Zunächst einmal: Worüber sprechen wir, wenn wir über den Ludwigshafener Hafen sprechen?
Alexander Voigt: Ja, in der Tat sprechen wir eigentlich insgesamt über fünf Häfen: Der Nordhafen und der Stromhafen werden von der BASF betrieben, sind aber im Landeseigentum. Und dann gibt es den Luipoldhafen, den Mundenheimer Hafen und den Kaiserwörthhafen - das ist mit dem Ölhafen das eigentliche Herzstück der Ludwigshafener Häfen.

Wenn man alte Bilder vom Rhein sieht, bekommt man den Eindruck, früher sei mehr auf den Flüssen los gewesen. Sind die Zahlen rückläufig?
Voigt: Nein, der Eindruck trügt auf jeden Fall. Die per Binnenschiff transportierten Güter steigen von konjunkturellen Schwankungen abgesehen seit Jahrzehnten. Allerdings sind die Schiffe heute deutlich größer, so dass vielleicht tatsächlich weniger Schiffe unterwegs sind. Die transportieren aber deutlich mehr Güter als früher. Mit 5,5 Millionen Tonnen Schiffsgüter-Gesamtumschlag in 2024 wuchs der Umschlag in Ludwigshafen zum Vorjahr um fast zehn Prozent. Heute werden rund sechs Prozent der Güter per Schiff transportiert. Und die Binnenschifffahrt wird weiter an Bedeutung zunehmen.
Das klingt sehr optimistisch - was macht sie so sicher?
Voigt: Weil Schiffe 71 Prozent weniger CO2 ausstoßen als LKWs - da sind wir mitten in unserem Nachhaltigkeits-Thema. Und da der Transport ab 2027 auch in den europäischen Emissionshandel einbezogen wird, lohnt es sich künftig immer mehr, Güter per Schiff zu transportieren. Der Transport über die Schiene ist zwar noch günstiger - hier werden 87 Prozent weniger CO2 ausgestoßen als beim Transport mit den LKW - aber genauso wie auf den Straßen stoßen wir auf der Schiene schon heute an Kapazitätsgrenzen. Auf den Flüssen und Kanälen dagegen gibt es noch ausreichend Wachstumskapazitäten.
Aber durch die Elektrifizierung stößt der LKW künftig auch weniger CO2 aus...
Voigt: Ja, aber LKWs machen ja noch andere Probleme - man denke nur an die Brücken. Und mit einem Schiff transportiert man rund 3.000 Tonnen Güter, mit einem LKW maximal 20 Tonnen. Das bedeutet, dass ein Schiff 150 LKWs ersetzt. Hinzukommt, dass sich auch bei der Binnenschifffahrt einiges tut, ob Diesel-elektrische Antriebe oder Wasserstoff-Antrieb. Wir sind da in verschiedenen Initiativen aktiv, etwa um eine gemeinsame Infrastruktur für die Schiffe auf dem Rhein herzustellen. Das sind komplexe Abfolgen, die miteinander abgestimmt werden müssen.
Was ist dafür nötig?
Voigt: Zum Beispiel hat Wasserstoff eine sehr geringe Energiedichte. Deshalb ist es sinnvoll, ihn zu komprimieren. Man hat sich hier auf einen Druck von 500 bar geeinigt. Das macht aber die Containertanks recht teuer. Und in den Häfen muss eine Infrastruktur für die Containertanks zur Verfügung gestellt werden, um die Tanks schnell tauschen zu können.
Aber letztlich müssen die Waren vom Hafen weiter verteilt werden.
Voigt: Genau, aber eben nur für kurze Strecken. Und das passt zu LKWs mit elektrischen Antrieben. Auch hierfür müssen wir in den Häfen die passende Infrastruktur, etwa mit E-Ladestationen für die LKWs schaffen. Unser Ziel ist es, Angebote für die Zukunft zu schaffen.

Ich sehe schon, im Detail ist die Energiewende komplizierter, als man denkt.
Voigt: Ja, denn das gilt auch für den Transport der Energieträger. Momentan machen der Transport von Öl und Gas überein Viertel des Gesamtumschlags bei uns aus. Zwar scheint es so, dass der Transport von Wasserstoff am günstigesten durch Pipelines erfolgt. Aber auch heute gibt es Öl- und Gaspipelines und trotzdem wird es auch per Schiff transportiert. Und außerdem müssen die Pipelines auch erst einmal gebaut werden. Und bevor gebaut werden darf, stehen schwierige Genehmigungsverfahren voraus - sprich: Bis es Pipelines gibt, dauert es noch sehr lange, besonders im ländlichen Raum. Auch hier sind wir in Initiativen aktiv, um eine Infrastruktur für den Transport der neuen Energieträger zu schaffen.
Was ist dafür nötig?
Voigt: Ich gehe davon aus, dass sich Ammoniak - das ist chemisch NH3, also ein Stickstoff mit drei Wasserstoffmonekülen - zum Transport des Wasserstoffs besser eignet, da es eine sehr viel höhere Energiedichte hat. Aber dann muss der Ammoniak wieder in Wasserstoff umgewandelt werden. Dafür sind dann sogenannte Cracker notwendig, die in den Häfen vorgehalten werden müssen.
Ich muss zugeben: ich hatte beim Thema Hafen nicht als erstes an Nachhaltigkeit gedacht. Aber da sind die Häfen sowohl beim Thema Antrieb für Schiffe wie LKWs wie beim Transport von Energieträgern eine wichtige Schnittstelle. Beschäftigt sie das Thema Nachhaltigkeit noch an weiteren Stellen?
Voigt: Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt uns auch als Immobilienbesitzer. Alle Gebäude in den Ludwigshafener Häfen gehören dem Land Rheinland-Pfalz. Unser Ziel ist hier energetische Sanierungskonzepte zu erarbeiten und umzusetzen. Energieverbrauch sollte möglichst vermieden werden. Und die Energie, die nicht zu vermeiden ist, sollte sogenannte „grüne“ Energie sein: also etwa Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage, heizen mit Wärmepumpe oder Fernwärme statt mit Öl oder Gas.
Das klingt nach vielen Investitionen, von denen sie nichts haben, weil ja die Mieter die Energiekosten tragen.
Voigt: Ja, deshalb möchten wir die Mieter mit ins Boot nehmen und ihnen Angebote unterbreiten. So dass die Kunden zum Beispiel die Umrüstung von Neonröhren auf LED-Leuchten in einer Lagerhalle mitfinanzieren. Im besten Fall spart der Kunde durch die geringeren Energiekosten und wir bekommen unsere Investition teilweise refinanziert.
Und wie sieht es in den Hafenbetrieben selbst aus?
Voigt: Selbstverständlich müssen wir auch unser eigenes Emissionsverhalten betrachten: Strom, Heizung, Firmenfahrzeuge - was wird hier emittiert? Aber auch wo beziehe ich den Strom - wobei wir bereits „grünen“ Strom bekommen. Aber auch mittelbar verursachen wir Emissionen: wie kommen meine Mitarbeiter zur Arbeit? Hier kann man Anreize wie Job-Ticket, Job-Bike oder E-Ladestationen schaffen, um auch hier Emissionen zu vermeiden.
Das hört sich nach viel Arbeit an. Wer kümmert sich um das alles?
Voigt: Wir haben grade jetzt eine Leiterin für das Nachhaltigkeitsmanagement eingestellt, bei der dann alle Fäden zusammen kommen.