Ein „agiles Arbeitsumfeld“ schreiben sich viele Unternehmen groß auf die Fahne. Hinter agiler Arbeit steckt aber eine ganze Management-Philosophie, bei der Flexibilität im Fokus steht. Klingt dynamisch – und das ist es auch.
In vielen Unternehmen und Branchen gehört agiles Arbeiten längst zum Alltag
„Vor allem bei komplexen Aufträgen und Entwicklungsarbeiten kann agiles Arbeiten ein echter Gewinn sein“, sagt Antje Ducki, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie. Unternehmen können sich ändernde Kundenwünsche im Zuge eines komplexen Auftrags besser berücksichtigen und somit erfolgreich arbeiten.
Eines von mehreren Modellen beim agilen Arbeiten nennt sich „Scrum“ (englisch für Gedränge). Ein komplexer Auftrag wird in mehrere zeitlich limitierte Blöcke eingeteilt. „Diese Zeitblöcke heißen auch Sprints“, sagt Ducki. Innerhalb eines Sprints erfolgen regelmäßig Absprachen innerhalb des Teams. Am Ende des Sprints bekommt der Kunde oder die Kundin ein Teil-Ergebnis präsentiert. Das Feedback fließt nun in die weitere Arbeit ein. Manchmal geht es weiter wie vorgesehen, manchmal ändert sich die Richtung, weil sich die Vorstellungen zwischenzeitlich verändert haben. Sprint für Sprint nähert sich das Team nun dem fertigen Produkt. „Eine solche Arbeitsweise kann die Effektivität deutlich steigern“, erklärt Ducki. Voraussetzung hierfür sei, dass das Team in den einzelnen Sprints „ungestört und hochfokussiert“ arbeiten kann, ohne zum Beispiel mit zusätzlichen Aufgaben belastet zu werden.
Innerhalb des Scrum-Teams gibt es sogenannte Scrum-Master. Ducki vergleicht sie mit Moderatoren, die das Team begleiten und anhand von Fragen wie „Wo stehen wir?“, „Wie läuft es?“ oder „Wo hakt es gerade?“ ausloten.
Ein weiteres wesentliches Merkmal des agilen Arbeitens ist die Rückschau. „Das Team blickt zurück, guckt sich an, wer was gemacht hat, wie es gelaufen ist, wo es möglicherweise Probleme gab und wie es gegebenenfalls beim nächsten Mal besser laufen könnte“, sagt Ducki. „Erfolgreiches agiles Arbeiten ist immer gut funktionierende Teamarbeit.“
Für die Berufswelt bedeutet das: „Hierarchien fallen, die Strukturen werden flacher“, sagt Svenja Hofert, Buchautorin und Geschäftsführerin der Teamworks GTQ GmbH in Hamburg. Beschäftigte bekommen beim agilen Arbeiten mehr Verantwortung. Dazu gehört zum Beispiel, dass sie oft Teile eines Auftrags selbstständig planen.
Mehr Verantwortung für Einzelne
Agiles Arbeiten heißt für die Beschäftigten aber auch, dass sie bereit sein müssen, deutlich mehr als in traditionellen Arbeitsstrukturen miteinander zu kommunizieren. Sie stehen permanent im Austausch. Das bietet nicht zuletzt die Chance, mögliche Fehler in einem Arbeitsprozess früh zu erkennen. Agiles Arbeiten verschiebt die Prioritäten. Anstatt an einem Plan, der zu Beginn der Auftragserteilung entworfen wurde, starr festzuhalten, reagiert ein Unternehmen auf Veränderungen schnell und flexibel. Eine solche Herangehensweise kann für einzelne Beschäftigte von Vorteil sein. Wer mehr Verantwortung hat, gehe Aufgaben auch motivierter an, so Hofert.
Aber es gibt auch Nachteile. Manche Beschäftigte fürchten Druck und Stress, wenn sie mehr Verantwortung übernehmen sollen. Aber auch Führungskräfte stehen der Methode nicht immer positiv gegenüber, weil sie Angst vor einem Machtverlust haben. „Damit agiles Arbeiten in einem Unternehmen funktionieren kann, braucht es mehrere Voraussetzungen“, sagt Ducki. Erstens komplexe Aufgabenstrukturen, zweitens eine bestimmte Offenheit auf betrieblicher Ebene und drittens Beschäftigte wie Führungskräfte, die zu einer neuen Form der Zusammenarbeit bereit sind. dpa