Eine anstehende Operation am Gehirnist für die meisten Patienten schon aufregend genug, doch die Vorstellung, dabei wach sein zu müssen, macht verständlicherweise Angst. Um Wach-Operationen den Schrecken zu nehmen, hat eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Wach-OP“ in Mannheim nun Musikwirtschaft und Medizintechnologie zusammengeführt.
Beispielsweise Hirntumor-Operationen erfordern es manchmal, dass Patienten ins Bewusstsein zurückgeholt werden. „Während solch einer Operation lassen sich zwar die Funktionen einzelner Hirnnerven und die Motorik auch am schlafenden Patienten gut überwachen, die Sprachproduktion und das Sprachverständnis aber beispielsweise nicht“, erklärt Dr. Miriam Ratliff, Oberärztin der Neurochirurgischen Klinik an der Universitätsklinik Mannheim (UMM). „Daher werden Tumore in der Nähe des Sprachzentrums am sichersten an einem wachen Patienten operiert, der während des Eingriffs immer wieder von einer Logopädin getestet wird.“
Währenddessen verhindert natürlich eine regionale Betäubung, dass der Patient Schmerzen verspürt und das Gehirn selbst ist gar nicht schmerzempfindlich. Zum Problem wird jedoch häufig, dass der Patient bei solch einer Wach-OP alle Geräusche und Gespräche im Operationssaal mitbekommt. „Wir möchten unsere OP-Techniken stets verbessern und sicherer machen. Doch genauso wichtig ist es für uns, den Patienten so wenig wie möglich zu belasten und den Stress zu reduzieren, der durch Angst und subjektiven Kontrollverlust entsteht“, erklärt Miriam Ratliff die Idee für die Gründung der Arbeitsgruppe.
Schnittstelle von Musik und Medizin
Zu diesem Team gehören neben diversen Spezialisten der Universitätsklinik Mannheim auch das Fraunhofer-Institut IPA, Startup Mannheim und diverse externe Partner wie SPL, Session pro und Inear. Bei Startup Mannheim waren es vor allem Dr. Matthias Rauch und seine Kollegin Katharina Klotzbach, die vor zwei Jahren beschlossen, die interdisziplinäre Arbeitsgruppe an der Schnittstelle von Musik und Medizin ins Leben zu rufen. „Eines der Hauptaufgabengebiete der kulturellen Stadtentwicklung sind die Initiierung von interdisziplinären Innovationsprojekten an der Schnittstelle von Kunst/Kultur, Wirtschaft, Technologie und Wissenschaft“, berichtet Rauch, und seine Kollegin Katharina Klotzbach ergänzt:
„Die Medizintechnologie ist per se ein sehr interdisziplinärer Bereich. Dennoch gab es bislang nur wenige Berührungspunkte zur Musik- oder Kreativwirtschaft.“ Die Grundidee des Teams war es zum einen, den Patienten mit Musik von der Geräuschkulisse im Operationssaal abzulenken und zu beruhigen sowie zum anderen, die Gespräche zwischen dem Logopäden und dem Patienten sowie dem Logopäden und dem Chirurgen voneinander zu trennen. Hierfür war unter anderem jede Menge Technik nötig, die in die Abläufe der Operation eingebaut werden musste. „Wir mussten Experten für Audiotechnik, Medizintechniker, ein Ärzteteam sowie Logopäden an einen Tisch bringen und trafen uns regelmäßig über ein Jahr lang“, erklärt Dr. Jens Langejürgen vom Fraunhofer Institut. Nachdem alles bereit stand, haben sich die Beteiligten selbst in realistische Tests im Experimental-Operationssaal begeben und Simulationen durchgeführt, damit wirklich alles passend, bequem, sicher und hygienisch war.
Zusätzlich zur gewöhnlichen Unterstützung des Patienten durch den Logopäden sowie den Anästhesisten wurden dabei durch einen ergonomischen Kopfhörer die OP-Geräusche gedämpft, Musik zur Beruhigung eingespielt und die gezielten Gespräche mit der Logopädin ermöglicht. „Durch die speziellen Kopfhörer wird der Logopäde die Stimme des Patienten voraussichtlich klarer verstehen und so auch schon leichte Veränderungen im Sprachbild frühzeitig erkennen und diese Information an die Neurochirurgen weitergeben können“, so Langejürgen.
Tests bei echten Operationen
Die Innovationen werden jetzt bei echten Operationen getestet und sollen bei Bedarf am Neuroonkologischen Zentrum des Universitätsklinikums Mannheim eingesetzt werden können. „Wir testen die zu erwartenden Vorteile für Patienten gerade im Rahmen einer ersten Studie“, berichtet Miriam Ratliff. „Daher wird das Headset aktuell nur in unserer Klinik verwendet. Allerdings ist eine Ausweitung auf andere Operationen mit regionaler Betäubung angedacht.“ Wer Interesse an den Neuerungen hat, kann sich mit den Experten in Verbindung setzen. Und die interdisziplinäre Arbeitsgruppe ist bereits mit neuen Ideen beschäftigt, so soll im Bereich der onkologischen Ambulanz am UMM Musik ebenfalls bald eine zentralere Rolle spielen. ANNE KIRCHBERG
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Neuroonkologisches Zentrum am Universitätsklinikum Mannheim
Telefon: 0621 383-2750
www.umm.de/neurochirurgie
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Herzinfarkt-Risiko an Heiligabend höher als an anderen Feiertagen
Gefährlichste Tageszeit generell vor allem für vorgeschädigte Patienten ist einer Studie zufolge der Montagmorgen
Feiertage wie Weihnachten und Ostern oder Sportevents wie die Fußball-Weltmeisterschaft können sehr stressig sein – sowohl körperlich als auch emotional. Eine wissenschaftliche Studie in Schweden ergab, dass das Herzinfarkt-Risiko zu Weihnachten und Neujahr stieg. Zu Ostern und Sportevents ereigneten sich hingegen nicht mehr Herzinfarkte.
Wie das Deutsche Gesundheitsportal informiert, analysierten schwedische Wissenschaftler, wie häufig sich während Festtagen und Sportevents Herzinfarkte ereigneten und werteten ein landesweites Register mit 283.014 Herzinfarkten, die sich zwischen 1998 und 2013 ereigneten, rückblickend aus. Für alle Herzinfarkte war angegeben, wann die ersten Symptome auftraten. Den Fallzahlen an den Feiertagen stellten sie jeweils die beiden Wochen vor und die beiden Wochen danach gegenüber.
Des Weiteren zählten sie laut Deutschen Gesundheitsportal die Herzinfarkte, die während großer Sportevents auftraten, darunter die Fußball-Weltmeisterschaften, die Fußball-Europameisterschaften, die Olympischen Sommerspiele und die Olympischen Winterspiele. Hier wurde als Kontrollzeitraum der gleiche Zeitraum gewählt, in dem auch das Sportereignis stattfand, allerdings in dem Jahr vor und dem Jahr nach dem Event. Die Wissenschaftler interessierten sich außerdem dafür, ob es einen bestimmten Wochentag oder eine bestimmte Tageszeit gab, an dem das Herzinfarkt-Risiko erhöht war.
Die Auswertung der Daten zeigte den Schilderungen des Portals zufolge, dass das Herzinfarkt-Risiko sowohl zu Weihnachten/Neujahr als auch zum Mittsommerfest erhöht war. Das Herzinfarkt-Risiko zu Weihnachten war um 15 Prozent und zum Mittsommerfest um zwölf Prozent höher. Am deutlichsten stieg das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, dabei an Heiligabend (37 Prozent höheres Risiko). Auch am Neujahrstag war das Herzinfarkt-Risiko erhöht (20 Prozent höheres Risiko).
Im Gegensatz dazu traten Silvester, während Ostern und bei Sportevents Herzinfarkte nicht häufiger auf. Auffällig war, dass das Risiko, an einem Feiertag einen Herzinfarkt zu erleiden, besonders bei den Patienten, die älter als 75 waren oder an Diabetes oder der koronaren Herzkrankheit (KHK) litten, stieg.
Was die Wochentage und die Tageszeit anging, konnten die Wissenschaftler dem Deutschen Gesundheitsportal zufolge ebenfalls Zeiträume erkennen, an denen das Herzinfarkt-Risiko erhöht war. So war das Risiko für einen Herzinfarkt zum Beispiel montags und in den frühen Morgenstunden (besonders um 8 Uhr) am größten. msw