Es ist Urlaubszeit. Viele Menschen haben ihre Koffer gepackt. Voller Vorfreude werden Reiseunterlagen sortiert und die passende Garderobe ausgewählt. Im Vorfeld wurde alles sorgfältig geplant. Ob eine Reise angenehm verläuft, hängt oft von den Menschen ab, die sie begleiten: einem freundlichen Hotelteam, einem erfahrenen Reiseleiter oder einer aufmerksamen Flugbegleiterin.
Doch was, wenn eine Reise bevorsteht, deren Ziel auf keiner Landkarte verzeichnet ist? Die letzte Reise, die oft beschwerlich ist, deren Verlauf ungewiss bleibt – und an deren Ende kein Zurück mehr führt? Dann zählt vor allem eines: vertrauensvolle menschliche Nähe, unaufgeregte Beratung und die Gewissheit, kompetent begleitet zu werden.
Seit über 25 Jahren ist der Hospizverein für Stadt und Landkreis Kaiserslautern e.V. eine feste Anlaufstelle für lebensverkürzt Erkrankte, Angehörige und Trauernde. Das professionelle Team aus haupt- und ehrenamtlichen Kräften bietet Betroffenen eine individuelle, pflegefachliche sowie menschlich achtsame Begleitung. Zusätzlich vermittelt die Hospiz-Akademie Bildungsformate wie Letzte-Hilfe-Kurse, und im Palliativnetzwerk vernetzt der Verein wichtige Akteure der Region, um Versorgungslücken zu schließen.
Alle Angebote sind kostenfrei, unabhängig von Herkunft oder Konfession, und ermöglichen eine würdevolle letzte Lebensphase.
Die Arbeit des Vereins ruht auf zwei Säulen: den hauptamtlichen Fachkräften und den ehrenamtlichen Helfern. „Diese Verbindung aus Haupt- und Ehrenamt macht die Ganzheitlichkeit unseres Vereins aus“, sagt Geschäftsführerin Franziska Emrich. Mediziner, Pflegekräfte, Sozialarbeiter, Verwaltungskräfte und engagierte Laien arbeiten Hand in Hand, um eine fachlich fundierte Begleitung auf allen Ebenen sicherzustellen. „Der Bedarf an ehrenamtlicher Hilfe ist groß. Aktuell begleiten wir mit rund 75 freiwilligen Helfern etwa 150 Familien. Deshalb suchen wir immer Menschen, die betroffenen Familien Zeit schenken möchten“, berichten Susanne Weiß und Monika Feddeck, die den Ehrenamtsbereich im Erwachsenenbereich koordinieren. Die Engagierten kommen aus unterschiedlichsten Berufen, das Alter liegt zwischen 40 und 80 Jahren. Noch sind – wie so häufig im sozialen Ehrenamt – Frauen in der Mehrheit, aber die Zahl der Männer steigt. Im letzten Kurs gab es erstmals eine ausgeglichene Geschlechterverteilung.
Intensive Lehrgänge
Das Aufgabenfeld ist vielseitig: „Wir begleiten Menschen zu Hause, im Pflegeheim oder Krankenhaus. Oft sind es ganz praktische Dinge, die zählen: da sein, zuhören und gemeinsam mit Betroffenen und Angehörigen die Situation aushalten“, sagen sie. Nicht selten treten dabei alte Konflikte zutage: „Wie unter einem Brennglas kommen vergangene Enttäuschungen hoch. Die Nerven liegen blank, manchmal stehen Ehrenamtliche zwischen Fronten – und erleben Wut oder Verzweiflung direkt. Gleichzeitig bekommen sie aber auch viel Dankbarkeit zu spüren“, erzählen die beiden Koordinatorinnen. Wegen der anspruchsvollen Begleitsituationen gelten klare Schulungsstandards. Der Hospizverein orientiert sich an den Empfehlungen des Deutschen Hospiz- und Palliativ-Verbands: Mindestens 120 Stunden Theorie inklusive Praxisanteil braucht es, bevor man einsatzbereit ist. „Unsere Lehrgänge vermitteln das nötige Wissen, um Betroffene sicher zu begleiten und gleichzeitig selbst resilient zu bleiben“, so Weiß. Die Ausbildung beginnt mit einem Grundkurs, gefolgt von einer Phase der Reflexion. Danach schließt ein Aufbaukurs an, der mit einer feierlichen Aufnahme in die Gruppe der Ehrenamtlichen endet. Für aktive Helfer sind monatliche Gruppenabende verpflichtend. Sie dienender Supervision, dem Austausch und der fachlichen Begleitung.
„Unsere Arbeit verlangt eine persönliche Auseinandersetzung mit Leben, Tod und schwierigen Situationen. Deshalb führen wir die Schulungen immer im Tandem durch – um Teilnehmende individuell auffangen zu können“, sagt Feddeck. Viele Ehrenamtliche berichten trotz der Belastung von tiefer Sinnhaftigkeit: Die Möglichkeit, etwas wirklich Bedeutsames zu tun, sei für viele der Antrieb für ihr Engagement. Mit dem ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst „Rückenwind“ bietet der Verein auch Unterstützung für lebensverkürzend oder lebensbedrohlich erkrankte junge Menschen. Auch hier arbeiten Haupt- und Ehrenamtliche eng zusammen – doch die Arbeit unterscheidet sich in vielen Punkten von der Begleitung Erwachsener.
„Viele denken bei Kinderhospizarbeit sofort an Sterbebegleitung – dabei geht es bei uns häufig um eine langfristige Lebensbegleitung“, erklären Sabrina Jacob und Elke Barth. Trotzdem sei Tod auch hier ein Thema. „Es gibt viel Hoffnung, aber ebenso Abschied und Leid. Familien erleben oft einen Wechsel zwischen Krisen und Stabilität“, so Jacob. Ehrenamtliche unterstützen beispielsweise auch Geschwisterkinder, die in belasteten Familiensituationen oft zurückstehen müssen. Wie bei den Erwachsenen gilt: Auch hier werden alle Helfenden gründlich auf ihren Einsatz vorbereitet.
Neben der konkreten Begleitung bietet der Hospizverein auch Bildungsarbeit: Der „Letzte-Hilfe-Kurs“, angelehnt an den bekannten Erste-Hilfe-Kurs, vermittelt Basiswissen rund ums Sterben. Wie leiste ich Beistand? Welche Bedürfnisse gibt es am Lebensende? Was spendet Trost? „Für viele Angehörige ist es wichtig zu wissen, dass während der Sterbephase alles richtig gelaufen ist. Viele haben schlicht vergessen, wie Sterben praktisch aussieht. Aufklärung nimmt Unsicherheit“, erklären Weiß und Feddeck. Dabei geht es auch um gesellschaftliche Fragen: „Unsere Gesellschaft bietet kaum Raum für Trauer – besonders bei nicht-familiären Beziehungen. Es fehlen oft sogar die passenden Worte“, sagt Weiß.
Da Sterben und Trauer im Alltag oft verdrängt werden, bleibt die Bedeutung der Hospizarbeit vielen verborgen. Der Verein möchte dem etwas entgegensetzen – mit kreativen Aktionen, die öffentlich Raum für Erinnerung, Trost und Austausch schaffen. Der „Himmelsbriefkasten“ lädt dazu ein, Briefe an Verstorbene zu schreiben – ein symbolischer Schritt auf dem Weg der Trauer.
Wer sich ehrenamtlich engagieren oder den Verein mit einer Spende unterstützen möchte, kann sich an das Vereinsbüro in Kaiserslautern wenden: Hospizverein für Stadt und Landkreis Kaiserslautern e.V., Hertelsbrunnenring 22, Telefon 0631 34377500. mide