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Nanoroboter steuern durchs Auge

Erfolgreicher Test von Wissenschaftlern am echten Gewebe

Nanoroboter steuern durchs Auge

Wissenschaftler entwickeln speziell beschichtete Nanopropeller, die von außen durch dichtes Gewebe wie den Glaskörper eines Auges gesteuert werden können. Bisher war es lediglich möglich, Mikroroboter durch Modellflüssigkeiten zu bewegen – nicht aber durch echtes Gewebe. Die Forschungsarbeit wurde im Fachjournal Science Advances veröffentlicht. Das internationale Forscherteam ist damit dem Ziel einige Schritte nähergekommen, Nanoroboter als minimalinvasive Werkzeuge zu nutzen: eines Tages sollen sie Medikamente genau dorthin transportieren können, wo sie gebraucht werden – ohne einen größeren operativen Eingriff vornehmen zu müssen.

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Fortschritt im Blick: Neuste Nanoroboter sind so klein und glatt, dass sie sogar durchs Auge steuern können, ohne das Gewebe zu verletzen. FOTO: COCOPARISIENNE/PIXABAY

Wissenschaftler der Forschungsgruppe „Mikro-, Nano- und Molekulare Systeme“ am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart haben propellerförmige Nanoroboter entwickelt, die erstmals in der Lage sind, dichtes Gewebe, wie es im Auge vorkommt, zu durchbohren. Sie trugen eine Antihaftbeschichtung auf die 500 Nanometer breiten Propeller auf, die so klein sind, dass sie durch die enge molekulare Matrix der gelartigen Substanz im Glaskörper des Auges durchschlüpfen können (500 Nanometer bedeutet, dass die Nanofahrzeuge einen Durchmesser haben, der 200-mal kleiner ist als der eines menschlichen Haares).

Antihaftbeschichtung von Natur abgeschaut

Ihre schraubenartige Struktur, Größe und schlüpfrige Beschichtung ermöglichen es den Nanopropellern, sich relativ ungehindert durch ein Auge zu bewegen, ohne dabei das empfindliche Gewebe um sie herum zu beschädigen – das erste Mal, dass dies Forschern gelang.

Einen Nanoroboter durch dichtes Gewebe zu steuern, ist eine große Herausforderung. Zunächst wäre da die zähflüssige Konsistenz des Augapfelinneren, die enge molekulare Matrix, durch die die Nanopropeller hindurchschlüpfen können sollen. Sie wirkt wie eine Barriere und verhindert das Eindringen größerer Partikel und Strukturen. Außerdem sorgen die chemischen Eigenschaften der Molekülmatrix dafür, dass sämtliche Partikel stecken bleiben, da es wie ein klebriges Geflecht wirkt. Deswegen haben die Forscher eine ganz besondere, zweilagige Antihaftbeschichtung eingesetzt. „Bei der Beschichtung haben wir uns von der Natur inspirieren lassen“, erklärt der Erstautor der Studie, Zhiguang Wu. „Wir trugen eine flüssige Schicht auf die Nanopropeller auf, wie sie bei der fleischfressenden Kannenpflanze (Nepenthes) vorkommt. Auf ihren Blättern, die als Fallgruben dienen, sorgt eine rutschige omniphobe Beschichtung dafür, dass Insekten ausrutschen und hineinfallen. So schlüpfrig wie die Teflonbeschichtung einer Bratpfanne.“

Nun musste der Nanoroboter noch von außen gesteuert werden können. Der Antrieb funktioniert magnetisch. Bei der Herstellung der Nanopropeller bauen die Forscher Eisen ein, was es ihnen ermöglicht, die Gefährte von außen mit Hilfe von Magnetfeldern zum gewünschten Ziel zu steuern.

„Dermagnetische Antrieb der Nanoroboter, ihre ausreichend kleine Größe sowie die rutschige Beschichtung sind nicht nur im Auge, sondern können auch für die Penetration anderer Gewebe im menschlichen Körper nützlich sein“, sagt Tian Qiu, einer der Autoren der Publikation. Sowohl Qiu als auch Wu sind Mitglieder des internationalen Forscherteams, das an der Publikation gearbeitet hat. Auch Wissenschaftler der Universität Stuttgart, des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung in Heidelberg, des Harbin Institute of Technology in China, der Aarhus University in Dänemark sowie der Augenklinik des Universitätsklinikums Tübingen haben zu der Forschungsarbeit beigetragen.

Test am sezierten Schweineauge

Es war in der Augenklinik in Tübingen, wo die Forscher ihre Nanopropeller an einem sezierten Schweineauge testeten. Sie beobachteten die Fortbewegung der Propellermit Hilfe der optischen Kohärenztomographie, einer klinisch zugelassenen Bildgebungstechnik, die in der Diagnostik von Augenerkrankungen weit verbreitet ist. Und das ist erst der Anfang: Das Teamarbeitet bereits daran, die Nanofahrzeuge eines Tages als Transportmittel für Medikamente einzusetzen. msw

Zur Sache: Max-Planck-Institut

Das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme hat sich zum Ziel gesetzt, die Prinzipien von Wahrnehmen, Handeln und Lernen in autonomen Systemen zu verstehen. Aus diesem Verständnis herauswollen die Wissenschaftler künstliche intelligente Systeme entwickeln. An seinen zwei Standorten in Stuttgart und Tübingen verbindet das Institut Spitzenforschung in Theorie, Software und Hardware. Der Standort in Stuttgart beherbergt führende Expertise in den Bereichen Mikro- und Nano-Robotik, Haptik, Mensch-Maschine-Interaktion, bio-hybride Systeme sowie Medizinrobotik. Am Standort Tübingen wird mittels Forschung in den Bereichen Maschinelles Lernen, Maschinelles Sehen und Robotik untersucht, wie intelligente Systeme Informationen verarbeiten, um wahrnehmen, handeln und lernen zu können. msw

Info: www.is.mpg.de