Sven Holler: Mit dem Austragen angefangenBezüge zur Zeitung hatte Sven Holler bereits als Kind. Seine Eltern stellten mehrere Jahre lang DIE RHEINPFALZ zu. Als Jugendlicher besserte der heutige Otterbacher als Austräger der „Bild am Sonntag“ gerne sein Taschengeld auf. Dass er eines Tages als Lokalredakteur bei einer Tageszeitung arbeiten würde, hatte er zu dieser Zeit wirklich noch nicht geplant.Polizist, Fußballer, Lehrer. Diese Berufswünsche standen für hlr, so sein Kürzel, in der Jugend ganz oben auf der Liste. Obwohl er als Jugendlicher ein großer Fan des Sportteils der „Bild am Sonntag“ war und DIE RHEINPFALZ täglich im Briefkasten der Familie landete, kam ihm der Job als Lokaljournalist erst als Mittzwanziger in den Sinn – nach zwei Uni-Veranstaltungen, bei denen Besuche der RHEINPFALZ-Zentralredaktion in Ludwigshafen auf dem Programm standen.
Wer macht eigentlich die Zeitung für die Menschen im Kreis Kusel? Drei Redaktionsmitglieder stellen sich vor und versuchen zu erklären, warum Journalismus ihr Traumberuf ist.
Dass der Lokaljournalismus passen könnte, bestätigte sich wenig später im Praktikum bei der Westricher Rundschau in Kusel. Nach dem Volontariat folgte die erste Redakteursstelle in Zweibrücken, von dort ging es 2021 zurück zur Westricher Rundschau.
Gepackt hat Sven Holler die thematische Vielfalt, mit der er sich befassen darf. Das politische Geschehen in der Heimat in all seinen Facetten (ob positiv oder negativ), wirtschaftliche Entwicklungen, Kriminalität, Geschichte, Gesundheit und Verkehr sind für hlr genauso spannend und interessant wie für die Leser, für die er schreibt. Es geht darum, zu wissen, was läuft in der Region.
Eine Lokalzeitung ist ein Stück Heimat. Diese Heimat wird von Menschen geprägt, die Herausragendes leisten, die ein tragisches Schicksal ereilt, die außergewöhnlich sind und Geschichten zu erzählen haben: der Todkranke, die Stammzellenspenderin, der Läufer, der einen Blinden begleitet, der Firmenchef, ein Mensch mit einem außergewöhnlichen Hobby oder Beruf, eine besondere Familie und, und, und. Texte über solche Menschen machen eine Lokalzeitung lebendig, geben ihr Seele.
All diese Begegnungen geben einem Lokalredakteur immer wieder ganz neue Einblicke und Erlebnisse und lassen diesen Beruf bei all seinen Herausforderungen nie langweilig werden.
Astrid Böhm: Bei der Liebe zur Heimat
Lokaljournalismus ist für mich die – oft vernachlässigte und zu gering erachtete – Königsdisziplin des Journalismus. An vielen Themen hier sind nur wir dran, nicht eine ganze Armee von Journalisten verschiedenster Medien. Wenn wir nicht berichten, tut es oft keiner. Und dabei sind wir ganz nah dran, auch als Menschen.
Das bedeutete manchmal, die eigene Betroffenheit außen vor zu lassen, um professionell und möglichst objektiv zu berichten. Das bedeutet auch, dass man daheim, im Verein und im Supermarkt nicht immer anonym unterwegs ist – und irgendwie immer bei der Arbeit.
Lokaljournalismus ist die Basis unserer Zunft, unseres Gewerbes – wie auch hier in den Kommunen, hier vor Ort die Basis der Demokratie liegt, die wiederum ohne freie Presse nicht denkbar ist. Frei heißt dabei ganz klar nicht, dass wir schreiben, was wir wollen. Was wir tun, hat Hand und Fuß und ruht auf journalistischen Grundsätzen. Wir sind nah an den Menschen in der Region dran – die uns wissen lassen, wenn etwas gut läuft und wenn nicht. Auch wenn es dazu naturgemäß bei manchen Themen unterschiedliche Auffassungen gibt.
Natürlich kann Lokaljournalismus auch bedeuten, in Frankfurt oder München zu arbeiten. Mir bietet meine Arbeit jedoch die Möglichkeit, dass ich in meiner Heimat leben und tätig sein kann. In einer Region, aus der ich früher einfach nur wegwollte. In die weite Welt zog es mich nach dem Abitur –Auslandskorrespondent war damals mein Traumjob. Ein Studium in mehreren deutschen und einer südafrikanischen Stadt später kam ich wieder in die Westpfalz zurück. Heute fahre ich – meist über Land, das ist ja viel schöner als die Autobahn zu nehmen – täglich mit dem Gedanken zur Arbeit, wie privilegiert ich bin, diese Gegend „mein Gebiet“ nennen zu dürfen.
Eins verrate ich noch:Manchmal halte ich an besonders schönen Flecken im Landkreis Kusel an,wenn ich zum Beispiel auf dem Weg zu oder zurück von einem Termin bin. Dann schieße ich ein Foto und schicke es an Freunde mit dem Vermerk: „Bin bei der Arbeit.“ In dieser Sache ist Subjektivität im Lokaljournalismus erlaubt: bei der Liebe zur Heimat.
Wolfgang Kreilinger: Menschen begegnen
Mit zwölf Jahren zu wissen, was man werden will, ist ein Privileg, erspart viel Nachdenken. Wolfgang Kreilinger hat sich Fußballspiele im Fernsehen angeschaut und anschließend in ein Schulheft darüber geschrieben. Am nächsten Tag hat er den Artikel mit dem Bericht in der „richtigen“ Zeitung verglichen.
Schon während des Studiums hat er mit Journalismus seinen Lebensunterhalt verdient. Mit Mitte 30 saß er in Fußball-Bundesligastadien und dachte sich, Journalismus ist doch mehr, als Millionären in kurzen Hosen hinterher zu laufen.
Es zog ihn ins Lokale. Das schönste am Beruf ist nämlich, Menschen zu begegnen. Die Bandbreite ist riesig: charismatische Firmenlenker, rührige Vereinsvorsitzende, engagierte Kommunalpolitiker oder leidenschaftliche Sportler und Künstler. Ab und zu blickt der Schreiber auch in Abgründe, versucht mit zu ergründen, warum ein Mensch auf die schiefe Bahn geraten ist.
Journalisten machen sich nicht immer beliebt, weil sie ab und zu die Finger in eine Wunde legen. Auch das gehört dazu. So sehr mich Menschen positiv einnehmen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, so sehr ärgern mich Zeitgenossen, die sich den Mantel des Gemeinwohls nur überziehen, aus dem Motiv des Eigennutzes.