Die Nachrichten über den Rückgang von Singvögeln und Populationen von Insekten, gepaart mit Hiobsbotschaften des Klimawandels lassen immer mehr Menschen über ihre eigene Lebensweise nachdenken. Ein verändertes Bewusstsein zum Umgang mit unseren Ressourcen klärt den Blick auf die Natur als schützenswerte Lebensgrundlage. Das verändert bei Vielen auch den Blick auf den eigenen Garten.Vor allem Insekten, besonders Bienen und Hummeln, spielen bei der Gestaltung des eigenen Grundstücks mittlerweile eine wesentliche Rolle. Pflanzen, die die fleißigen Bestäuber anziehen, stehen hoch im Kurs: Bienenweiden, auch Bienentrachtpflanzen genannt, mit langer Blütezeit und hohem Gehalt an Nektar und Pollen, werden immer häufiger in die Beete integriert. Auch Gewächse, die anderen Insekten wie Marienkäfern oder Ohrwürmern einen Platz zum Leben bieten, spielen eine größere Rolle. Galten vor allem letztere bisher eher als „eklige Kneifer“, rückt nun ihre positive Eigenschaft als natürliche Blattlausvertilger in den Vordergrund.
Der naturnahe Garten
Ebenso sollen sich nun mehr Igel, Vögel und Eichhörnchen im Garten wohlfühlen und das längst nicht mehr nur bei Familien mit kleinen Kindern. „Der Trend geht bei vielen unserer Kunden in Richtung insektenfreundlicher, naturnaher Gestaltung“, erlebt Gerald Jungjohann vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) e.V. „Auch die Nachfrage nach ressourcenschonenden Elementen, wie zum Beispiel einer automatischen Bewässerung, die aus unterirdischen Regenwassertanks gespeist wird, steigt deutlich.“
Eine große Artenvielfalt und ein Verständnis für natürliche Kreisläufe sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass der naturnahe Garten seinen Besitzern – und auch der Tierwelt – Freude macht. Ein Teich mit Wasserpflanzen und Gräsern im Uferbereich lockt nicht nur Libellen und Vögel, sondern auch Frösche an. Eine Hecke aus Vogelnährgehölzen wird für die Tiere zum wichtigen Unterschlupf und Nistplatz. Eine Wildblumenwiese und ein Staudenbeet mit Gräsern haben ganzjährig Futter im Angebot.
„Was in einem naturnahen Garten auf keinen Fall fehlen sollte, ist eine Trockenmauer aus Natursteinen. Denn in ihren offenen Wandfugen finden Eidechsen und Käfer Lebensraum und Zuflucht zur Überwinterung“, erklärt Gerald Jungjohann vom BGL. „Besonders lebendig und auch schön wird es, wenn die Zwischenräume mit robusten Gewächsen bepflanzt werden, die sich in dem kargen Umfeld wohlfühlen.“
Ist der naturnahe Garten einmal angelegt, dann reguliert er sich weitgehend selbst. So ist er ein lebendiges und attraktives Statement und das Gegenteil einer intensiven monokulturellen Landwirtschaft. „Naturnahe Gärten sind kleine, intakte Biotope!“, weiß Jungjohann aus Erfahrung.
Zu viel Ordnung sollte man in solchen Arealen aber nicht erwarten, schließlich sind es gerade die unaufgeräumten Orte wie ein Reisighaufen, der Kompost, Herbstlaub oder das Totholz vom alten Apfelbaum, die den Gartentieren eine Heimat geben. „Das trifft natürlich nicht jeden Geschmack“, weiß Gerald Jungjohann. „Dann raten wir, sich auf bestimmte Bereiche zu beschränken und dort möglichst naturnah und vielfältig zu gestalten. Auch auf die geliebten, gefüllten Rosen oder Dahlien müssen Gartenbesitzer nicht verzichten. Ein guter Mix aus insektenfreundlichen Pflanzen und schmückenden Gewächsen, die einfach schön fürs Auge sind, bietet immer noch Mehrwert für die Tierwelt. Eins ist jedoch wesentlich: Vielfalt ist im naturnahen Garten Trumpf.“ msw/bg