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Alles in meiner Stadt - Frankenthal

„Sitzklos sind ein Fehldesign“

INTERVIEW: Rebekka Endler fordert frauengerechte Lösung – Lesung

„Sitzklos sind ein Fehldesign“

Kämpft für Gleichberechtigung im Alltag: Rebekka Endler. FOTO: DUMONT-VERLAG/FREI

Ein dringendes Bedürfnis, lange Schlangen vor der Damen- und freie Bahn vor der Männertoilette – dieser Missstand war für die Soziologin und Journalistin Rebekka Endler (Jahrgang 1984) der Anfang einer tiefgründigen Recherche mit der Erkenntnis, dass sich im Alltag Design und Handhabung vieler Dinge an männlichen Nutzern orientieren. Gesammelt hat sie diese Fehlleistungen der Männerwelt im Buch „Das Patriarchat der Dinge. Warum die Welt Frauen nicht passt.“ Am 7. April stellt die Autorin ihr Buch in der Stadtbücherei Frankenthal vor.

INTERVIEW: Rebekka Endler fordert frauengerechte Lösung – Lesung

Frau Endler, Ihr Buch beginnt mit einem inklusiven Vorwort. Vermuten Sie, dass Männer danach aussteigen?

Nein, Menschen, die nach dem Vorwort aussteigen, kaufen sich kein feministisches Buch. Die schreiben wütende Mails, nachdem sie irgendwo ein Zitat von mir gelesen haben. Mein Buch richtet sich an alle, die interessiert genug sind, es in die Hand zu nehmen. Allerdings nicht alle Menschen lesen, noch weniger lesen feministische Bücher.

Was wollen Sie erreichen?

Aufmerksamkeit für Themen, die schon seit Jahren, Jahrzehnten, teilweise Jahrhunderten ungerecht sind.

Sie beleuchten alltägliche Dinge, deren Design vornehmlich männliche Handhaber zufriedenstellt. Was, wenn es schlicht neutrale Designs gäbe?

Das gibt es nicht. Denn es fehlt in vielen Bereichen, wie Medizin oder Fahrzeugsicherheit, an belastbaren gegenderten Daten, da diese absichtlich über Jahrzehnte nicht erhoben wurden. Eine Person, die nicht männlich ist, ist nicht per se durch diesen Umstand behindert, sondern die Umwelt behindert sie. Menschen werden behindert und gutes Design sollte Lösungen finden, diese Behinderung möglichst gering zu halten. Öffentliche Toiletten sind ein gutes Beispiel. Sitzklos sind ein Fehldesign, niemand setzt sich freiwillig hin, wenn es sich körperlich vermeiden lässt. Und dennoch ist es das dominierende Design. Andere, gerechtere und hygienische Lösungen gäbe es, es fehlt der politische Wille, das umzusetzen.

Befürworten sie das sperrige und unattraktive Gendern?

Sprache muss nicht immer attraktiv sein, neutral ist sie nie. Eine lebendige Sprache verändert sich ständig. Mir ist wichtig gendergerecht zu sprechen und zu schreiben, da ich über Sprache auch Gedanken inklusiver denke. Es gibt also einen Rückkopplungseffekt und diese imaginäre Hürde, die viele etwa beim Binn-I empfinden, wird bei jedem Hechtsprung darüber kleiner. Gleichzeitig wird das generische Maskulinum sperriger und ungenauer. In fremden Texten nehme ich es mittlerweile als Ballast wahr, den ich am liebsten aus dem Weg räumen würde, um den Sinn des Textes zu verstehen.

Wie sähe die ideale Welt für Männer und Frauen aus?

Meine intersektional feministische Utopie ist eine Welt in der unsere Unterschiede in Designentscheidungen berücksichtigt werden, aber völlig ohne Wertigkeit. Gendern da, wo es Sinn für Leib und Leben macht, und nicht Gendern, wo es keinen Sinn macht.

Wie halten Sie es privat mit dem alltäglichen Patriarchat?

Ich versuche auf meine Art, durch Schreiben, Lesungen, Radiobeiträge etc. einen Beitrag zu einem feministischen Wandel zu leisten. Manchmal nerve ich Leute - damit kann ich leben. cei

Start in einen lebhaften Kulturfrühling

Jazz, Metal, Operette, Theater und mehr

Endlich geht es nach all den Corona-Beschränkungen wieder in einen lebhaften Kulturfrühling. Die Veranstalter in Frankenthal bieten dazu ein ebenso reizvolles wie vielfältiges Angebot an Musik-, Theater- und Kunstevents.

Schon während des Erscheinens unserer Sonderbeilage „Alles in meiner Stadt“ laufen die 5. internationalen Jazztage Frankenthal im Gleis 4 auf Hochtouren. Der Veranstalter präsentiert dabei zum Beispiel die South West Old Time Stars mit Musik Louis Armstrongs aus den Jahren 1925 und 1928. Eher avantgardistischer Jazz kommt mit der Ausnahmesaxophonistin Karoline Strassmayer und dem Schlagzeuger Drori Mondlack. Und auch Thilo Wagner ist dabei, der als europäischer Swing-Pianist erster Güte gehandelt wird. Mehr: jazztage.net.

Ein weiteres Highlight im Programm des Kulturzentrums Gleis 4 ist die Frankenthaler Modern Metal Gruppe Killing Your Idols mit der Vorstellung ihrer neuen, gleichnamigen CD am 2. April. Am 21. April unterhält dann das außergewöhnliche Duo Central House Band aus Deidesheim.

Das Congressforum – die gute Stube Frankenthals – offeriert ihrem Publikum dreiActs der gehobenen Unterhaltung. Am 11. April gibt es Carl Zellers Operette „Der Vogelhändler“ in einer Inszenierung des Pfalztheaters Kaiserslautern. Klassischen Musikgenuss verspricht die Matinee der Villa Musca am 1. Mai. Kammermusik, Mozarts Klavierkonzert in Es-Dur KV 449 und ein bunter Reigen von Arien werden dabei zu Gehör gebracht. Einen unterhaltsamen Nachmittag für die Familie bietet das Kinder-Musical Bibi Blocksberg „Alles wie verhext!“ am 15. Mai.

Im Theater Alte Werkstatt (TAW) hat am 5. Mai eine ganz heiße Nummer Premiere. In dem gleichnamigen Stück von Andrea Sixt versuchen drei Verkäuferinnen ihren schwächelnden Laden mit einer frivolen Geschäftsidee vor dem Aus zu retten. Ab dem 3. Juni zieht das TAW wieder zum Sommerfestival nach Großkarlbach. Dort ist bis zum 31. Juli Theater Open Air geboten.

Im Kunsthaus findet am 14. Mai der Festakt mit Preisverleihung zur Vergabe des diesjährigen Perron-Kunstpreises statt. Damit verbunden ist auch die Ausstellungseröffnung der Werke aus der Sparte Malerei. enk 
    

INFO

Rebekka Endler liest am Donnerstag, 7. April, 19 Uhr, in der Stadtbücherei Frankenthal, Welschgasse, aus ihrem Buch „Das Patriarchat der Dinge. Warum die Welt Frauen nicht passt.“ Das 336 Seiten starke Buch ist im Dumont-Verlag erschienen und kostet 22 Euro.