Nach Gründung der Bundesrepublik 1949mussten Zeitungen nicht länger von den Franzosen lizenziert werden. Die pfälzischen Altverleger Kurt Liesenberg (Neustadt), Heinz Rohr (Kaiserslautern), Werner Baisch (Pirmasens), Fritz Perron (Frankenthal) und Karl Waldkirch (Ludwigshafen) suchten nun Schützenhilfe bei den Franzosen, die 1945 noch verhindert hatten, dass Zeitungshäuser an ihre ehemaligen Besitzer zurückfielen. Die Altverleger forderten 60 Prozent der Gesellschafter-Anteile der RHEINPFALZ. Doch die Franzosen fühlten sich nicht zuständig und leiteten die Forderungen an den RHEINPFALZ-Verlag weiter, der sie rundweg ablehnte.Nun begann ein harter Konkurrenzkampf: Die Altverleger versuchten, ihre Blätter wiederzubeleben, die RHEINPFALZ schaltete auf Abwehr. So wagte der Waldkirch-Verlag am 1. Dezember 1949 einen Neustart mit dem traditionsreichen „General-Anzeiger“, in der Weimarer Zeit die auflagenstärkste Zeitung Ludwigshafens. Doch die RHEINPFALZ war schneller. Bereits am 17. November brachte sie den „Neuen Ludwigshafener Lokalanzeiger“ heraus und erschwerte damit dem „General-Anzeiger“ den Zugang zum Markt. Nur kurze Zeit später mehrten sich die Hinweise, der Waldkirch-Verlag wolle seine „Pfälzische Rundschau“ als Zeitung für die Pfalz neu etablieren. Josef Schaub reagierte prompt und gab innerhalb kürzester Zeit die „Pfälzer Abendzeitung“ heraus, eine pfalzweite Ausgabe des „Lokal-Anzeigers“, die von 1958 an „5-Uhr-Blatt“ genannt wurde. Diese Strategie hatte Erfolg. Waldkirch musste aufgeben und verkaufte den „General-Anzeiger“ zum 1. Juni 1950, wie es heißt, für 30.000 Mark an die RHEINPFALZ, die ihre Neuerwerbung mit dem „Lokalanzeiger“ vereinigte.
Die „Pfälzische Volkszeitung“ wird 1972 übernommen
Auch in Kaiserslautern begann der Abwehrkampf. Der Verleger der „Pfälzischen Volkszeitung“, Heinz Rohr, hatte 1947 auf Geheiß der Besatzungsmacht seine Lokalzeitungen in der Westpfalz an die RHEINPFALZ abtreten müssen. Zwei Jahre später versuchte Rohr einen Neustart mit der „Pfälzischen Volkszeitung“ und machte – vergeblich – Regressansprüche gegenüber der RHEINPFALZ geltend. Wie auch der „General-Anzeiger“ konnte sich die „Pfälzische Volkszeitung“ mittelfristig nicht gegen die auflagenstärkere und bereits etablierte Zeitung behaupten. Verleger Rohr gab im August 1953 auf und verkaufte drei Viertel seines Verlags an die RHEINPFALZ, die bis 1972 alle Anteile an dem Kaiserslauterer Verlag erwarb. Redaktionell wurde die „Volkszeitung“ an den „General-Anzeiger“ angedockt.
Auch die Produktpalette wurde immer größer. Von 1948 an gab es eine montags erscheinende Sportzeitung, die seit 1951 „ASZ-Sportblatt“ hieß. Im selben Jahr startete der erfolglose Versuch, die RHEINPFALZ bundesweit erscheinen zu lassen. Seit 1949 (bis 1968) gab es den mittwochs erscheinenden „Pälzer Feierowend“ mit viel Mundart und Unterhaltung, von 1952 an lagen ein bis zweimal im Monat die „Pfälzischen Heimatblätter“ bei, die sich in Zusammenarbeit mit dem Historischen Verein der Pfalz und dem Verein für Naturkunde „Pollichia“ auf Landesgeschichte und Heimatforschung konzentrierten.
Für die RHEINPFALZ wurde in Kaiserslautern eine Hauptgeschäftsstelle für die Westpfalz mit den Lokalredaktionen Kaiserslautern, Kusel, Rockenhausen und Zweibrücken aufgebaut. In der Vorderpfalz kamen zur „Urzelle“ in der Neustadter Kellereistraße Redaktionen in Ludwigshafen, Landau, Speyer, Grünstadt, Frankenthal und Kirchheimbolanden hinzu.
Neues Pressehaus in der Ludwigshafener Amtsstraße
Bereits 1948, direkt nach der Währungsreform, hatte in der Ludwigshafener Amtsstraße direkt gegenüber vom Waldkirch-Verlag der Bau des neuen Pressehauses begonnen, das 1951 bezogen wurde. Aus dem „Trümmerhaufen in der Amtsstraße“ sei das „technisch und baulich interessanteste Zeitungszentrum Südwestdeutschlands“ geworden, ist in der Sonderbeilage zur Einweihung zu lesen. Bereits seit 1950 lief in Ludwigshafen die Rotation, wurde die RHEINPFALZ nicht länger in Lambrecht gedruckt. Ein Grund für die schnelle Verlagerung des Druckortes nach Ludwigshafen und Kaiserslautern, wo seit Juli 1950 die fünf Westpfalz-Ausgaben in Druck gingen, waren die Auseinandersetzungen mit den pfälzischen Sozialdemokraten. Wie auch die CDU war die SPD zuvor mit ihrem Vorhaben gescheitert, aus der RHEINPFALZ eine Parteizeitung zumachen. Danach meldete der pfälzische SPD-Chef Franz Bögler Ansprüche auf die Druckerei in Lambrecht an, die die Franzosen der RHEINPFALZ aus der Erbmasse der Saarpfälzischen Druckerei zur Verfügung gestellt hatten. Der Bau der beiden neuen Produktionsstätten beendete dann nicht nur den Konflikt mit der SPD, er brachte den Verlag drucktechnisch auf die Höhe der Zeit. Automatische Setzmaschinen beschleunigten und erleichterten die Arbeit. Moderne Druckmaschinen ermöglichten, die Beilage „Für die Frau“ und den „Pfälzer Feierowend“ zum Teil farbig zu gestalten. Und ein erster Telebild-Empfänger wurde angeschafft, mit dem Fotos aus der ganzen Welt nach Ludwigshafen übertragen werden konnten.
Doch es gab noch einen weiteren Grund für den Umzug von Verlag und Zentralredaktion nach Ludwigshafen. Sein Vater, so erinnert sich Dieter Schaub (Verleger von 1964 bis 1993), habe schon früh erkannt, dass Neustadt zwar das „Herz der Pfalz“, aber dennoch nicht das wirtschaftliche Zentrum der Region sei. Der Verlagssitz gehöre in die größte Pfälzer Stadt, nach Ludwigshafen, davon sei sein Vater überzeugt gewesen. „Ludwigshafen ist die einzige Großstadt der Pfalz, die größte Stadt des Landes Rheinland-Pfalz, und sein Hafen ist nicht zuletzt auch ein Tor zur Welt“, argumentiert Chefredakteur Walter Hück in der RHEINPFALZ-Sonderbeilage zum Einzug in das neue „Presshaus der Pfälzer“ am 4. August 1951. Darüber hinaus habe man mit dem Umzug in die Chemiestadt eine Ausbreitung des „Mannheimer Morgen“ auf linksrheinisches Gebiet verhindern wollen, erklärt Dieter Schaub.
Status des Saargebiets ist ein Top-Thema dieser Zeit
Die von Frankreich angestrebte Abtrennung des Saargebiets von Deutschland war eines der Top-Themen dieser Jahre. Ein echter Dauerbrenner. Im Westen des RHEINPFALZ-Einzugsgebiets trennte zu dieser Zeit eine Art Staatsgrenze die ehemals saarpfälzischen Kreise Homburg und St. Ingbert vom Rest der Pfalz. Das hatte auch Auswirkungen auf die Redaktionsarbeit. Paul Kaps war von Chefredakteur Walter Hück als Saar-Korrespondent auserkoren, denn die Redaktion verfolgte „sehr interessiert und höchst misstrauisch die Schachzüge der französischen Politik, die auf eine Abtrennung des Saargebiets vom übrigen Deutschland abzielte, und die ersten Versuche saarländischer Politiker, diese Politik zu durchkreuzen“. Verleger Josef Schaub habe es als Aufgabe der RHEINPFALZ betrachtet, sich für einen Verbleib des Saargebiets bei Deutschland einzusetzen. Besonders schmerzhaft war für die Westpfälzer die Grenze samt ihrer Kontrollen. „Man fuhr ins Ausland“, beschreibt Kaps die Fahrten nach Saarbrücken. Seit 1948 besaßen die Saarländer eine eigene „Staatsangehörigkeit“, sie waren „Sarrois“. Daher galt der RHEINPFALZ-Redakteur auch als „Auslandskorrespondent“.
Streit um die Redaktionen in St. Ingbert und Homburg
Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis seien zuvor in zähem Ringen der Regierung Johannes Hoffmann abgetrotzt worden, so Kaps. „Die offiziellen Regierungsstellen verfolgten meine Arbeit mit Argwohn. Hoffmann und seine Regierung hatten überhaupt kein Interesse daran, dass außerhalb ihres Machtbereichs im Einzelnen bekannt wurde, was sich an der Saar abspielte (…)“. Der Journalist berichtet in seinen Erinnerungen von Bespitzelung und Schikanen, beispielsweise bei den Grenzkontrollen. Er habe zeitweise sogar den Landtag nicht mehr betreten dürfen. Auch die Auslieferung der Zeitung an die Leser im Saargebiet sei behindert worden. Den Vermieter der Redaktionsräume in Saarbrücken habe man gedrängt, den Vertrag mit der RHEINPFALZ zu kündigen. Die Proteste von Chefredaktion und Verlag seien ins Leere gelaufen. 1953wurde Kaps wegen „Gefährdung der Sicherheit des Saargebiets“ ausgewiesen. Knapp vier Jahre später kehrte das Saargebiet nach Deutschland zurück. Die Mehrheit der Saarländer hatte sich in einer Volksbefragung im Oktober 1955 gegen das Saarstatut entschieden. Die RHEINPFALZ baute noch im selben Jahr in St. Ingbert eine Lokalausgabe auf, ein Jahr später folgte in Homburg eine zweite.
Dass die Franzosen als Besatzungsmacht auch intern immer noch ein Wörtchen mitzureden hatten, erleichterte die Personalpolitik des Verlags nicht gerade. Vor allem um die Besetzung des Chefredakteurspostens gab es Querelen. Der erste Chefredakteur Edmund Kroneberger, dessen Berufung noch dem parteipolitischen Proporz geschuldet war, hielt sich gerade einmal ein halbes Jahr, der parteilose Johann dann zwei Jahre. Die härtesten Auseinandersetzungen gab es wohl um Kunz von Kaufungen, den die Franzosen gegen den Widerstand von Verlag und Redaktion eingesetzt hatten. Der dritte Chefredakteur schied schließlich nach drei Jahren im Amt und heftigem internen Streit im August 1951 aus.
Ihm folgte Walter Hück, zuvor Ressortleiter für Innenpolitik. Der damals 40-jährige Pfälzer kannte das Unternehmen wie kaum ein anderer, hatte er doch in den Anfangsjahren geholfen, die Lokalredaktionen aufzubauen. Unter seiner, wie es Kollegen formulierten, „väterlichen Führung“ kehrte endlich Ruhe ein. Hück leitete die Redaktion ein Vierteljahrhundert lang. VON ANNETTE WEBER