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75 Jahre DIE RHEINPFALZ

Der Urknall

RHEINUNSERMANN FÜR DIE UMWELTPOLITIK: Als Wolfgang Blatz Anfang der 90er-Jahre zur RHEINPFALZ kam, war Ökologie noch ein Randthema. Nicht nur die Journalisten mussten sich damals ganz schnell ganz viel Fachwissen aneignen. Die deutsche Umweltministerin namens Angela Merkel lernte ebenfalls dazu.

Der Urknall

Inzwischen geben sich bei Klimakonferenzen hochrangige Politiker die Klinke in die Hand. Entsprechend hoch ist der Sicherheitsaufwand, wie hier 2007 auf Bali/Indonesien.

In den 80er-Jahren reiften die Medien der Zukunft heran. Großverleger Axel Springer forderte ein Verlegerfernsehen zur Unterstützung der Presse. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Bernhard Vogel schuf – mit Landesgesetz und Landesverordnung – die rechtlichen Voraussetzungen für einen „Versuch mit Breitbandkabel“. 30.000 Haushalte sollten verkabelt werden. Zunächst, Anfang 1984, waren es 5000. Diese Kunden wurden von der AKK, der Anstalt für Kabelkommunikation mit Sitz in Ludwigshafen, mit zusätzlichen TV- und Hörfunkprogrammen versorgt. Finanziert wurde das auf drei Jahre befristete Pilotprojekt durch – nicht gerade üppige – Werbeeinnahmen und mit einem laut „Spiegel“ 100-Millionen-Mark-Darlehen der rheinland-pfälzischen Landesbank.  Die RHEINPFALZ hatte Bernhard Vogels Wettbewerbsmodell fürs private Kabelfernsehen aufgegriffen, und Geschäftsführer Lothar Jettenberger baute die Erste Private Fernsehgesellschaft (EPF) beginnend mit den Jahren 1982/83 auf. 1982 saß ich ihm gegenüber und fragte, ob ich eine Chance hätte mitzuarbeiten, bei diesem Fernsehen, mit dem die RHEINPFALZ neue Wege gehen wollte. Ich hatte Glück. Zwar war mir, der ein halbes Jahr zuvor aus Rumänien ausgewandert war, die neue Heimat noch fremd, auch die Menschen und ihre Denkansätze waren es. Ich wusste so vieles nicht. Doch Fernsehen konnte ich einigermaßen. Davon hatte ich offensichtlich auch Jettenberger überzeugt, denn er gab mir einen Vertrag. 1983 war ich einer der ersten EPF-Redakteure.

Dann wurden Verwaltung, Technik und Redaktion aufgebaut. Wir hatten einen Programmdirektor und einen Stellvertreter, einen Technischen Leiter und einen Disponenten – wie beim „richtigen Fernsehen“, nur halt ein paar Nummern kleiner. Nach und nach begannen wir, Beiträge zu erstellen und uns mit Moderationsfragen zu befassen. Auf Sendung waren wir im Jahr 1983 jedoch noch nicht.

Der sogenannte Urknall stand noch bevor. Er fand im Pressezentrum in der Amtsstraße statt. Ungewöhnlich und unkonventionell sollte der Startschuss des privaten Kabelfernsehens sein. Wegen des Namens (Kabel-Fernsehen) war an jenem 1. Januar 1984 auch die fast 70-jährige Schauspielerin Heidi Kabel eingeladen. Damals fanden wir die Idee witzig . . .

Neuigkeiten erzählen wie Nachbarn am Gartenzaun

Wir waren halt anders. Anders als die etablierten Sender. Jettenberger hatte stets verlangt, dass wir Nachrichten nicht in ARD- oder ZDF-Manier präsentierten, sondern dass wir sie so erzählten, dass der Zuschauer sich angesprochen fühlte. Wir sollten die Neuigkeiten so erzählen wie Nachbarn am Gartenzaun. Das fing mit „Guten Abend, liebe Zuschauer“ an. Dieter Mauer, unser Programmchef, legte uns die Room-to-room-Atmosphäre ans Herz. Wir wollten wie gute Freunde in die Wohnzimmer der Zuschauer kommen. Das schien gar nicht so schwer. Denn wir hatten auch die Ereignisse und Geschichten aus der Nachbarschaft im Gepäck: die Marktfrau aus Schifferstadt, den Blumendoktor aus Ruchheim. Wir waren vor Ort, wenn es brannte, wenn Kerwe gefeiert wurde, wenn im Ebertpark in der Konzertmuschel die Musik aufspielte. 

Ich moderierte damals unter anderem die Kultursendung „Pfälzer Pinnwand“. Die Schwerpunktsendung lief abends, ich glaube immer donnerstags ab 21Uhr. Der tägliche „EPF-Treff“ war eine Magazinsendung, die ab 18 Uhr ausgestrahlt wurde.

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Auf Sendung: Rainer Peter (links) beim EPF-Treff mit Ralf Kissel (Moderator und Disponent) im Nachrichtenstudio in den 1980er-Jahren. FOTO: KUNZ

Regelmäßiger Bestandteil und bei Zuschauern sehr beliebt war das sogenannte Tresorspiel, das die Stadtsparkasse sponserte, also mit Scheinen füllte. Jeden Tag kam ein Schein dazu, und in der Sendung wurde ein Anrufer zum Moderator durchgestellt und durfte eine Zahlenkombination nennen. Hatte er die richtige erraten, ging der Metallschrank auf – und das Geld gehörte dem Anrufer. Nach der Sendung wurde die Zahlenkombination geändert. Dann kam wieder eine Banknote in den Tresor.

Ich hatte zwar genug TV-Erfahrung aus Rumänien mitgebracht, war auch dort Autor von größeren Reportagen aus dem Banat, hatte Hörfunk-Erfahrung, konnte Nachrichten schreiben und lesen. Das war jedoch ziemlich bescheiden im Vergleich zu dem, was Frank Elstner uns beibrachte. Der Medienprofi war etwa 40 Jahre alt, als er mit uns übte.

Elstner hatte in den 70ern das Programm von Radio Luxemburg mitgeprägt, war 1981 durch „Wetten, dass ..?“ mindestens europaweit bekannt geworden und kümmerte sich auf Jettenberges Geheiß ein paar Tage um uns, die wir zu dem Zeitpunkt nur Probesendungen produziert hatten. Elstner war bequem angezogen: in Strickjacke und manchmal auch ohne sein Glasauge. Der bekannte Moderator sprach erstaunlich offen über die angeborene Fehlbildung seines rechten Auges, das durch eine Prothese ersetzt worden war.

Die danach folgenden vier Jahre, drei geplante als Pilotprojekt und eines, das uns, das Team, auf den sehr wahrscheinlichen Abschied für immer einstimmen sollte, waren im Rückblick abwechslungsreich. Wir waren Pioniere. Hätten die Bedingungen gestimmt, hätten wir die technischen Voraussetzungen gehabt – wir wären die Ersten gewesen. Die waren wir auch. Aber nur kurz, nur vier Jahre lang. Ende 1988 ging in unseren beiden Studios das Licht aus. Und das, obwohl eine Zuschauerin aus Maxdorf zu einem Zeitpunkt, als klar war, dass wir aufhören würden, am Telefon angeboten hatte, sie wolle uns ihre gesamten Ersparnisse geben, nur damit wir weitermachen konnten. VON RAINER PETER