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75 Jahre DIE RHEINPFALZ

Fürstlicher Glanz im Pressehaus

Einen Tag in ihrer RHEINPFALZ-Zeit wird Ulla Hofmann wohl nie vergessen. Die Begum Aga Khan, „schönste Frau ihrer Zeit“, war in Ludwigshafen zu Besuch. Und irgendwie war Hofmann – wenn auch indirekt – verantwortlich dafür. Dass Verleger Josef Schaub gar nicht erfreut und die junge Redakteurin fast am Boden zerstört war, das ist eine ganz eigene Geschichte.

Fürstlicher Glanz im Pressehaus

Ulla Hofmann kann heute über die Turbulenzen lachen, die der Begum-Besuch 1958 auslöste. Vor mehr als 60 Jahren war ihr jedoch eher zum Weinen zumute.

Die Begum Aga Khan galt als eine der schönsten Frauen der 50er-Jahre, sie war „die Lady Diana ihrer Zeit“, erzählt die ehemalige RHEINPFALZ-Redakteurin Ulla Hofmann. Die Fürstin, eine gebürtige Französin mit bürgerlichem Namen Yvette Blanche Labrousse, entstammte kleinsten Verhältnissen. Der Vater war Straßenbahnfahrer, die Mutter Schneiderin. Vor ihrer Heirat mit dem geistlichen Führer der islamischen Gruppierung der Ismailiten, Aga Khan, war Yvette Fotomodell. Und diese Berühmtheit lud 1958 der Mannheimer Otto Ludwig Haas-Heye, einst Professor an der Kunsthochschule Berlin, nach Mannheim ein, „damit diese Stadt wieder etwas mehr Glanz erhält“. Weil Haas-Heye wiederum gute Kontakte zu RHEINPFALZ-Redakteurin Ursula (Ulla) Hofmann pflegte, kam der damalige Star der bunten Blätter sogar ins Pressehaus nach Ludwigshafen, was dort für ziemlichen Wirbel sorgte.                           

Aber der Reihe nach: In diesen Herbsttagen des Jahres 1958 verwandelte sich Mannheim wieder in eine „eine kurfürstliche Residenz, die Begum, die mit ,Your Highness’ anzureden war, residierte im Europäischen Hof in Heidelberg, ging juwelengeschmückt in Begleitung des OB ins Nationaltheater, die damals noch kommunale Mannheimer Polizei stellte eine Streife und überbrachte Briefchen mit Einladungen der Begum zum Cocktail“, erinnert sich die frühere RHEINPFALZ-Redakteurin Hofmann.

„Es kam der Tag, an dem die Begum mit dem Vorstandsvorsitzenden Professor Carl Wurster im Turmzimmer des BASF-Hochhauses zu Mittag aß. Für die Berichterstattung in der RHEINPFALZ war ein zweispaltiges Bild mit Text vorgesehen.Mehr erfahren wir ja doch nicht, hieß es. Ich war zum Mittagessen zu Hause in Mannheim, als Herr Bast von der Pressestelle der BASF bei mir anrief und sagte, er habe mir von Herrn Professor Haas-Heye auszurichten, die Begum habe soeben den Wunsch geäußert, nach dem Mittagessen die RHEINPFALZ zu besichtigen. Sie habe noch nie einen Zeitungsbetrieb gesehen.“

„Was schenkt man der Frau?“, fragen sich die Chefs

Was von Haas-Heye als Gefallen gedacht war, verursachte bei Ulla Hofmann in diesem Moment fast einen Panikanfall. Was sollte sie nun machen? Sie war ja nur eine noch ganz junge Redakteurin in der Lokalredaktion. „Nach tiefem Atemholen rief ich meinen Chefredakteur Walter Hück an. Aufschrei im ganzen Haus: ,Um Gottes Willen! Wir wollen nicht!’ – ,Wir sind nicht vorbereitet!’ – ,Wir haben ja nicht einmal etwas anzubieten!’ – ,Was schenkt man der Frau?’ – ,Welche Sprache spricht die überhaupt?’ – ,Und jetzt ruft auch noch dpa an, woher wissen die das schon wieder?’“, erinnert sich Ulla Hofmann an die Diskussionen im Verlagshaus in der Amtsstraße.

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Ein Gläschen in Ehren: Verleger Josef Schaub und die Fürstin. FOTO: HEINRICH

„Ich hatte mich ins kleine schwarze Kostüm geworfen, kam zurück in die RHEINPFALZ und wurde vom Chefredakteur zum Verleger Josef Schaub geschickt, der eiskalt war vor Zorn. Nach tausendfachen Beteuerungen, dass ich unschuldig sei an diesem Besuch, kamen unser Verleger und ich überein, dass Pfälzer Wein nie falsch ist, und dass man der Begumam besten den wunderschönen Pfälzer ,Sommertagszug’ der Kunsthandwerkerin Liesel Staab schenken sollte, der hinter Herrn Schaub auf dem Bücherschrank stand. Doch der ,Sommertagszug’ musste ja irgendwie eingepackt werden, und im ganzen Haus fand sich kein Karton.“ Daraufhin rannte die Jung-Redakteurin zu einem Hemdengeschäft und kaufte irgendein Herrenhemd, um den Karton zu erhalten.

„In der Zwischenzeit war die Amtsstraße abgesperrt und schwarz von Menschen. Der Besuch der Begum hatte sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen, unsere Lehrmädchen zückten Fotos und wollten Autogramme. Wir hatten gerade den ,Sommertagszug’ in den Hemdenkarton eingepackt, als der Rolls-Royce schon um die Ecke bog. Neben unserem immer noch empörten Verleger und dem zornentbrannten Chefredakteur stand ich. Die beiden waren überzeugt, dass ich der RHEINPFALZ diesen unerquicklichen Besuch eingebrockt hätte. Sozusagen zur Strafe hatte ich die Begum dann durchs Haus zu führen und auch noch den Bericht zu schreiben, einen für Seite eins und einen fürs Lokale.

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Die moderne Druckerei faszinierte die Begum Aga Khan. FOTO: HEINRICH

Die Begum besichtigte die RHEINPFALZ, gottlob war es Mittwoch, und mittwochs wurde die Wochenendbeilage ,Pälzer Feierowend’ vorgedruckt, sodass wenigstens die Rotation lief. Die Begum, eine an Publizität gewohnte Frau, stand im violetten Zweiteiler und mit einer Schildkröte aus Perlen und Brillanten am Revers strahlend neben unserer Rotation, hielt den ,Feierowend’ in der Hand und sagte ,Oh, that’s music for me’. Dann unterhielt sie sich mit Herrn Schaub, trank ein Gläschen Wein, packte den ,Sommertagszug’ aus, erteilte Autogramme, lobte dieses und jenes, sah wunderschön aus und ging schließlich mitsamt Gefolge wieder durch die Menschenmenge zum Rolls-Royce.

Mein Chefredakteur sagte nur noch, wir hätten jetzt zwei Stunden verloren, wahrscheinlich würde sich der Andruck verzögern, ich verzog mich und schrieb meine Artikel und machte mich ansonsten unsichtbar. Ich war zur (…) unerwünschten Person geworden. Es war der schwärzeste Tag meiner RHEINPFALZ-Jahre.“

Einige Zeit später wendete sich das Blatt. Verleger Josef Schaub kam quasi „geläutert“ von einer Tagung des Bundesverbands deutscher Zeitungsverleger in Bad Godesberg bei Bonn zurück. „Dort soll dem Vernehmen nach der Präsident Herr Neven DuMont vom ,Kölner Stadtanzeiger’ Herrn Schaub gefragt haben: ,Sagen Sie mal, wie haben Sie denn das zuwege gebracht, dass die Begum ausgerechnet die RHEINPFALZ in Ludwigshafen besichtigt hat?’ Herr Schaub fuhr nach Ludwigshafen zurück, ließ seinen Chefredakteur rufen, der Chefredakteur ließ mich rufen, und Herr Hück sprach bedeutungsvoll: ,Ulla, der Verleger sieht die Dinge jetzt anders.’ Ich war rehabilitiert“, schreibt Ulla Hofmann in ihren Erinnerungen. VON ANNETTE WEBER