ersten Fahrt gelöst werden können. Für den Theorieunterricht gibt es in den meisten Schulen mittlerweile auch Online-Kurse, die nicht nur bequem von zu Hause aus belegt werden können, sondern oft auch billiger sind, als die Seminare vor Ort. Wie viel der Bootsführerschein am Ende kostet, hängt von den jeweiligen Preisen der Fahrschule und der Anzahl der Stunden ab, die man benötigt, um sich für die Prüfungen sicher zu fühlen. Hinzukommen noch Prüfungsgebühren sowie eventuelle Ausgaben für Übungsmaterialien. Insgesamt kostet Mit dem Steuer in der Hand: Freiheit Wassersportarten liegen schon länger im Trend und haben durch die Pandemie noch mal deutlich an Belieder Schein meist mehrere hundert Euro, bleibt damit aber zumindest unter den Kosten für den Kfz-Führerschein.

Während für diesen Verkehrsschilder und Inhalte der Straßenverkehrsordnung gelernt werden müssen, bestimmen Binnenschifffahrtsrecht, die nationale Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung und internationale Kollisionsverhütungsregeln den Unterricht in der Bootsschule. Auch die verschiedenen Signale und Zeichen auf Wasserstraßen sind für die meisten Bootsfahrschüler im Vergleich zu den aus dem Alltag bekannten Verkehrsschildern erst mal absolutes Neuland. „Vom Lernaufwand ist es nicht viel weniger als beim Autoführerschein“, stellt Reißner klar. „Aber für die meisten ist es etwas komplett Neues, dadurch empfinden ihn die meisten schwieriger.“ Der Ausbilder bestätigt allerdings auch: „Wenn man lernt, besteht man ihn!“ Da Fahrten auf dem Wasser immer abhängig von den äußeren Umständen sind, gehört Wetterkunde und Umweltschutz zu den Lehreinheiten. Besonders ist auch die Seemannschaft, also die Fertigkeit, ein Boot praktisch zu beherrschen. Dazu gehört das präzise Manövrieren und Navigieren des Bootes zum gewünschten Ziel. Auch wenn diese Aufgabe durch elektronische Seekarten und Satellitennavigation deutlich erleichtert wird, lernen die angehenden Skipperin den Theoriestunden auch mit Papierkarten und Navigationsbesteck zu arbeiten. Kursdreieck, Anlegedreieck und Marinezirkel gehören zu den Werkzeugen, die ein Schiffsführer bei jeder Fahrt dabei haben sollte – und die in vielen Fahrschulen zum Üben ausgeliehen werden können.

Das Zertifikat im Sportbootführerschein gilt international.

In der 60-minütigen Theorieprüfung wird schließlich eine Auswahl der 72 Basisfragen und 213 Spezifika abgefragt. Auch eine Kartenaufgabe mit mehreren Teilbereichen muss erfolgreich absolviert werden, bevor man für die praktischen Stunden aufs Wasser darf. Hier werden die theoretisch gelernten Manöver umgesetzt. Anlegen- und Ablegen, das Fahren nach Kompass und ein Rettungsmanöver gehören ebenso zu den Standards, die in der Prüfung abgefragt werden, wie das Peilen. Beispielsweise bei der Kreuzpeilung müssen hierfür zwei Punkte am Ufer mit einem Handpeilkompass anvisiert werden und durch Ablesen des Winkels zwei Linien gezeichnet werden, deren Schnittpunkt dann die aktuelle Position anzeigt.

Ein zweiter großer Punkt der praktischen Prüfung sind die zehn Seemannsknoten, von denen die Prüflinge mindestens sechs beherrschen müssen. Trotz moderner Technik sind die Knoten auch heute wichtig: Neben dem wohl bekanntesten Knoten, dem Kreuzknoten, der zwei Leinen verbindet, gibt es den „Stopperstek“, der hilft eine Leine rutschfest an einer anderen zu befestigen, den „Schotstek“ zum sicheren Verbinden unterschiedlich starker Leinen oder den „Palstek“, einen Klassiker unter den Seemannsknoten, der eine Schlaufe formt, die sich nicht zuziehen darf. Wer Theorie- und Praxisteil erfolgreich gemeistert hat, darf für den Rest seines Lebens Sportboote führen, und das weltweit, denn der SBF beinhaltet ein internationales Zertifikat.

Wichtig ist, sich immer über die geltenden Verordnungen zu informieren, und auch innerhalb Deutschlands gibt es einige Besonderheiten zu beachten. Wer eine Bootsfahrt auf dem größtem deutschen See plant, benötigt einen separaten Schein: das Bodenseeschifferpatent. Auch für den Rhein gelten Sonderbestimmungen. Die Bootslänge darf mit dem SBF maximal 15 statt der sonst gültigen 20 Meter betragen.

Und wer weder ein 15 noch ein 20 Meter langes Boot besitzt, kann nach bestandener Prüfung ein Boot chartern. Da man nicht ortsgebunden ist, können nicht nur die Flüsse und Seen rund um Speyer befahren werden, im Urlaub ist ein Abstecher in unbekannte Gewässer möglich. lp