Orthopädietechnik-Mechaniker fertigen individuelle Hilfsmittel für Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Dafür braucht es nicht nur geschickte Hände, sondern auch Einfühlungsvermögen für die Patienten.
Was ihr besonders Spaß macht? „Die Arbeit mit Kindern.“ Luisa Richter, Auszubildende zur Orthopädietechnik-Mechanikerin, arbeitet in einem Betrieb, der sich auf Kinder spezialisiert hat. Dort lernt sie, wie sie den Patienten, die körperliche Einschränkungen haben, mit individuellen Hilfsmitteln das Leben erleichtern kann.
Orthopädietechnik-Mechaniker fertigen in Präzisionsarbeit und mit verschiedenen Materialien Prothesen, Orthesen oder etwa Rollstühle an – individuell angepasst an die Bedürfnisse des Patienten. Sie beurteilen Krankheitsbilder, beraten und erklären die Handhabung der Hilfsmittel. Luisa Richter hat sich nach ihrem Fachabi für eine Ausbildung beworben. „Ich habe nach einem Beruf gesucht, der Handwerkliches und Soziales verbindet.“
Die handwerklichen Grundlagen und den Umgang mit den Werkstoffen lernen Auszubildende bereits im ersten Jahr. Luisa Richter hat zuerst einmal die Abteilungen in ihrem Betrieb kennengelernt: Die Näherei, den Modellierraum und die Gipserei. „Früher wurde viel mit Holz und Metall gearbeitet, heute eher mit Kunststoffen“, sagt Alf Reuter, Vizepräsident des Bundesinnungsverbandes für Orthopädie-Technik.
Die Ausbildung zum Orthopädietechnik-Mechaniker findet dual statt, im Betrieb und in der Berufsschule. Außer Mathe und Deutsch stehen Fächer wie Anatomie und Pathologie auf dem Stundenplan. Daneben darf der Patientenkontakt nicht zu kurz kommen. „In diesem Beruf hat man teilweise mit schweren Schicksalsschlägen zu tun, mit frisch verunfallten Amputierten oder mehrfach schwerbehinderten Kindern – damit müssen die Auszubildenden professionell umgehen können“, sagt Reuter. Das erfordere ein hohes Maß an Empathie, aber ebenso professionelle Distanz. Berührungsängste vor Narben oder Wunden seien fehl am Platz. Am Anfang sei ihr der Umgang mit einigen Krankheitsbildern tatsächlich etwas schwer gefallen, räumt Richter ein. „Daran habe ich mich aber schnell gewöhnt. Schließlich unterstützt man die Menschen, so dass sie besser am Leben teilhaben können.“
Im zweiten Lehrjahr hat sie sich für einen der drei Schwerpunkte der Ausbildung entschieden: die Orthetik, also das Anfertigen von Orthesen, die Körperteile stabilisieren, korrigieren oder entlasten. Bei den beiden anderen möglichen Schwerpunkten handelt es sich um Prothetik, das Anfertigen von künstlichen Gliedmaßen, und Rehabilitationstechnik, wo etwa Rollstühle oder Krankenbetten hergestellt werden.
Einen bestimmten Schulabschluss muss man nicht vorweisen. Die Vergütung kann von Betrieb zu Betrieb stark variieren. Die kommerzielle Ausbildungsbörse Aubi-plus.de nennt eine Gehaltsspanne von 440 bis 600 Euro im ersten und von 550 bis 800 Euro im dritten Lehrjahr. Nach dem Abschluss arbeiten Orthopädietechnik-Mechaniker in Sanitätshäusern, Krankenhäusern, Rehawerkstätten oder machen sich selbstständig. |dpa
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Weitere Informationen zum Berufsbild unter www.planet-beruf.de oder unter www.aubi-plus.de
Über den Tellerrand schauen
Nicht nur Studenten, auch Auszubildende können ins Ausland gehen
Im Handwerk ist es eine uralte Tradition, als fertiger Geselle auf der Walz neue Erfahrungen in fremden Gegenden zu sammeln. Aber auch während der Ausbildung können Lehrlinge im Ausland über den eigenen Tellerrand schauen. Für Auszubildende gibt es genau wie für Studenten spezielle Förderprogramme, die das möglich machen.
Wie gehe ich vor?
Der erste Ansprechpartner ist entweder der Ausbilder im Betrieb oder der Lehrer. „Die müssen dem zustimmen“, erklärt Berthold Hübers von der Nationalen Agentur beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. Eventuell gibt es bereits entsprechende Angebote des Betriebs oder der Schule. Ansonsten können Azubis sich bei sogenannten Pool-Projekten bewerben, die Zugang zu Stipendien bieten. Auch die Industrie- und Handels- oder die Handwerkskammern sind Anlaufstellen und helfen bei der Organisation und der Suche nach Förderungen, sagt Tamara Moll vom Projekt Berufsbildung ohne Grenzen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK).
Welche Förderungen kann ich bekommen?
Das Programm Erasmus + bietet Azubis finanzielle Zuschüsse für Aufenthalte in den EU-Ländern sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen, der Türkei und Mazedonien. Für andere Länder gibt es das vom Bundesbildungsministerium ins Leben gerufene Pilotprojekt Ausbildung Weltweit. Auch binationale Programme, etwa mit Frankreich, werden angeboten.
Bekomme ich im Praktikum weiter meine Vergütung?
Wenn das Praktikum als Teil der Ausbildung gilt, bekommen Teilnehmer währenddessen auch weiter ihre Vergütung, erläutert die Informations- und Beratungsstelle für Auslandsaufenthalte in der beruflichen Bildung (IBS).
Wie lange darf mein Auslandspraktikum dauern?
Bei Erasmus+ ist eine Dauer von zwei Wochen bis zwölf Monaten vorgesehen. Üblich seien vier bis sechs Wochen, erklärt Hübers. Bei Ausbildung Weltweit ist die Zeit auf drei Wochen bis drei Monate beschränkt, erklärt die IBS. Laut Berufsbildungsgesetz sollten Auslandspraktika maximal ein Viertel der Ausbildungszeit ausmachen.
Wann ist der beste Zeitpunkt dafür?
Bei einer dreijährigen Ausbildung bietet sich das zweite Lehrjahr für einen Auslandsaufenthalt an, sagt Moll. „Idealerweise sollten Azubis ein Jahr vorher mit der Planung anfangen.“
Wird mir das Praktikum für die Ausbildung angerechnet?
Ein Praktikum mit Zustimmung des Ausbildungsbetriebs oder der Berufsschule wird voll angerechnet, erklärt Hübers. Freinehmen muss sich dafür niemand. Wer sein Praktikum zumindest teilweise in die Ferien legt,muss später weniger in der Berufsschule nachholen.
Welche Hürden gibt es?
Die Option ist noch nicht so bekannt, sagt Hübers. Der Gang ins Ausland ist für manche Jugendliche außerdem ein großer Schritt. Mit unter muss auch der Chef erst von der Idee überzeugt werden – gerade wenn er noch nie davon gehört haben sollte, erklärt Moll.
Und wie mache ich das?
Im ersten Moment sind manche Betriebe vielleicht nicht begeistert davon, dass der Azubi fehlt und weiter Geld erhält. Dann sind gute Argumente gefragt. Ein Azubi kann etwa darauf verweisen, dass er die Erfahrung aus dem Ausland gut im Heimatbetrieb einbringen kann: Verbesserte Englischkenntnisse zum Beispiel, oder den Umgang mit einer neuen Software. Ein Auslandsaufenthalt sei für Betriebe daher eine Investition in die Zukunft, so Moll. |dpa
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Weitere Informationen zu Erasmus+ unter www.machmehrausdeinerausbildung.de, www.bmbf.de, www.erasmusplus.de sowie zum DIHK-Portal Berufsbildung ohne Grenzen unter www.go-ibs.de
Wahrheitsgemäß und wohlwollend
Arbeitnehmer können ihr Zeugnis anfechten – Angemessene Formulierungen
Wer aus einem Unternehmen ausscheidet, bekommt zum Abschied ein Arbeitszeugnis. Doch nicht immer sind die Angestellten mit dem zufrieden, was sie dort zu lesen kriegen. Zum Beispiel, wenn das Zeugnis schlechte Noten enthält.
Wie können Arbeitnehmer gegen ein schlechtes Arbeitszeugnis vorgehen?
„Man kann sich beim Arbeitgeber beschweren oder Klage auf Berichtigung des Zeugnisses erheben“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht. Zunächst sollten Arbeitnehmer den Arbeitgeber mit Fehlern im Zeugnis konfrontieren, rät André Kasten, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Für die Nachbesserung sollte man eine Frist von mindestens zwei Wochen setzen. Bleibt dies erfolglos, gehen Arbeitnehmer am besten zum Anwalt oder einer Rechtsantragsstelle der Arbeitsgerichte.
Wie gehe ich als Betroffener formal korrekt vor?
„Bei einer Zeugnisberichtigung sind Fristen zu beachten“, sagt Michael Felser, Arbeitsrechtler. Wenn es im Arbeits- oder Tarifvertrag eine Verfall- oder Ausschlussfrist gibt, dann gilt diese auch für den Anspruch auf ein wahrheitsgemäßes Zeugnis. „In der Regel sind das drei oder sechs Monate.“ So lange sollte man aber nicht warten. Sind nur kleine Ergänzungen nötig, genügt häufig die persönliche Vorsprache, sagt Oberthür. „Wenn das Zeugnis insgesamt unbrauchbar ist, lohnt es sich, einen Anwalt hinzuzuziehen, um mit einem eigenen Formulierungsvorschlag auf den Arbeitgeber zu zugehen.“
Wer muss was beweisen?
Die Beweislast haben die Gerichte jeweils zur Hälfte verteilt, so Felser. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass der Arbeitnehmer schlechter als der Durchschnitt (befriedigend) war, der Arbeitnehmer hingegen, dass er besser war. Zwischenzeugnisse, Leistungsbeurteilungen und Auszeichnungen können ebenso helfen wie Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte, die gute Leistungen bezeugen.
Was kann ich anfechten?
„Die Tätigkeitsbeschreibung und die Leistungsbewertung sind anfechtbar“, sagt Oberthür. Die sprachliche Formulierung hingegen obliegt allein dem Arbeitgeber. Das Zeugnis müsse vollständig, wahrheitsgemäß und wohlwollend sein, sagt Felser. Und natürlich formalen Ansprüchen genügen.
Wie aussichtsreich ist die Anfechtung?
Eine Berichtigungsklage ist aus rechtlicher Sicht nahezu niemals aussichtsreich, sagt Oberthür. Das liege vor allem an der Verteilung der Beweislast. Viele Arbeitgeber sind aber zu Kompromissen bereit, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Auch Arbeitsrichter bemühen sich um sachgerechte Kompromisse. Daher lohne sich die Klage trotzdem oft. |dpa