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„Es ist ein Wagnis – mit sich selbst und dem, was man macht“

Vereint in Speyer: Reinhard Ader möchte als Vorsitzender des Künstlerbundes Speyer um den künstlerischen Nachwuchs werben, um das Vereinsleben weiter aktiv zu gestalten

„Es ist ein Wagnis – mit sich selbst und dem, was man macht“

Dreiteilige Hommage an Peter Paul Rubens: Reinhard Aders „Stairway to heaven ", 2021, Acryl auf Leinwand, 100 x 240 cm. FOTO: ADE-Dreiteilige Hommage an Peter Paul Rubens: Reinhard Aders „Stairway to heaven ", 2021, Acryl auf Leinwand, 100 x 240 cm. FOTO: ADE

1984 ist Reinhard Ader eigentlich noch Keramikkünstler. Im Kampf mit der richtigen Technik. Damit das Werk nichtzerbricht. Ein langsamer, technischer Prozess – dieser ist besonders wichtig bei der Arbeit mit Keramik, erklärt Ader später. Und doch gibt es in den Jahren einen Bruch: Reinhard Ader wechselt zur Malerei. „Ich habe gemerkt, ich hinke mit meiner praktischen Tätigkeit eigentlich meinem Denken hinterher“, beschreibt Ader die Suche nach anderen technischen Umsetzungsformen in der Keramik. Im Hinterkopf habe er auch immer den Gedanken gehabt, malerisch und zeichnerisch tätig zu sein, seine Gedanken und Emotionen spontan, expressiv und direkt auszudrücken. Und unkonventionelle Techniken des Ausdrucks zu finden.

Vereint in Speyer: Reinhard Ader möchte als Vorsitzender des Künstlerbundes Speyer um den künstlerischen Nachwuchs werben, um das Vereinsleben weiter aktiv zu gestalten

„Lieber Künstlerkollege, es ist endlich soweit: Die in Speyer ansässigen Künstler wollen sich zusammenschließen und zur Vertretung ihrer Interessen einen eingetragenen Verein gründen“, schreibt Manfred Weihe damals, am 15. Juni 1984 in der Einladung zur Gründerversammlung des Künstlerbundes im Auftrag von 15 Speyerer Künstlern. Die erste Ausstellung der Vereinigung gab es dann im Untergeschoss des Alten Stadtsaals, mittendrin Reinhard Ader – nicht als Mitglied, sondern als Besucher. Elektrisiert von den verschiedenen Ausdrucksformen, der Vielfältigkeit der Werke und den Künstlern fragt er sich: „Warum bist du nicht dabei? Warum machst du nicht mit?“

Ader ist 1949 in Kaiserslautern geboren und in Speyer aufgewachsen. Studiert hat er an der Hochschule für Bildende Künste in Kassel, sein Referendariat hat er am Hans-Purrmann-Gymnasium absolviert. Ersten Kontakt mit der Speyerer Kunstszene macht Ader als Schüler beim Besuch der damaligen Galerie Studio 68 in der Johannesstraße. Damals schon spürt er die Begeisterung für Kunst und die Kunstszene. 1988 richtet der Künstlerbund die dritte Ausstellung im Alten Stadtsaal aus. Ader ist wieder anwesend, diesmal als Gast. Er stellt zwei auf Holz gemalte Werke aus. Zwei Jahre später erhält Ader im Alter von 40 Jahren den Hans-Purrmann-Preis der Stadt Speyer (siehe Seite 21). „Das war für mich überraschend – und für viele Künstlerkollegen und Kolleginnen auch. Sie kannten mich als Keramiker, nicht als Maler“, erinnert er sich. Der Preis habe ihm einen großen Auftrieb gegeben.

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Reinhard Ader ist Vorsitzender des Künstlerbundes. FOTO: M. STERNReinhard Ader ist Vorsitzender des Künstlerbundes. FOTO: M. STERN

Seit 1988 ist Ader Mitglied des Künstlerbundes, seit 2017 erster Vorsitzender der Vereinigung, die aktuell 32 Künstler zählt. Bis zu acht Ausstellungen pro Jahr organisieren die ehrenamtlichen Mitglieder. Als Mitglied im Künstlerbund habe man die Möglichkeit, sich als Künstler zu präsentieren und sichtbar zu machen, sowohl im Künstlerhaus als auch in Gemeinschaftsausstellungen in der Region. Seit 1987 organisiert der Künstlerbund zudem ein internationales Stipendium, das von der Stadt Speyer finanziert wird. Für drei Monate wird ein ausländischer Künstler in das Künstlerhaus eingeladen; die in dieser Zeit entstandenen Arbeiten werden am Ende des Stipendiums im Künstlerhaus ausgestellt. „Durch unsere Stipendiaten kommen wir mit der ganzen Welt in Berührung“, sagt Ader. „Wir lernen völlig andere Denk- und Sichtweisen aus anderen Ländern kennen – und diese inspirieren uns natürlich auch wieder.“ 32 Stipendiaten aus dem Ausland hat der Künstlerbund bis jetzt betreut.

„Kunst macht mit uns etwas, das wir nicht begreifen können“, sagt Ader. Die meisten seiner Werke entstünden während des Arbeitens selbst. Andere hingegen sind rein rational, minutiös. „Am Anfang ist es mehr oder weniger ein Herantasten, vielleicht auch ein Kampf. Dann kommt irgendwann der Punkt – und das ist interessant – in dem das Bild diktiert, was zu machen ist.“ Das basiert auf der zeichnerischen und kompositorischen Erfahrung des Künstlers. Zunächst. Aber auch gegen die Konvention der Erfahrung möchte Ader angehen. „Das aber, ist ein äußerst schwieriger Prozess, den man nicht lange aushält.“ Ader geht es um die gedankliche Vorarbeit. Nicht um Zeit. Monatelang könne er seine Wahrnehmungen aufnehmen und sammeln. Irgendwann würden sie ausbrechen. Ein Leidensdruck mit der Gefahr, in eine Phase des Verdrängens zu kommen, sagt er. Es gebe tausend Fluchtmöglichkeiten, das Bild nicht angehen zu müssen. „Dann muss man die Schwelle des Verdrängens überwinden. Denn letzten Endes geht es ja um die Lust am Malen – und um den Zweifel. An der Welt, an dem, was man wahrnimmt und sieht. An den Dingen, die man nicht begreifen kann, die es aber trotzdem gibt. Es ist ein Wagnis, das man eingeht. Ein Wagnis mit sich selbst und mit dem, was man macht.“

Ader möchte eine Welt zeigen, die schwer verstehbar ist. Eine Welt, die in ihren Auswüchsen sehr vielfältig ist – positiv wie negativ. Hinter seinen Werken sei, auch wenn er etwas scheinbar Bedrückendes weitergebe, ein positiver Ausblick möglich. „Er ist nicht immer da, aber er ist möglich.“ Auch der Betrachter gehe ein Wagnis ein – wenn er sich darauf einlasse. „Die Wahrnehmung von Realität konfrontiert das Ich mit der Außenwelt“, ist Ader überzeugt.

Die Hürde als Künstler in den Künstlerbund aufgenommen zu werden, war bisher sehr hoch, erklärt Ader. Ein neues Verfahren soll Künstler aus Speyer und dem Umland, die sich bisher nicht an diese Hürde gewagt haben, ermutigen, sich zu bewerben. Während das Auswahlverfahren bisher vorsah, zuvor im Künstlerhaus ausgestellt zu haben – was mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abstimmenden Mitglieder zuvor entschieden werden musste – fällt diese, als eine der zwei Hürden nun weg. Künstler können sich neuerdings um die Aufnahme bewerben, ohne im Künstlerhaus ausgestellt zu haben, indem sie ein PDF-Booklet von acht bis zehn ihrer Werke einreichen. Auch im neuen Auswahlverfahren müssen der Aufnahme des Künstlers zwei Drittel der abstimmenden Mitglieder zustimmen. Voraussetzung: Die Bewerber müssen gebürtige Speyerer sein, in Speyer oder im Umland leben und an einer Akademie studiert haben oder als Autodidakt professionelle Tätigkeiten vorweisen. „Es gehört auch Mut dazu“, sagt Ader, „man muss mit einkalkulieren, abgelehnt zu werden. Aber das geht allen Künstlern so.“ Ader wünscht sich für den Künstlerbund neue, junge Künstler, die sowohl künstlerisch aktiv sind, sich aber auch gerne ehrenamtlich im Verein einbringen, an Ausstellungen teilnehmen, mitgestalten, organisieren, sich austauschen. Wobei jung relativ sei. Es soll auch nach dem 40-jährigen Bestehen im Jahr 2024 weiter gehen. una 
  

Ausstellungen (Termine vorbehaltlich)

2021
• noch bis 10. Oktober: „Mensch und Raum“, Künstler des Künstlerbundes Speyer stellen aktuelle Werke im Herrenhof Mußbach vor
• 29. Oktober bis 14. November: „Fragments of Urban Gold“, Street-Art-Künstler René Burjack präsentiert seine neuesten Werke

2022
4. bis 20. März: Gemälde von Jens Hafner (Hirschhorn)
ab 1. April: „What you see is what you get“, Künstlerbund-Mitglieder Thomas Mann und Günter Zink
• Zur Kult(o)urnacht am 10. Juni veranstaltet der Künstlerbund zusammen mit dem Feuerbachhaus eine Doppelausstellung zum Thema „Feuerbach“. Die Ausstellung wird vom 10. Juni bis 26. Juni dauern
• Im Juli und August wird Stipendiat Franck H. Perrot aus Chartres zu Gast sein. Seine Werke wird er Ende August in einer Werkschau präsentieren
9. bis 25. September: Mitglieder des Künstlerbundes unter dem Titel „Kunst-Wechsel“ zu Gast in der Villa Böhm in Neustadt
16. September bis 2. Oktober: „Kunst-Wechsel“, Künstler des Kunstvereins Neustadt stellen im Künstlerhaus Speyer aus
28. Oktober: Ausstellung des Künstlerbund-Mitglieds und Malerin Margarete Stern una

Künstlerbund Speyer in Zahlen und Daten

• Gründung: 1984
• Mitglieder: 32
• Mitgliedsbeiträge: Aufnahmegebühr 30 Euro, Jahresbeitrag 50 Euro
• Mitgliedschaft: Für die Aufnahme sind acht bis zehn Werkfotos in DIN A4 oder als PDF-Booklet von Arbeiten aus den vergangenen fünf Jahren nötig. Zusätzlich zum Antrag sollen drei bis vier Originalarbeiten im Künstlerhaus abgegeben werden sowie eine Biografie zur Person und künstlerischen Ausbildung/Praxis. Eine Ausbildung an einer Kunstakademie oder ähnlichen Fach (hoch)schule ist nachzuweisen. Bei Autodidakten ist der Nachweis einer professionellen Ausstellungstätigkeit oder qualifizierten künstlerischen Praxis erforderlich. Künstler aus Speyer, gebürtige Speyerer oder aus dem Raum Speyer können Mitglied werden. Über Aufnahme oder Ablehnung entscheidet die Mitgliederversammlung des Vereins mit einer 2/3-Mehrheit.
• Besonderes: Ausstellungen im In- und Ausland, vier bis sechs Ausstellungen pro Jahr im Künstlerhaus, Förderung des künstlerischen Nachwuchses
• Vorstand: Reinhard Ader (Vorsitzender), Thomas Mann (2. Vorsitzender), Margarete Stern (Schriftführerin), Christoph Anschütz (Kassenwart), Stefan Becker sowie Nina Bußjäger und Martin Eckrich (Beisitzer)
• Kontakt:
Künstlerbund Speyer e. V.
Künstlerhaus Speyer
Große Sämergasse 1a
67346 Speyer
Ansprechpartner:
Reinhard Ader
Telefon: 06232 602988
E-Mail: mail@kuenstlerbund-speyer.de
künstlerbund-speyer.de