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Kinder und Karriere – beides wollen Frauen unter einen Hut bekommen. Ein Selbstläufer ist das aber nicht, schon gar nicht in Corona-Zeiten. Und auch ohne Pandemie kann es häufig nur gelingen, wenn der Mann zurücksteckt, und mehr Zeit mit den Kindern und im Haushalt verbringt. So wie Boris Bortchen, dreifacher Vater aus Hamburg, der in Teilzeit arbeitet, damit seine Frau beruflich durchstarten kann.
Ein normaler Tag beginnt bei der PR-Managerin Jenny Bortchen so: Um 6.30 Uhr aufstehen, frühstücken, die zwei Jüngsten (zwei und sechs Jahre) in die Kita bringen, der Große (elf Jahre) fährt selbst zur Schule. Wieder nach Hause fahren, Telefonate erledigen, E-Mails schreiben, Pressearbeit für die Kunden planen.
Um 13.30 Uhr kommt der Große von der Schule, das heißt: schnell etwas kochen und zusammen essen. Zurück am Schreibtisch bis 15 Uhr, dann kehrt Ehemann Boris von seinem Job in einer Werbetechnikfirma mit den beiden Kindern aus der Kita zurück.
Nach dem gemeinsamen Abendessen und Kinder ins Bett bringen setzt sie sich manchmal noch an einen Pressetext. Durch ihre freie Zeiteinteilung schafft Jenny es, zwei Nachmittage pro Woche mit der Familie zu verbringen. „Wir haben lange darauf hingearbeitet, dass dies alles so funktioniert“, erzählt Jenny. Nach ihrem Studium, verschiedenen Praktika und dem Volontariat in einer großen PR-Agentur arbeitete sie sich bis zum Account Director hoch.
Sprung in die Selbstständigkeit
Den Sprung in die Selbstständigkeit wagte sie 2016 nach der Elternzeit des zweiten Sohnes. „Ich konnte mich weder finanziell, noch von der Position her im damaligen Unternehmen weiterentwickeln“, erzählt sie. Boris unterstützt den Weg seiner Frau: „Ich habe schon immer gesagt: Wenn meine Frau sich selbstständig macht, schafft sie es, in weniger Arbeitszeit mehr Geld ranzuschaffen.“ Tatsächlich verdient Jenny heute mehr als in ihrer Angestelltenzeit.
Damit sich Boris nachmittags um die Kinder kümmern kann, ermöglichte ihm sein Arbeitgeber, Stunden zu reduzieren. „Von anderen Männern wird mir oft mit Neid begegnet, dass ich in Teilzeit arbeiten kann. Denn viele Väter wollen ihre Kinder öfter sehen“, sagt er.
Arbeit bedeutet oft Wertschätzung
„Irgendwann kommt jede Mutter an den Punkt, wieder etwas für sich selbst in der beruflichen Karriere tun zu wollen“, sagt Stefanie Gundel. Sie coacht berufstätige Mütter. Ein Grund sei häufig Wertschätzung, da Kinderbetreuung in der Gesellschaft nicht so hoch angesehen werde wie die Arbeit in einem Job. „Wenn aber die Gewissenskonflikte sehr groß sind, sollte man im ersten Schritt überlegen, welches Motiv hinter dem Wunsch steckt, wieder zu arbeiten“, erklärt sie weiter. Was bekomme ich dadurch, abgesehen vom Geld?Was möchte ich meinen Kindern mitgeben? Welche Werte möchte ich vorleben?
„Das Ergebnis kann zum Beispiel sein, dass einem eine gute Kommunikation mit den Kindern wichtig ist“, sagt Gundel. Das können Mütter auch mit einem täglichen gemeinsamen Abendessen erreichen oder mit einem freien Tag in der Woche, an dem sie alle gemeinsam Zeit verbringen.
„Klar denke ich, wenn ich im Café sitze, arbeite und drei Mütter mit ihren Kindern Eis essen sehe, dass dies jetzt auch schön wäre“, gibt Jenny zu. „Auf der anderen Seite hatte ich das schon mal und bin froh, dass ich meine Erfüllung auch wieder im Job finde.“ Organisation steht bei den Bortchens ganz oben auf der Liste: „Ein Termin auswärts mit Übernachtung wird immer dann schwierig, wenn der andere auch abends Termine hat“, erzählt Jenny. Ebenso müssen schnelle Lösungen her, wenn ein Kind erkrankt. Doch auch eine gute Planung kann mal scheitern. „Mein Stresslevel steigt enorm, wenn ich zu spät losgehe mit den Kleinen“, sagt Jenny. Da die Bortchens in der Woche viele Termine einhalten müssen, versuchen sie, sich am Wochenende nicht zu viel vorzunehmen. „Wichtig ist, immer wieder gemeinsam zu überlegen, was der Kernfamilie guttut. Auch, wenn das Ergebnis Faulenzen heißt.“ dpa